Brustkrebs: 24 Frauen aus Schleswig-Holstein machen mit einem Buch Mut

Dieses Buch handelt von ungewöhnlichen Glücksmomenten, von sprudelnder Lebensfreude und dem Mut, auch in schweren Zeiten nie aufzugeben. Seit einer Woche ist es im Buchhandel und schon ausverkauft. Vielleicht kein Wunder. Thematisiert es doch die häufigste Krebserkrankung, die eine Frau in ihrem Leben ereilen kann. 24 betroffene junge Frauen aus Schleswig-Holstein berichten in dem Buch von ihrem Brustkrebs, geben Tipps und Zuversicht. Mit drei von ihnen trafen wir uns jetzt zum Gespräch. Brustkrebs-Ratgeber nach einer Woche ausverkauft: Die drei strahlen an diesem Tag mit der Sonne um die Wette. Esther Irmer (47), Andrea Hruby (56) und Sandra Dunka (45) sind mächtig stolz auf ihr Gemeinschaftswerk. „Anfangs wollten wir eigentlich nur 500 Exemplare des Buches drucken lassen“, erzählt Esther Irmer. „Zum Glück hat der Verlag gleich größer gedacht und 5000 produziert – auch wenn wir dachten, dass es vermutlich Jahre dauern wird, bis alle Exemplare verkauft sein werden.“ Doch da haben sich die 24 Autorinnen, die alle im Kieler Verein Brustkrebssprotten engagiert sind, getäuscht. Kaum im Buchhandel, waren alle 5000 Bücher nach einer Woche ausverkauft. „Die zweite Auflage wird gerade gedruckt“, sagt Esther Irmer. Kieler Krebsbuch findet bundesweit Beachtung: Ein Buch über Brustkrebs – kein leichtes Unterfangen. Das haben sich auch die Betroffenen gedacht und sich trotzdem mit viel Spaß ans Werk gemacht. „Das Buch ist einmalig“, erzählen die drei. Bundesweit sorge es bereits für große Aufmerksamkeit. Denn bisher gab es so ein Gemeinschaftswerk aus thematisch gegliederten Erfahrungsberichten (auch von Angehörigen) und Praxistipps noch nicht. Alle Frauen hätten zwar die gleiche Diagnose erhalten, aber ganz unterschiedliche Wege gefunden, mit der Erkrankung umzugehen. So, wie der Krebs ganz vielfältige Ausprägungen habe, gebe es eben nicht nur den einen Gesundungsweg, sagen die drei. Lesen Sie auch Brustkrebs: Forscher belegen Nutzen des Quamadi-Programms Wie eine Kielerin der Diagnose Krebs den Schrecken nimmt Das Buch beginnt mit dem „freien Fall“ – dem Schockmoment der Diagnose. An den erinnert sich Andrea Hruby noch zu gut. Auch wenn er schon fast sechs Jahre zurückliegt. „Ich hatte gehofft, dass das, was ich in der Brust ertastet hatte, nur eine Verkalkung ist“, erzählt die Fitnesstrainerin. „Ich habe mich nie als Krebspatientin gesehen – sportlich, schlank, fünf Kinder gestillt – woher sollte da der Krebs kommen?“ Doch als sie zur Sicherheit das Uniklinikum Schleswig-Holstein (UKSH) in Kiel aufsucht, verlässt sie die Klinik als Brustkrebspatientin. „Ich sah mein Leben beendet, meine Kinder ohne Mutter aufwachsen und meinen Mann mit einer neuen Frau.“ Ein Schlüsselerlebnis mit einem Delfin in der Kieler Förde: Doch Gott sei Dank kommt es nicht soweit. Noch am Tag der Diagnose erzählt ihre Nachbarin vom Delfin, der zu der Zeit gerade die Kieler Förde als sein neues Zuhause auserkoren hatte, und überredete sie zum Badeerlebnis der besonderen Art. „Der Delfin stupste mich im Wasser immer wieder an“, schildert Andrea Hruby. „Als wenn er meine Trauer gespürt hätte.“ Nach diesem Erlebnis ist für die Holtenauerin klar: „Das Leben ist schön, und ich bezwinge den Krebs!