Kiel. Schon der Beitrag zum Tschaikowsky-Schwerpunkt, die „Fantasie-Ouvertüre“ Romeo und Julia, betört mit klanglicher Dichte und erzählerischer Kraft. In dem 39-jährigen Slowaken Juraj Valcuha, Chefdirigent des Orchestra Sinfonica Nazionale della RAI in Rom, darf man getrost einen besonders interessanten Senkrechtstarter in der internationalen Musikszene sehen.
Wie einst der Komponist selber am Pult erreicht er auch in der Tondichtung Don Juan von Richard Strauss ohne übertriebenen Bewegungsaufwand einen hinreißend jugendlichen Vorwärtssturm und Drang, zieht mit dem bestens disponierten NDR Sinfonieorchester Hamburg im gut besuchten Kieler Schloss alle Register der Klangregie und verleiht dem erotischen Burnout des berühmten Womanizers die nötige Fallhöhe. Auch das ähnlich lustvoll selbstzerstörerische Delirium der Wiener Walzerseligkeit, das Maurice Ravel am Vorabend des Ersten Weltkriegs in La Valse heraufbeschwört, wird vom Orchester ziemlich perfekt hingezirkelt. Kein Wunder also, dass Valcuha auch viel Beifall von seinen Musikerkollegen erntet.
Mittendrin kann sich die Stargeigerin Arabella Steinbacher darauf verlassen, dass die Rundfunkmusiker den in seiner Leichtigkeit besonders hakeligen Orchesterpart in Sergej Prokofjews Zweitem Violinkonzert g-Moll op. 63 weitgehend sicher umsetzen. Mit unablässig laserklar strahlendem Stradivari-Ton gleitet die 33-Jährige ihrerseits durch die Musik, in der der Komponist sehnsüchtig in seine russische Heimat zurück- und hörbar auf sein wenig später entstandenes Ballett Romeo und Julia hinzielt. Der wunderbar feenhaft schwebende Mittelsatz sowie das energiegeladene Rhythmusfeuerwerk im Finale und in der Zugabe (aus der Solo-Sonate) weisen Steinbacher als geradezu ideale Prokofjew-Interpretin aus.