Corona in Kiel: Drei Tote binnen eines Tages, mehr Neuinfektionen denn je

Es ist noch keine vier Wochen her, da hatte das Robert-Koch-Institut auf seiner digitalen Corona-Landkarte die Stadt Kiel hellgelb eingefärbt. Was so viel heißt wie: alles halb so wild. Wenn Schleswig-Holstein damals im Bundesvergleich ein Vorbild für niedrige Infektionszahlen war, dann gehörte seine Landeshauptstadt zu den herausragenden Beispielen. Diese Zeiten sind vorbei – und spätestens seit Dienstagabend hat sich die Lage trotz Teil-Lockdowns auch in Kiel weiter verschärft. Die erschütternde Bilanz: Drei Tote mit einer Covid-19-Erkrankung binnen 24 Stunden, 48 Neuinfektionen, so viele wie noch nie zuvor an einem Tag, und ein Inzidenzwert, der täglich neue Höchstwerte erreicht – zuletzt 90,8. Nur der Kreis Pinneberg verzeichnete landesweit mehr Neuinfektionen in den vergangenen sieben Tagen, knapp 98 auf 100 000 Einwohner. Zwei Verstorbene wohnten im Altenzentrum St. Nicolai: Über die Gründe, wie es zu dieser vor Wochen eingeleiteten Trendwende in Kiel kommen konnte, lässt sich nur mutmaßen. Eine Erklärung hat auch die Stadt nicht, das Virus sei eben nicht berechenbar, heißt es. Das Gesundheitsamt verzeichnet nach Angaben der Stadt ein zunehmendes Infektionsgeschehen in der gesamten Bevölkerung – mal gebe es einen Corona-Fall an einer Schule, mal in der Kita, mal in einem Großunternehmen. Ein Muster sei nicht erkennbar. Der starke Anstieg der Todesfälle lässt sich hingegen vergleichsweise leicht erklären: Zwei davon gehen auf den Corona-Ausbruch im Altenzentrum St. Nicolai zurück. Nach einer 88-jährigen Frau, die bereits am vergangenen Freitag verstorben war, starben nun zwei weitere Bewohner an ihrer Covid-19-Erkrankung. Es handelt sich dabei um einen 87-jährigen Bewohner und eine 97-jährige Bewohnerin. Zudem verstarb ein 74-jähriger Mann, der keinen Bezug zu einer Einrichtung hatte. Und auch sonst gibt es für den Ausbruch in St. Nicolai noch keine Entwarnung: Wie die Stadt mitteilte, sind vier weitere Mitarbeiter der Pflegeeinrichtung positiv auf das Coronavirus getestet worden, damit erhöht sich die Zahl der Infizierten auf insgesamt 42 Personen, davon 16 Mitarbeiter und 26 Bewohner. Kämpfer appelliert an die Kieler: Oberbürgermeister Ulf Kämpfer (SPD) hat diese Entwicklung zum Anlass genommen, sich mahnend an die Kieler zu wenden. „Die nächsten Wochen werden schwierig. Die Neuinfektionen und Todesfälle nehmen trotz der Kontaktbeschränkungen bundesweit zu. Im Moment kommt es darauf an, die bestehenden Regeln selbst einzuhalten und andere immer wieder aktiv darauf hinzuweisen.“ Die Stadt werde, so Kämpfer weiter, die Lage täglich neu bewerten und dann strengere Maßnahmen einführen, wenn es das Infektionsgeschehen notwendig macht. Wann dieser Zeitpunkt eintreffe und wie diese Maßnahmen aussehen könnten, erklärte Kämpfer nicht. Man sei im engen Austausch mit der Landesregierung. Der Kreis Pinneberg, der vor Wochen schon einen Inzidenzwert von 100 überschritten hatte, reduzierte die Zahl der Kontakte bei Zusammenkünften von zehn auf fünf Personen. Lage in den Krankenhäusern stabil: Während sich die Lage in Kiel verschärft, bleibt die Situation in den Krankenhäusern entspannt. 21 Kieler werden derzeit mit einer Covid-19-Erkrankung behandelt. Im Städtischen Krankenhaus liegen derzeit vier Patienten auf der Quarantänestation, drei weitere müssen intensivmedizinisch betreut werden. Im Universitätsklinikum UKSH werden aktuell vier Patienten auf der Covid-19-Intensivstation behandelt. Auf den Covid-Normalstationen liegen dort sieben Patienten. „Beide Kliniken sehen in der Anzahl der zurzeit zu behandelnden Patientinnen und Patienten noch keinen Anlass zur Sorge“, heißt es in der Pressemitteilung der Stadt. Feuerwehr baut innerhalb weniger Tage Impfzentren auf: Darin dankte Ulf Kämpfer auch „allen, die mit ihrer gesamten Kraft und ihrem Wissen seit Monaten an vorderster Front das Virus bekämpfen“. Eingeschlossen seien das medizinische und pflegerische Personal, das Gesundheitsamt, die Polizei und das Ordnungsamt sowie alle Ehrenamtlichen, die in allen Bereichen solidarisch helfen. Nicht zuletzt galt der Dank auch der Feuerwehr, die in den vergangenen Wochen die beiden Impfzentren in Kiel aufgebaut hat. Schon morgen soll es einen ersten Testlauf geben. „Anfang Januar werden wir in Kiel mit großer Wahrscheinlichkeit mit den ersten Impfungen beginnen können“, teilte Kämpfer mit. Sowohl am Schwedenkai als auch im Blutspendezentrum des UKSH werden die Impflungen durchgeführt. Am Schwedenkai können dann zeitgleich sieben Personen, im UKSH drei Personen zeitgleich geimpft werden. Ursprünglich hatte die Stadt mit vier Impfzentren geplant, doch wegen der notwendigen Kühlung auf bis zu minus 80 Grad sind nun weniger, aber größere Einheiten bevorzugt worden. Es gebe also auch Hoffnung, teilte Ulf Kämpfer wegen der Aussicht auf baldige Impfung mit. Immerhin etwas an diesem Tag.