Als ich neulich Mittag unser Kind aus der Krippe abholen wollte, fand ich dort einen fröhlichen Einjährigen vor, nicht aber unseren Kinderwagen. Ich war verwirrt: Hatte ich die Karre am Morgen nicht wie jeden Tag vor der Tür abgestellt? Hatte es geregnet, hatte sie jemand umgeparkt? Ich schaute im Kindergarten, fragte die Erzieher, suchte auf dem Spielplatz – nichts.
Oh Schreck, Herr Nilsson ist weg
Ich lief nach Hause, blickte durch die Zimmer, kontrollierte den Kofferraum – nichts. Der Kinderwagen war weg. Und mit ihm eine wertvolle Rassel, ein flauschiger Fußsack und, das war das Schlimmste, Herr Nilsson, der viel geknuddelte kleine Affe unseres Sohnes.
Die Entrüstung war entsprechend groß: Diebstahl plus Entführung, und das nicht etwa im turbulenten Berlin-Mitte, wo ich einige Zeit gelebt habe, sondern in jenem beschaulichen 350-Seelen-Ort südlich von Hannover, den wir heute unser Zuhause nennen. Ob Eltern, Erzieher oder Einwohner – das Verbrechen hatte uns alle eiskalt erwischt, die Dorfidylle war getrübt, und auch unser Sohn wirkte einigermaßen verdattert, als ich ihn samt seiner zehneinhalb Kilo schnaufend heimwärts trug.
Gebt den Kinderwagen zurück
Der Fall war eine Sensation, besonders für all jene, die unseren Kinderwagen als das kannten, was er war: keine auf Hochglanz polierte, tausend Euro teure Designerkarre, sondern ein mit Schlamm bespritztes und Keksresten bestücktes, in die Jahre gekommenes Modell einer soliden schwedischen Firma, mit dem bereits drei Jungs durch die niedersächsische Tiefebene geschaukelt waren. Augenreiben infolgedessen auch bei der Polizei, der ich den Verlust meldete.
Das Verfahren wurde inzwischen eingestellt. Mein Appell an die Diebe aber bleibt: Gebt den Kinderwagen zurück. Oder lasst wenigstens Herrn Nilsson frei!
Von Sophie Hilgenstock/RND