“ Bisher hat es geklappt. Der Krebs ist besiegt. Genauso wie bei Sandra Dunka und Esther Irmer. Im nördlichsten Bundesland leben laut Schleswig-Holsteinischer Krebsgesellschaft derzeit mehr als 22.000 Frauen, die an Brustkrebs erkrankt sind. Jährlich kommen rund 2.800 Neuerkrankungen dazu. „Der größte Teil ist zum Glück behandelbar“, sagt Esther Irmer. Vor drei Jahren hatte die Bankkauffrau aus Kalübbe ihre Diagnose erhalten. Zum Muddy Angel Run geht es mit anderen Patientinnen nach Hamburg: Sandra Dunka war 40, als sie zur Brustkrebs-Patientin wurde. Im Buch erzählt die Bürokauffrau aus Preetz amüsant von ihrer Perücke „Elke“, davon, wie sie bei der Bestrahlung auf Schwedisch rückwärts zählte, um sich abzulenken, und vom fröhlichen und ziemlich dreckigen Matsch-Engel-Lauf (Muddy Angel Run) in Hamburg, bei dem für Brustkrebspatientinnen Spenden gesammelt werden. „Ich war nach dem Lauf nass, dreckig und am Ende meiner Kräfte“, erzählt sie. „Aber vor allem: glücklich und stolz.“ Der Kieler Verein Brustkrebssprotten wurde 2016 von Angeline Hamborg, Bettina Schwanck und Nina Hübner (†) gegründet. Die drei Frauen hatten sich als Betroffene in der Kieler Uniklinik kennengelernt. Der Verein betreut derzeit rund 100 Frauen. Die Selbsthilfegruppe ist für junge und junggebliebene Brustkrebserkrankte in Schleswig-Holstein. Die meisten Frauen kommen aus Kiel und dem Umland – aber auch aus Husum, Heiligenhafen und Flensburg sind Frauen dabei. Neben einem regelmäßigen Stammtisch gibt es unter anderem Sportangebote, Vorträge, Motivationsseminare und Benefizaktionen. Über Spendengelder werden Sporttrainer, eine Onkolotsin am UKSH, Informationsmaterial und vieles mehr finanziert. Wer den Verein unterstützen möchte: www.brustkrebssprotten.de. Per E-Mail (selbsthilfe@brustkrebssprotten.de) können Betroffene Kontakt zum Verein aufnehmen und ein erstes telefonisches Beratungsgespräch vereinbaren. Glück und Stolz – diese beiden Gefühle spielen eine große Rolle in dem Buch. Die dort erzählten Einzelgeschichten machen Mut, liefern anderen Betroffenen hilfreiche Gedanken und stärken ihnen mit Glück das Selbstvertrauen für die kommende nicht immer leichte Zeit. „Unsere Herzenssache ist es, Schockstarre in Mut zu verwandeln“, sagt Esther Irmer. „Wir wollen unseren Erfahrungsschatz, unsere Power und die positive Kraft weitergeben.“ Manuela Schwesig: Hinter den Wolken dennoch die Sonne sehen: Zwei Jahre haben die 24 Brustkrebssprotten an dem Buch gearbeitet. Das Vorwort verfasste Prof. Nicolai Maass, Direktor der Klinik für Gynäkologie am UKSH in Kiel. Für das Geleitwort konnte der Verein Manuela Schwesig, SPD-Ministerpräsidentin des Landes Mecklenburg-Vorpommern, gewinnen. Im Herbst 2019 hatte sie selbst ihre eigene Brustkrebserkrankung öffentlich gemacht. Sie wünscht den Lesern die „Fähigkeit, hinter den Wolken dennoch die Sonne zu sehen“. Auch wenn die Sonne heute eh scheint – die Sonne hinter den Wolken haben Sandra Dunka, Andrea Hruby und Esther Irmer immer gesehen. „Schon am Tag nach der Operation habe ich die Vergangenheitsform benutzt: Ich hatte Krebs“, sagt Vereinsvorsitzende Esther Irmer. Als Mutmacherinnen lotsen sie nun andere Betroffene durch die Therapie, geben Kraft und Zuversicht. Harriet Heise, Schirmherrin der Schleswig-Holsteinischen Krebsgesellschaft, ist sich sicher, dass das klappt: „Diese Buch ist eine Liebeserklärung an das Leben.“ Esther Irmer (Hg.), „Mutmacherinnen – Power-Impulse für ein Leben mit Brustkrebs“, KLHE-Verlag, 22 Euro, ISBN 978-3-98538-008-4. Der Erlös fließt komplett an den Verein Kieler Brustkrebssprotten e.V..