CAU und FH Kiel: So läuft es bei den neuen Präsidenten Simone Fulda und Björn Christensen

Frau Prof. Fulda, Herr Prof. Christensen, Sie sind seit dem 1. Oktober Präsidentin der Uni Kiel beziehungsweise seit dem 1. Juli Präsident der Fachhochschule. Was hat Sie in Ihren ersten Monaten am meisten überrascht – positiv wie negativ? Simone Fulda: Schon während der ersten Gespräche mit den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern ist mir aufgefallen, wie groß ihr Engagement an der CAU ist. Die gleiche Einstellung habe ich auch bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Verwaltung und den zentralen Einheiten wahrgenommen. Hier ist mir eine große Offenheit und Veränderungsbereitschaft begegnet, worüber ich mich sehr freue. Womit ich nicht gerechnet hatte, ist die im Vergleich zu anderen Bundesländern geringere Hochschulautonomie. Diese ist beispielsweise im neuen Hochschulgesetz in Nordrhein-Westfalen noch gesetzlich gestärkt worden. Und auch Bayern plant noch mehr Flexibilität für seine Hochschulen. Zusätzlich sind in Schleswig-Holstein die Instrumente für die Rekrutierung von Spitzenpersonal sehr eingeschränkt, es gibt nur in Ausnahmefällen die Möglichkeit einer außerordentlichen Berufung. Damit sind wir im internationalen Wettbewerb um die besten Köpfe nicht konkurrenzfähig. Ich begrüße deshalb sehr, dass das Bildungsministerium diesen Wettbewerbsnachteil erkannt hat und ihn im neuen Hochschulgesetz adressieren möchte. Björn Christensen: Positiv: Die gute Zusammenarbeit zwischen Präsidium, Fachbereichen, der Verwaltung, Technik und den Studierenden. Sie ist offen und konstruktiv – und nur so konnten wir es schaffen, so gut wie möglich durch die Corona-Krise zu steuern. Negativ: Da fällt mir ehrlich gesagt nichts ein. Woran mussten Sie sich erst einmal gewöhnen? Fulda: Die Eingewöhnung in meine neue Aufgabe und an meine neue Heimat Kiel ging schnell. Es sind eher strukturelle Fragen, die mir so vorher noch nicht begegnet sind. So gibt es an der CAU beispielsweise kein Globalbudget, oder Stellenhülsen werden beim Ministerium beantragt. Christensen: In weiten Teilen fremdbestimmt zu sein. Bis heute fällt es mir schwer, wenig Zeit zu haben, um wichtige Fragestellungen selber in Ruhe zu durchdenken. Welche konkreten Ziele hatten Sie in den ersten Monaten und konnten Sie diese bereits erreichen? Christensen: Mir war es wichtig, vor allem die Transparenz in der Hochschule zu erhöhen und die Zusammenarbeit zu stärken. Außerdem freue ich mich, dass ich nach intensiven Verhandlungen den Zukunftsvertrag mit dem Land unterschreiben konnte. Ein wichtiger Meilenstein. Wir haben Planungssicherheit bis 2027 und können zwei neue Bachelorstudiengänge einrichten – im Bereich der Architektur und einen Online-Studiengang Soziale Arbeit. Eine zentrale Aufgabe unserer Hochschule im Land ist die Ausbildung von Fachkräften. Dieser Rolle können wir zukünftig in diesen beiden Bereichen gerecht werden. Außerdem war es mir wichtig, an unserer Hochschule, die intensiv zum Forschungstransfer beiträgt, stärker als bisher Gründungsaktivitäten von Studierenden und Mitarbeitenden zu unterstützen. So freue ich mich sehr, dass wir im Oktober das Gründungszentrum auf dem Seefischmarkt eröffnet haben. Lesen Sie auch: Doppelinterview mit Prof. Fulda und Prof. Matthes: "Wir brauchen mehr Frauen in Führung" Fulda: Die Neuaufstellung des Präsidiums war für den Anfang sehr wichtig. Mit der Vizepräsidentin Professorin Nele Matz-Lück und den Vizepräsidenten Professor Markus Hundt und Professor Eckhard Quandt sowie mit der Kanzlerin Claudia Ricarda Meyer arbeite ich sehr eng zusammen, wir sind ein tolles Team. Was das angeht, war der Start sehr erfolgreich. Aber auch das Kennenlernen der Universität mit ihren Menschen und die Antrittsbesuche mit dem neuen Präsidium in den Fakultäten waren wichtige Punkte. Eine Weichenstellung war die Verabschiedung des Struktur- und Entwicklungsplans (STEP) durch den Senat und den Hochschulrat. Dieser bildet eine Grundlage für die kommenden strategischen Prozesse wie die Vorbereitungen für