Jeder Ton, egal ob Melodie oder Figuration, spricht bei Sokolov und öffnete sich in seiner Bedeutung fürs Ganze. Man erlebt ein Weltklasse Musizieren voll innerer Lebhaftigkeit – bei teilweise enorm zurückgehaltener äußerer Bewegung.
Höhepunkte des Programms sind zwei c-Moll-Werke: Mozart Fantasie und Beethovens letzte Sonate. Überraschungen bringt aber auch der nur scheinbar lustig-harmlose Finalsatz von Mozarts sogenannter „Sonata facile“. Den beginnt Sokolov fast erschreckend gemäßigt. Doch dies ist kein „Presto“, kein „Allegro“, sondern ein Allegretto. Und das enthüllt seine subtilen und direkten Akzente, seine Melodien und verborgenen Nebenstimmen auf viel wundersamere Weise, als wenn der Satz flott vorüberschnurren würde. So sitzt man wieder einmal drei Sokolov-Stunden lang gebannt auf der Stuhlkante.
Resultat: unermüdlicher laut- und bravostarker Beifall. Da spendiert Sokolov denn auch seine Höchstzahl an Zugaben (sechs) mit Schubert, dreimal Chopin, Rameau und Schumann, ehe der Abend nach 23 Uhr endet.