Autofrei-Pläne in Kiel: So geht es mit der Kiellinie-Nord weiter

Magdalena Drewes ist aufgebracht: Die 46-Jährige wohnt mitten in der Feldstraße und fühlt sich dennoch von der Stadtverwaltung nicht mitgenommen. Die regt an, die nördliche Kiellinie für Autos zu sperren – und kassierte dafür bei einer Veranstaltung im Schwedenkai bereits Gegenwind. Doch dies und eine aus Drewes' Sicht unzureichende Umfrage seien noch zu wenig. "Die Stadt sollte die Bürger mehr hören", sagt sie. Sie fordert, die Entscheidungsfindung zu hinterfragen. Kiel bestehe immerhin aus 250.000 Menschen. Mit vier weiteren hat Drewes nun eine Initiative gegründet: "Kiellinie für alle". Die tritt ein für einen Kompromiss, alle Verkehrsmittel an der neuen Kiellinie und ein Konzept für die Nachbarstraßen. Drewes fühlt sich nach einer Testphase im vergangenen September von der Stadt nicht ernst genommen: "Das Papier gibt das Chaos nicht wieder. Und das soll uns einfach bis 2035 zugemutet werden." Lesen Sie auch: Stadt plant autofreie Kiellinie Das Jahresdatum gibt die Stadt als Marke der Verkehrswende an: Die Fachleute rechnen damit, dass der Verkehr trotz Kielliniensperrung in der Feldstraße spätestens dann wieder auf dem jetzigen Niveau ist. Für Drewes keine Perspektive: "Schüler müssten ihre ganze Schulzeit mit einem erhöhten Verkehrsaufkommen und damit einem erhöhten Risiko leben." Die Initiative versteht sich als politisch ungebunden, verzeichnete bis gestern rund 300 Online-Unterstützer unter kiellinie.net und ruft am Sonnabend um 11 Uhr zur Demo an der Kiellinie in Höhe Landeshaus auf. Drewes hat 50 Personen gemeldet. Noch mehr dürften zur Sondersitzung der Ortsbeiräte im Gebiet strömen: Die Gremien für Ravensberg/Brunswik/Düsternbrook und die Wik sitzen am kommenden Mittwoch, 28. Oktober, ab 19 Uhr in der Hebbelschulaula zusammen. Dort soll es vor allem um den Verkehr gehen. "Das wird das Großthema sein", sagt der Düsternbrooker Vorsitzende Benjamin Walczak (SPD), "die Emotionen kochen beim Thema Verkehr hoch". Die Versammlung solle die Diskussion versachlichen. Es gebe mehrere Optionen zur Beruhigung der Straßen: Dazu gehörten Ampelschaltungen, eine Tempo-30-Zone vor der Hebbelschule oder ein Blitzer, um das notfalls noch weiter zu verschärfen. "So etwas würde die Verkehrssicherheit erhöhen", sagt Walczak. Er selbst verweist auch darauf, dass die Zeitschiene in der Debatte zu wenig beachtet worden sei: So sei durchaus denkbar, einige Maßnahmen zur Verkehrssteuerung schnell einzuführen und Effekte abzuwarten, bevor die Kiellinie verändert werde. Er sagt aber auch, dass es Aufgabe des Gremiums sei, Widersprüche zwischen den Interessen der Stadt und den Anwohnern abzubilden. Wegen Corona werde es in der Hebbelschule nur eine begrenzte Teilnehmerzahl geben können. ADFC kündigt Unterstützung und Demo an: Eine ganz andere Position als die Initiative vertritt der ADFC Kiel: "Wir begrüßen das Vorhaben der Stadt, die nördliche Kiellinie autofrei zu gestalten", sagt Sofia Grothkopp. "Die Stadt hat sich keiner Diskussion verschlossen und diverse Möglichkeiten des Meinungsaustausches angeboten. Wir sind sicher, dass die neugestaltete autofreie Kiellinie positiv angenommen wird." Auch der Radlerclub will am Sonnabend mit einer Aktion für Aufsehen sorgen. An der Brunswiker Straße zwischen Dreiecksplatz und Blocksberg Richtung Schlossgarten richten die Radler von 10 bis 15 Uhr als Demo eine Pop-up-Bike-Lane ein, also eine gesondert abgesperrte Radspur, um den Radfahrbedarf deutlich zu machen. Die Aktion läuft zwar erst später richtig an, parkende Autos müssen aber bis 8 Uhr entfernt sein – ansonsten werden sie abgeschleppt, so die Stadt Kiel. Weitere Nachrichten aus Kiel lesen Sie hier.