Eine Stadt in der Stadt

Ohne ihre Arbeit im Hintergrund könnten die über 2000 Professoren und anderen Wissenschaftler ihren Lehr- und Forschungsauftrag kaum erfüllen. Der 41-jährige Jan Lotzkat koordiniert die zentrale Hausmeisterei an der Universität. Die sechs Mitarbeiter und ein Tischler müssen nicht nur Standardaufgaben wie die tägliche Müllrunde und die Verwaltung des Magazins abarbeiten, sondern auch viele zusätzliche Aufträge: Mal muss irgendwo ein Bild aufgehängt oder ein Stuhl geliefert werden, mal ein Schrank passgenau gebaut oder der komplette Bürostand eines Professors in ein anderes Institut transportiert werden. „Wenn er nicht selbst packt, beauftragen wir dafür aber auch ein Unternehmen, weil die Mitarbeiter sonst zu lange gebunden sind“, sagt Lotzkat. Die Arbeitsverdichtung macht sich auch in der Universität bemerkbar, sagt Lotzkat. Er ist deshalb froh, dass er seit Kurzem Verstärkung durch einen Veranstaltungstechniker bekommen hat. Denn eine weitere Hauptaufgabe ist die technische Ausstattung von allen Veranstaltungen in insgesamt 20 Hörsälen – von der Erstsemesterbegrüßung über Vorlesungen bis zur Night of the Profs. Als staatlich geprüfter Techniker und technischer Betriebswirt ist Lotzkat dann in seinem Element. Technisch machbar zu machen, was die Dozenten benötigen – das ist für den Mann aus Schellhorn Ehrensache. Dass andere den tatsächlichen Aufwand oft unterschätzen, nimmt er amüsiert hin. „Wenn ein Prof sagt: Ich brauch’ dann noch mal schnell ein Mikro in dem Hörsaal, ist ihm met nicht klar, dass das mindestens drei, vier Stunden Arbeit bedeutet.“ Auch außerhalb der Uni begegnet er mitunter Missverständnissen. Wenn er sich als Mitarbeiter der Uni outet, hört er immer wieder: „Du hast es gut – immer so lange Semesterferien.“ Dabei sei gerade in den Semesterferien der Arbeitsanfall besonders hoch, sagt der zweifache Familienvater, der sich gern den Stress von der Seele läuft. „Da finden hier ständig Großveranstaltungen statt, vom UKSH, von Landesämtern, Fachhochschulen, auch von vielen Großunternehmen.“ Und auch dann soll technisch alles wie am Schnürchen laufen: Licht, Ton, Videotechnik … Als Techniker vertritt Lotzkat aber nur eine von vielen Professionen auf dem Campus. Fotografen, Laboranten, Programmierer, Feinmechaniker, Gärtner, Drucker, Elektriker, Fremdsprachensekretäre, Industriemeister, Landwirte, Präparatoren, Restauratoren, Maler, Schiffsführer, Schlosser, Tierpfleger, Traktorfahrer – ihre Arbeit macht aus der Uni eine Stadt in der Stadt. Und auch die Weitläufigkeit erinnert an eine Mini-stadt: Das Unigelände ist so groß wie 120 Fußballfelder. Von Jan Lotzkat zu Barbara Wolf sind es zum Beispiel 1,8 Kilometer. Sie arbeitet in der Zentralbibliothek. Mehr als nur eine Affinität zu Büchern hatte die heute 48-Jährige schon als Kind in Flintbek offenbart. Und weil wegen eines angeborenen Hüftfehlers nur eine sitzende Tätigkeit infrage kam, stand ihr Berufswunsch Diplom-Bibliothekarin schon früh fest. Es folgten: Studium in Hamburg und Köln, eine Anstellung in Wuppertal. Aber sie wollte gerne zurück in den Norden, ans Wasser. Die Fachbibliothek am Institut für Geowissenschaften machte das möglich. Das ist 25 Jahre her. „In Wuppertal hatten wir bereits PC, hier gab es nur eine Schreibmaschine. Das änderte sich aber zwei, drei Jahre später“, erinnert sich Barbara Wolf. Heute ist sie nicht nur für die geowissenschaftliche Fachbibliothek zuständig, sondern für alle 43 Fachbibliotheken, in denen es kein ausgebildetes Fachpersonal gibt. „Diese Bibliotheken sind unerlässlich, weil der Bestand genau zugeschnitten ist auf das Profil des Instituts“, sagt Wolf. Insgesamt steht fast jedes zweite der insgesamt 4,65 Millionen gedruckten oder digitalen Medien in einer der Fachbibliotheken. Der Arbeitsalltag von Barbara Wolf hat sich massiv gewandelt. Heute ist so gut wie alles online katalogisiert, Zettelkataloge gibt es kaum noch. „Heute müssen wir auch nicht mehr 20, 30 Exemplare eines Buches kaufen, sondern nur ein E-Book, auf das jeder zugreifen kann.“ Aber die neuen Medien setzen die Studierenden auch einer Informationsflut aus, in der man schnell einmal untergeht. „Da sind wir als Steuerer gefragt, müssen diese Datenmengen aufbereiten, aber auch den Studierenden vermitteln: Wie suche ich richtig?“ Solche Informationsveranstaltungen und Führungen durch die Bibliotheken sind daher fester Bestandteil der Arbeit. Ansonsten arbeitet sie vor allem am Bildschirm. Wie Barbara Wolf die notwendige Entspannung findet, lässt sich auch an ihrem Büro ablesen: Dort hängen faszinierende Fotografien von Wildtieren, vorzugsweise aus Afrika.

350 Jahre CAU Kiel - Eine Stadt in der Stadt