Es ist, als hätte Wolfgang Matz seinen Eisenwarenladen an der Ecke Paradeplatz/Königstraße grade zur Mittagspause verlassen. Das Firmenschild über der Theke ist beleuchtet, in der Ecke hängt sein blaugrauer Kittel.
Preisbuch mit Lederdeckeln
Auf der Theke liegt das penibel mit Bleistift und Radiergummi geführte Preisbuch mit Lederdeckeln. Neben der wuchtigen Registrierkasse steht das schwarze Schild mit den Öffnungszeiten.
Schrauben, Haken, Nägel
Im mächtigen Wandtresen sind in offenen Fächern Taschenlampen, Flaschen mit Holzleim, Scheuerschwämme aufgereiht, liegt ein Lötkolben. In hunderten Schubladen klappern Türbeschläge, Schrauben, Haken, Nägel.
Schüler staunen
„Schulklassen stehen hier und können nicht begreifen, dass es so etwas einmal gegeben hat“, sagt Martin Westphal, der Leiter des Historischen Museums. „Die kennen nur Baumärkte.“ In Erinnerungen schwelgen ältere Rendsburger, die bei Matz gekauft haben: „Ach guck mal, der alte Laden von Paul Matz.“
Wolfgang Matz verkaufte in seinem von Vater Paul übernommenem Laden jeden Nagel, jede Schraube einzeln. Wer eine Handvoll wollte, dem wog er das Material ab und kassierte grammweise.
Ende vor 25 Jahren
Am 30. September 1993 schloss Paul Matz für immer ab, und die Männer vom Rendsburger Bauhof rückten an. Theke und in zwei Teile zersägten Tresen brachten sie ins wenige Schritte entfernte Historische Museum.
Im Raum für Kanalgeschichte
Da steht der Laden nun im Raum für Kanalgeschichte. Ferdinand Piening gründete den Laden 1889 zur Zeit des Kanalbaus. Westphal: „Er witterte das Geschäft.“ Piening verkaufte, was die Arbeiter der Kanalbaustelle brauchten: Schaufeln, Spitzhacken, Stemmeisen. Wolfgang Matz war der vierte Inhaber.
Auf den Sperrmüll?
Martin Westphal entdeckte den Laden, als er 1990 aus Bremen nach Rendsburg kam. „Die Stadt war für mich völlig neu.“ Der Museumsleiter erkundete Rendsburg zu Fuß, entdeckte „am zweiten oder dritten Tag“ den Eisenwarenladen. „Ich stand sprachlos davor und habe gestaunt.“ Es war die Zeit der Baumärkte.
Ob er einen Nachfolger habe, wollte Westphal kurz vor Matz’ Geschäftsaufgabe wissen. „Ich schließe ab und stelle den Laden an die Straße“, sagte der. Westphal: „Das war ihm ernst.“ Auf den Sperrmüll? Westphal: „Das konnten wir abwehren, indem wir den Laden übernahmen. Darüber hat sich Wolfgang Matz gefreut.“
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