In der vergangenen Woche hatte sich Mieter Hans Augustin (68) aus Gaarden in dieser Zeitung über Vonovia beschwert – über stark steigende Nebenkosten, über Schimmelpilz und Wassereinbrüche in einem Mietshaus in der Raaschstraße. Vonovia hatte sich Zeit erbeten, um die Nebenkosten zu prüfen. Jetzt hieß es seitens des Konzerns: „Wir konnten keine Auffälligkeiten feststellen.“ Mieter Hans Augustin und sein Anwalt Lars Otte hatten von Kostensteigerungen beim Warmwasser von über 50 Prozent berichtet, bei gleichzeitig um zehn Prozent gesunkenem Verbrauch. Laut Augustin erhöhten sich die Wasserkosten von 2015 auf 2017 insgesamt sogar um 135 Prozent. „Da stimmt etwas nicht“, sagte Augustin. „Es ist alles korrekt gelaufen“, weist Unternehmenssprecherin Panagiota-Johanna Alexiou die Kritik zurück.
Mängel nur oberflächlich beseitigt?
Neben den steigenden Kosten belastet Augustin der zunehmende Verfall des Mietshauses. Er und seine Nachbarn beklagen massiven Schimmelbefall in ihren Wohnungen. Monatelang habe Vonovia auf Beschwerden nicht reagiert. „Erst nachdem der Bericht in den Kieler Nachrichten erschienen war, sind Vonovia-Mitarbeiter gekommen, um den Schimmel zu entfernen. Allerdings nur oberflächlich“, berichtet Augustin. „Die Ursache, nämlich die Löcher im maroden Dach, wurde nicht behoben. Es ist also nur eine Frage der Zeit, bis der Schimmel wiederkommt.“
Die nächsten Mieterhöhungen werden schon angekündigt
Die Mietbelastung für Hans Augustin und viele andere Vonovia-Kunden dürfte weiter steigen. Denn Vonovia kündigte an, zahlreiche Immobilien zu sanieren und zu modernisieren. Die Kosten werden auf die Mieter umgelegt, sodass sich die Mieten um bis zu zwei Euro pro Quadratmeter erhöhen. Auch der Gebäudekomplex in der Raaschstraße soll modernisiert werden. „Im Zuge dessen erneuern wir auch die Dächer. Hierbei bauen wir auch 19 neue Wohnungen“, informierte Vonovia-Sprecherin Alexiou. Schon vor Monaten hatte Vonovia große Pläne angekündigt: Allein in Gaarden will das Unternehmen in den nächsten Jahren 600 der 3000 Wohnungen aufwendig sanieren. Die Mieten werden dann laut Vonovia-Regionalleiter Nils Bartels steigen. Auf dem Westufer gibt es ebenfalls Modernisierungspläne. Einige Vonovia-Mieter hatten angekündigt, sich gegen die damit verbundenen Mietpreiserhöhungen zu wehren.
Mietvertrag und Energielieferung inklusive
Daneben müssen sich Vonovia-Mieter offenbar auf weitere Strategien einstellen, mit denen der Konzern versucht, an ihnen zu verdienen: „Neuerdings werden Energielieferungsverträge mit dem Mietvertrag gekoppelt“, berichtet Carsten Wendt vom Kieler Mieterverein. Normalerweise schließen Mieter mit einem Stromanbieter ihrer Wahl einen separaten Vertrag ab. Wer einen Mietvertrag mit Vonovia unterschreibt, verpflichtet sich automatisch, seinen Strom bei einer Vonovia-Tochtergesellschaft zu kaufen. Möchte man das nicht, muss man den Passus ausdrücklich aus dem Mietvertrag streichen. „Wir raten davon ab, die Stromlieferverträge mit Vonovia abzuschließen, weil die Laufzeit 12 Monate beträgt und weil die Konditionen nicht bekannt sind“, sagt Ann Sophie Mainitz vom Mieterverein.
Neue Küche oder neues Bad gegen höhere Miete
Noch verlockender als die automatische Stromlieferung und noch kostspieliger ist ein Angebot, das Vonovia seinen Mietern in einem Prospekt mit vielversprechenden Bildern offeriert. „Appetit auf eine neue Küche?“, wird da gefragt. Oder: „Auf zu neuen Badfreuden!“ Dahinter verbergen sich Angebote für eine neue Küche, ein neues Bad oder eine neue Sicherheitstechnik. Der Mieter kann sich aussuchen, was er haben möchte, und Vonovia modernisiert. In Kiel scheint dieses Geschäftsmodell neu zu sein. Auf Nachfrage schreibt Vonovia-Sprecher Matthias Wulff allerdings: „Unser Küchenangebot auf Mieterwunsch gibt es schon einige Jahre und wurde von unseren Mietern sehr gut angenommen. Die Miete erhöht sich dabei dauerhaft.“ Zum Beispiel um 49 bis 82 Euro für ein neues Bad oder um 30 bis 45 Euro für eine neue Küche. Das Problem aus Sicht des Mietervereins: Wenn das alte Bad oder die alte Küche Mängel aufweist und instandgesetzt werden müsste, muss das eigentlich der Vermieter bezahlen. Das aber werde in diesen Angebotspreisen nicht berücksichtigt.
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