Jetzt spricht der Mann vom Hausdach

Das Nachbargebäude im Kleingartengelände an der Gartenkoppel in Kiel-Hasseldieksdamm stand in Flammen. Die eintreffenden Rettungskräfte mussten Bert Janßen vom Dach holen. Er wollte mit allen Mitteln das Übergreifen der Flammen von einem Nachbarhaus auf sein Haus verhindern. „Das ist mein Zuhause“, hallte es verzweifelt durch die Gartenanlage. Am Tag danach kann Janßen schon wieder lachen. „Mein Haus hat nicht viel abbekommen. Nur an der Rückseite ist ein bisschen was – und der Stromanschluss ist abgeschaltet“, berichtet er. Von der Nachbarhütte blieb nur eine ausgebrannte Ruine. Wie es dem Nachbarn gehe, der eine Rauchvergiftung erlitt, wisse er aber nicht. „Noch nichts gehört.“ Feuer und Explosionen in Kiel: Bert Janßen wollte kämpfen: Am Donnerstag gegen 16.40 Uhr war das Feuer ausgebrochen. „Ich hatte gerade gegessen und mich hingelegt, da roch es auf einmal verbrannt“, erinnert sich Janßen. Als er aus dem Fenster sah, brannte das Nachbarhaus bereits. „Ich bin dann gleich raus. Man muss ja etwas tun.“ Kein Zögern. Er schnappte sich seinen Gartenschlauch, schloss ihn an und kletterte mit der Leiter aufs Dach. „Ich habe ja auch den Brandschutzlehrgang an der Seefahrtsschule durchlaufen. Danach weiß man genau, was in Notfällen zu tun ist“, sagt der 58-Jährige abgeklärt. Doch sein Mut und der kleine Gartenschlauch waren machtlos gegen die raumgreifende Feuerwand. Der Kampf ums Nachbarhaus war ohnehin verloren, das war Janßen klar, das eigene musste gerettet werden. Es gab kleinere Explosionen. Gasflaschen? Keiner wusste genau, was in dem brennenden Gebäude lagerte. Janßen wollte kämpfen. Doch die Feuerwehr musste ihn schützen, holte ihn vom Dach. Mit „leichtem Zwang“, wie es hieß. Die Profis übernahmen den Job. „Die haben das Feuer dann ganz schnell gelöscht. Ich hatte nur Angst um mein Heim“, sagt Janßen. Schlimme Unfälle und Havarien kennt Bert Janßen von Bord großer Schiffe: Selbst eine Lösung zu finden und anzugehen, ist für Janßen normal. Als Seemann müsse man sich eben oft selbst helfen. „Ich habe schließlich auch alle Stationen vom Matrosen bis zum Steuermann durchlaufen“, berichtet er. „Ich habe noch in Finkenwerder gelernt.“ Später fuhr er lange bei der Oldenburg-Portugiesischen Dampfschiffsgesellschaft (OPDR) nach Nordafrika. Aber auch in der Schwergutfahrt und auf Containerschiffen war er unterwegs. „Da gab es immer mal schlimme Unfälle und Havarien“, erinnert er sich. 1989 musterte er ab, Schluss mit Dienst an Bord. „Damals gab es immer mehr Seeleute aus Asien, die waren billiger. Da hat die Seefahrt keinen Spaß mehr gemacht.“ Das Gartenhaus in der kleinen Anlage in Hasseldieksdamm hat Janßen seit 1980. „Hier habe ich schon als Seemann gern gewohnt.“ Mit der Stadt habe er einen Nutzungsvertrag, damit er dort auch Strom, Wasser und eine Postanschrift bekommen konnte. So wurde dem Kleingärtner nach dem Feuer in Kiel geholfen: Bei dem Feuer bekam er nur etwas Rauch ab und wurde vom Rettungsdienst untersucht. Sie wollten ihn auch ins Krankenhaus bringen. Doch Seemänner suchen selbst eine Lösung. „Freunde aus der Nachbarschaft haben mich aufgenommen und versorgt. Wir kennen uns hier alle.“ Die Nachbarn halten zusammen. Auch am Tag danach. Weil Janßen keinen Strom mehr hat, wird ihm ein Gaskocher geliehen. Was zu dem Feuer geführt hat, ist unklar. Die Brandermittler werten noch Spuren aus. „Es hat hier in der Vergangenheit schon mal gebrannt, zuletzt im vergangenen Jahr ein Stück weiter“, sagt er und deutet zum Skandinaviendamm. Und wenn er beim nächsten Mal auch in der Nähe sein sollte, wird er wohl wieder nicht zögern – und sich den Gartenschlauch schnappen. Weitere Nachrichten aus Kiel lesen Sie hier.

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