Ausstellung im Anscharpark: Fotografien von Menschen aus Afghanistan

Bis 7. Januar ist die großformatige Open-Air-Ausstellung „Menschen Afghanistan“ an der Außenfassade von Haus 3 im Anscharpark zu sehen. Lis Kortmann stammt aus Kaltenkirchen, hat in Schottland Fotografie, in Hamburg Kultur- und Medienmanagement studiert. 2019 lernte die 43-Jährige Jasna O’Sullivan kennen, die in der Erstaufnahme in Neumünster arbeitete. Kortmann fotografierte dort die Flüchtlinge für eine Ausstellung. Seit Anfang 2020 ist Jasna O’Sullivan nun Leiterin der Gemeinschaftsunterkunft in der Wik und im Planungskomitee des Projekts „Kulturwochen – der andere Blick“, das die Heinrich-Böll-Stiftung SH mit vielen Partnern organisiert. Da dachte sie an Lis Kortmann für die Ausstellung „Menschen Afghanistan“. Es war schwer Menschen für das Projekt zu finden: „Es hat Monate gedauert, Afghanen für das Projekt zu finden“, sagt Kortmann. Sie suchte in Kiel, über private Kontakte, Flüchtlingshelfer und Übersetzer. „Niemand war bereit mitzumachen – aus dem einzigen Grund, nicht an die traumatischen Erlebnisse erinnert werden zu wollen“, sagt sie. Erfolg hatte sie dann in Sprachkursen der Volkshochschule Kaltenkirchen. Der Afghane Nasir, der Anfang 2020 nach Deutschland kam und fließend englisch spricht, fungierte als Übersetzer für die Amtssprache Dari und stellte die Fotografien in den Klassen vor. „Denn Deutsch ist für viele noch ein Problem“, sagt sie. Von da an habe sich alles verselbstständigt, 14 Männer und Frauen zwischen 9 und 65 Jahren waren bereit mitzumachen. Kortmann richtete in der VHS ein kleines Studio ein, um die Menschen vor gleichem Hintergrund abzulichten, mit Blitz und dem Focus auf ihr Gesichter. Lkw-Plane diente als Leinwand: Die Fotos wurden auf 1,30 mal 1,90 Meter große Lkw-Plane gebracht und zeigen Menschen aus Afghanistan, die in den vergangenen drei Jahren in Schleswig-Holstein ein neues Zuhause gefunden haben. Sie präsentieren die riesige Vielfalt des Landes, das seit 1978 im Kriegszustand ist, mit seinen 35 Millionen Einwohnern, die zu 80 Prozent auf dem Land und zu 20 Prozent in Städten leben. 80 Prozent sind Sunniten, 20 Prozent Schiiten. „Es gibt mehr als 19 Ethnien, 49 Sprachen, 200 Dialekte“, sagt Jasna O´Sullivan. „Und bei allen spürt man die absolute Zerrissenheit, die Liebe zu ihrem Land und sie sind alle unglaublich bescheiden“, sagt die Fotografin. Zwischen den großen Fotografien hängen Zitate: Alle Porträtierten haben fünf Fragen zu Gerüchen, Speisen, Lieblingsorten und Gefühle zu ihrer Heimat beantwortet. Denn „neben der Sensibilisierung für die Wahrnehmung, das Verständnis und die Wertschätzung bestehender Unterschiede zwischen der afghanischen und der deutschen Kultur thematisiert die Ausstellung in ihrer Gesamtheit, was uns Menschen im Kern verbindet“, sagt Kortmann. Die Zitate hängen zwischen den großen Fotografien an der Häuserwand im Anscharpark oder sind online nachzulesen. Nasir erzählt auch von seinem Ankommen in Deutschland: „Einerseits ist es schwer für mich in Deutschland, weit weg von meiner Familie zu leben. Ich hatte schon harte Zeiten wegen meines Asylfahrens und weil ich krank war.“ Besonders belaste ihn, dass er nie wisse, wie es weitergehe. „Ich kann hier keine Entscheidungen in meinem Leben treffen, genauso wenig kann ich aus Sicherheitsgründen zurück in meine Heimat. Andererseits bin ich glücklich, dass ich hier die Möglichkeiten habe, mich fortzubilden und zu arbeiten. Aber das wichtigste ist für mich, dass Deutschland ein sicheres Land ist.“ Infos zum Projekt unter www. kulturwochen-kiel.de. Die Ausstellung läuft bis zum 7. Januar im Anscharpark. Vom 11. bis zum 20. Februar ist geplant, sie dienstags bis sonnabends von 12 bis 18 Uhr im Pop-Up-Pavillion am Alten Markt zu zeigen.