14 Schilder für den verrücktesten Radweg von Kiel am Theodor-Heuss-Ring

Alle Unklarheiten beseitigt. Dafür steht auf dem Radweg jetzt ein umstrittener Schilderwald. Wer zuletzt am Theodor-Heuss-Ring vom Barkauer Kreuz Richtung Waldwiesenkreisel radelnd rätselte, ob das auf dem Abschnitt mit den sechs Luftreinigungsanlagen überhaupt erlaubt ist, kann nunmehr rechtssicher auf einem Slalomkurs fahren. Nicht weniger als 14 Verkehrsschilder regeln auf der 190 Meter langen Strecke zwischen Dithmarscher Straße und Krusenrotter Weg seit einer Woche den Radverkehr Richtung Westen. Acht Schilder weisen in den Zwischenräumen zwischen den Absauganlagen getrennte Geh- und Radwege aus. Sechs weitere Schilder kennzeichnen gemeinsame Geh- und Radwege jeweils unmittelbar neben den Containern. Absauganlagen dienen der Luftreinhaltung in Kiel: Der Reihe nach. Die sechs Luftfilteranlagen sind Teil des Luftreinhalteplans für Kiel, mit dem das Landesumweltministerium und die Stadt Kiel dem überhöhten Stickstoffdioxid-Ausstoß auf diesem Abschnitt der Stadtautobahn begegnen. Mit Erfolg: Seit die Absauganlagen dort im vergangenen September aufgestellt wurden, wird der gesetzliche Grenzwert von 40 Mikrogramm Stickoxid pro Kubikmeter Luft im Durchschnitt dort sicher eingehalten. Lesen Sie auch: Das misst das neue Schadstoff-Messgerät am Theodor-Heuss-Ring Der Klage der Deutschen Umwelthilfe (DUH) auf ein Diesel-Fahrverbot ist damit absehbar der Wind aus den Segeln genommen. Die Klage liegt derzeit in der zweiten Instanz beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig. Standort auf dem Radweg regt Fahrradfahrende auf: Was Radfahrende und insbesondere ihre Verbandslobby von Anfang an auf die Palme gebracht hat, sind die Standorte der Container auf dem gerade renovierten Radweg. Sie müssen über den Gehweg umfahren werden. Die Stadt verzichtete zunächst auf eine gesonderte Ausschilderung, weil „allen Verkehrsteilnehmenden ersichtlich ist, dass die Fläche daneben dann mitbenutzt werden darf“, teilt die Straßenverkehrsbehörde im Bürger- und Ordnungsamt auf Anfrage mit. Darum stehen am Theodor-Heuss-Ring jetzt 14 Schilder auf 190 Metern: Und weiter: „Es stellte sich jedoch heraus, dass in Teilen der Bevölkerung Unsicherheit über diese Regelung bestand. Vielfach wurde die Auffassung vertreten, dass Radfahrende den Bereich nur schiebend passieren dürfen, da das Befahren eines Gehweges nur zulässig sei, wenn dies entsprechend beschildert wäre.“ Die Behörde habe sich daraufhin entschieden, die Engstellen „zur Klarstellung zu beschildern“. Der Einfachheit halber den ganzen Streckenabschnitt als gemeinsamen Geh- und Radweg auszuweisen, sei nicht möglich, so die Behörde. Grund: So eine Beschilderung hätte in den Zwischenräumen zwischen den Containern im Widerspruch zur baulichen Trennung von Geh- und Radweg gestanden. Tatsächlich unterscheidet der Radweg auf blauen Betonplatten sich erkennbar vom grauen Gehweg. Verkehrsclub Deutschland findet den Schilderwald absurd: Den Verkehrsclub Deutschland (VCD) besänftigt das nicht. Für den Öko-Verband „ist damit ein neues Level an Absurdität im Umgang mit dem Theodor-Heuss-Ring erreicht“, sagt der Sprecher der VCD-Ortsgruppe Kiel, Frederik Meißner. Die Stadt versuche „mit allen Mitteln, dem fragwürdigen Zustand mit den Absauganlagen den Anschein von Legitimität zu geben“, so Meißner. Er sieht in den Schildern mit Warnbaken „nur weitere Hindernisse“ für Menschen, die auf dem Fahrrad oder zu Fuß unterwegs sind. Verdacht: Stadt versucht der Deutschen Umwelthilfe zuvorzukommen: Meißner äußert zudem den Verdacht, die Stadt begegne mit dem Schilderwald einem neuen Aspekt des Rechtsstreits mit der Umwelthilfe. Die DUH hatte zuletzt auch den Standort der Luftfilteranlagen auf dem Radweg in ihre Klage aufgenommen. Meißner: „Die Stadt versucht offensichtlich, der Umwelthilfe zuvorzukommen.“ Die Behörde weist den Verdacht zurück: „Die Änderung der Beschilderung beruht allein auf den geschilderten Umständen.“ VCD erwägt Widerspruch gegen die Beschilderung: So oder so kündigt Meißner an, der VCD werde prüfen, ob er Widerspruch gegen die Beschilderung einlegen wird. Die Behörde sieht das gelassen. Sie teilt mit, die Bearbeitung von Widersprüchen gegen Verwaltungsakte sei „ein alltägliches Geschäft der öffentlichen Verwaltung“.