die Exzellenzstrategie. Im November kam der nächste Lockdown: Wie hat das Ihre Arbeit beeinflusst? Fulda: Meine Arbeit hat die Corona-Pandemie sehr stark beeinflusst. Ich hatte mir vorgenommen, zusammen mit den anderen Präsidiumsmitgliedern möglichst viele Akteurinnen und Akteure zu besuchen, Fakultäten, zentrale Einheiten, Forschungsinstitute, Kooperationspartner und andere Partner der Wirtschaft, der Politik. Diese Gespräche finden natürlich trotzdem per Videokonferenz statt, aber ein persönliches Kennenlernen vor Ort schafft nach meinem Empfinden eine andere Gesprächsatmosphäre und kann durch virtuelle Konferenzen nur bedingt ersetzt werden. Lesen Sie auch: Das Antrittsinterview von Simone Fulda Das Antrittsinterview von Björn Christensen Christensen: Wir konnten viele Erstsemester noch auf dem Campus begrüßen und haben so lange wie möglich Präsenzveranstaltungen angeboten. Aber natürlich hatten wir damit gerechnet, dass sich die Situation erneut verschärfen würde. Gut vorbereitet konnten wir unsere Lehre anpassen und unser Angebot aufrechterhalten. Trotzdem: Für die Studierenden ist die momentane Situation besonders hart. Viele kämpfen mit wirtschaftlichen Härten, andere betreuen Kinder oder Angehörige und müssen dies mit ihrem Studium vereinbaren. Und dann bedeutet ein Studienanfang oft ja auch den Auszug aus dem Elternhaus, eigentlich mehr Freiheit und viele neue Kontakte. Und genau das ist jetzt nicht möglich. Ein Blick nach vorne: Welche Aufgaben wollen Sie in den kommenden Wochen und Monaten konkret angehen? Christensen: Aktuell planen wir die Prüfungsphase im Februar/März des nächsten Jahres. Unser oberstes Ziel ist es, den Studierenden möglichst ohne zu große Einschränkungen den Abschluss des Semesters zu ermöglichen. Ansonsten werden wir verstärkt in die Planung der neuen Bachelorstudiengänge Architektur und Soziale Arbeit Online einsteigen. Außerdem erwarten wir Anfang 2021 eine Entscheidung der Landesregierung darüber, ob es künftig in Schleswig-Holstein neue Studienangebote im Bereich der Pflege geben soll. Die Corona-Pandemie hat uns ja vor Augen geführt, dass hochspezialisierte Fachkräfte zum Beispiel in der Intensivpflege fehlen. Wir bieten an, die entsprechenden Strukturen zu schaffen und unser Studienangebot im Gesundheitsbereich auszubauen. Fulda: Wir werden umgehend in die Umsetzung des kürzlich verabschiedeten STEP gehen. Parallel laufen die Vorbereitungen für die nächste Phase der Exzellenzstrategie an. Konkret bedeutet das, dass wir unser Forschungsprofil und unsere Exzellenzcluster zusammen mit den Fakultäten und Forschungsschwerpunkten sowie in Abstimmung mit unseren strategischen Partnern weiterentwickeln. Neben der Forschung liegt das Augenmerk auf der Fortentwicklung von Lehre, Transfer, der wissenschaftlichen Qualifizierung auf allen Karrierestufen, Internationalisierung, wissenschaftlichen Infrastrukturen, Personalentwicklung, Chancengleichheit und Diversität. Ein Großprojekt ist die digitale Transformation unserer Universität. Sie betrifft alle Bereiche, das heißt Forschung, Lehre und Verwaltung. Es gibt schon viele Teilaspekte der Digitalisierung in der Uni, diese müssen jetzt zu einer umfassenden Digitalisierungsstrategie zusammengeführt werden. Was wünschen Sie sich für Ihre Hochschule im Jahr 2021? Fulda: Ich wünsche mir, dass Begegnungen und Austausch mit den verschiedenen Menschen, die unsere Universität ausmachen, auf dem Campus wieder möglich werden, den Mitarbeitenden, den Studierenden, den Kolleginnen, Kollegen und Angehörigen der CAU. Dann möchte ich endlich einmal all die vielen tollen Menschen persönlich kennenlernen, von denen ich viele bisher nur im virtuellen Format kenne. Christensen: Wie alle wünsche ich mir, dass wir die Corona-Pandemie schnell hinter uns lassen können. Mir ist besonders wichtig, dass wir uns dann wieder verstärkt anderen globalen Herausforderungen zuwenden, insbesondere der Klimakrise. Zu ihrer Bewältigung wollen wir in Studium und Forschung weiterhin unseren Beitrag leisten. Die Fragen stellten Steffen Müller und Niklas Wieczorek