Corona-Pandemie: So lebt eine Kieler Familie im Lockdown

Auch vor Kieler Familien macht der Lockdown nicht Halt. Die Raimunds sind viel unterwegs, machen viel Sport. Jetzt stehen viele Online-Konferenzen für Trainings und Konfirmation an, Planänderungen sind an der Tagesordnung. Es ist aber auch Zeit für Dinge, die sonst zu kurz kommen. Susanne Raimund erzählt aus dem Alltag der vierköpfigen Familie. Montag: Alle Masken sind gewaschen und liegen für die neue Woche bereit. Inzwischen ist das Routine. Die Unterziehshirts für meine Kinder sind noch ungewohnt – ohne wäre es durch das Lüften für Jeppe und Janne in der Schule einfach zu kalt. Im Moment finden sie mit Abstand in der Mensa zu essen blöd. Also war heute Oma die Mensa und brachte Hühnchencurry. Danach Sport – wie fast jeden Tag. Janne bekommt sonntags den Trainingsplan vom Hockey, Jeppe den von Holstein Kiel. Ohne Endgerät geht also auch da im Lockdown nichts. Im strömenden Regen haben die beiden Tempoläufe und Ausdauerlauf gemacht. Mein Mann geht weiterhin ins Büro – das Mittagessen für sich und einen Kollegen musste er heute aber beim Restaurant abholen. Ich war eigentlich auch mit einer Freundin zum Essen verabredet. Stattdessen geht es an den Schreibtisch: Mathearbeiten korrigieren statt quatschen und schlemmen. Dienstag: Nach Frau Merkels Runde gestern habe ich schweren Herzens meine Geburtstagsfeier abgesagt. Mit acht Frauen wollte ich draußen am Feuerkorb Chili con Carne essen – vom Brunch mit vielen Gästen hatte ich mich vorher schon verabschiedet. Dass Merkel erwägt, die Klassen zu teilen, bereitet mir als Mutter und Schulleiterin aber mehr Sorge, die Herausforderungen wären enorm. Auch heute hat der Lockdown meine Pläne durchkreuzt. Ich hatte einen Kosmetiktermin. Abgesagt. Also habe ich mir in der Drogerie mein eigenes Wohlfühlprogramm zusammengestellt. Beim Abendessen haben wir über Weihnachten geredet. Jeppe ist Konfirmand, sein Kumpel kam Sonntag wegen zu vieler Besucher nicht mehr in die Kirche. Wie wird das erst an Heilig Abend? Am Abend änderte sich unser Programm schon wieder. Ein Spieleabend war geplant, aber es spielte Deutschland. Bei meiner sportbegeisterten Familie gewann – logisch – der Fußball. Egal, Hauptsache wir verbringen den Abend gemeinsam. Mittwoch: Heute Morgen kam Jeppe die Treppe runter und sagte: „Corona nervt.“ Beim Frühstück haben dann alle diskutiert: Was genau nervt? Schnell sind wir auf die Gruppen gekommen, die in der Pandemie besonders verlieren: Künstler, Budenbetreiber vom Weihnachtsmarkt, Musiker, und und und. Es ist wichtig, mit den Kindern offen darüber zu reden. In der Schule bekamen wir heute CO2-Melder. Die sollen anzeigen, wenn gelüftet werden muss. Und Masken hat das Ministerium geliefert. Lesen Sie auch: Corona-Manager Stöcken: So war es für mich in Quarantäne Die Kinder wollten mit Freunden im Park Fussball spielen. Bevor sie los sind, ist ihnen aufgefallen: Wir sind drei Haushalte. Also wieder: abgesagt. Jeppe geht stattdessen in den Gottesdienst. Sein Stempelheft ist zwar voll, aber er geht gern mit einem Freund in die Kirche. Würde das Fußballtraining stattfinden, wäre das wohl nicht so gekommen. Am Abend haben wir zusammen gekocht: Spaghetti Bolognese und Salat. Das ist bei uns sonst selten. Immer ist jemand im Meeting oder Training, auf Dienstreise oder in einer Konferenz. Der Lockdown macht es im Moment öfter möglich. Alle sollten helfen, aber Jeppe hat sich geschickt aus der Affäre gezogen mit dem Gottesdienst. Ein bisschen Normalität herrscht also doch noch. Donnerstag: Heute ist mein Geburtstag. Die Kollegen standen vor der Schule Spalier und summten ein Geburtstagslied. Singen dürfen sie ja nicht. Das hat mich riesig gefreut! Befremdlich ist es trotzdem, dass wir uns nicht umarmen durften. Ich habe in meiner Familie zuletzt Geburtstag, aber ohne körperliche Nähe ist das noch immer ungewohnt. Lesen sie auch: Keine Lockdown-Routine bei Gastronomen Zum Kaffee kamen nur meine Mutter und die Schwiegereltern – alle mit dem gebotenen Abstand am Tisch. Auch da kam wieder eine Corona-Frage: Wer sind die vielen Neuinfizierten? Zu unserem großen Glück sind in unserem Umfeld alle noch gesund. Später kam meine beste Freundin noch zum Anstoßen vorbei, mein Mann holte italienisches Essen. Ins Restaurant können wir ja nicht. Also haben wir uns den Wein gegenseitig eingeschenkt. Besonders toll war die Überraschung einer Freundin. Ich musste sie ausladen, deshalb fuhr sie mit dem Fahrrad vorbei und sang mir dabei ein Ständchen. Freitag: Was nicht nur in dieser Woche jeden Tag mitschwingt, ist der Gedanke: Bitte keine Quarantäne. Als Schulleiterin und als Mutter von Schulkindern wäre das wirklich nicht einfach zu managen. Dadurch sind wir die ganze Zeit auf Habachtstellung, auf Dauer strengt das doch ziemlich an. Aber es gibt auch positive Dinge. Jeppe und Janne rücken näher zusammen, die kleinen Kämpfe und Gemeinheiten werden weniger. Und hoffentlich kommen wir heute Abend, wenn alle mit ihrem Sportprogramm fertig sind, endlich zu unserem Spieleabend.