Corona in Kiel: Soll das Taxi zum Buspreis fahren?

Ausfallender Tourismus, Großereignisse und Nachtverkehr: Auch der Taxibranche geht es in der Corona-Krise schlecht. "Die Lage ist ernst, aber nicht hoffnungslos", sagt Thomas Krotz. Der Chef des großen Kieler Unternehmens Taxi Kiel ist auch Vorsitzender im Landesverband für das Taxi- und Mietwagengewerbe. Und er macht gar kein Geheimnis daraus, dass der Vorschlag des Verbandes und einzelner Unternehmer neben der sozialen Komponente auch einen handfesten wirtschaftlichen Nutzen für sein Gewerbe mit sich bringt. Lesen Sie auch: Fahrtkosten: Wie sollen alte Menschen zum Impfen kommen? Genau genommen knüpft er sogar dort an, wo die Taxifahrer derzeit ohnehin ihren Hauptgewinn einfahren: bei Krankenfahrten. Mobilitätseingeschränkte Patienten, die zu Dialyse und Co. gebracht werden müssen: "Diese medizinische Versorgung würde ohne Taxen gar nicht funktionieren", sagt Krotz. "Mit Krankenwagen allein könnte man das nicht leisten." In Rendsburg-Eckernförde gibt es das Modell bereits: Daher der vom Landesverband offiziell an das Land Schleswig-Holstein und die Stadt Kiel herangetragene Vorschlag: Wir fahren Personen der Risikogruppen zum Impftermin und anderen Verpflichtungen – dafür zahlen die Fahrgäste lediglich den ÖPNV-Preis, und wir erhalten die Differenz erstattet. Dieses Beispiel läuft im Kreis Rendsburg-Eckernförde, wie berichtet, bereits unter dem Titel Seniorentaxi. Auch andere Kreise und Städte in Deutschland bieten ein ähnliches Angebot, sagt Krotz. So hält er das Konzept im Nachbarkreis für grundsätzlich nachahmenswert: Es gilt tagsüber für Personen über 70, sie müssen ihre Fahrt 30 Minuten vor Antritt anmelden und können auch eine ÖPNV-Abokarte vorweisen. Einzig, dass die Fahrten auch nur von und zu offiziellen Haltestellen möglich sind, wundert Krotz: "Der Grund erschließt sich mir nicht." Im Zweifel müsste das Taxi dafür sogar weiter fahren. Die Taxileistung ist nicht auf das Fahren beschränkt: Krotz zufolge ist der Taxidienst als Seniorenbeförderung längst etabliert und könnte jetzt in der Krise ausgeweitet werden: "Unsere Hilfeleistung ist nicht auf das Fahren beschränkt. Wir helfen beim Ein- und Aussteigen, beim Organisieren: Wir kennen den ganzen Tüddelkram." Außerdem werde häufig deutlich, wie wenig Geld die älteren Fahrgäste selbst haben. Lesen Sie auch: Warum nutzen so wenige Senioren das Corona-Taxi? Ähnlich die Taxiunternehmen, die durch ihre Bereitstellungspflicht trotz ausfallender Fahrten weiter im Dienst sein müssen, so Krotz: "Wir sind Bestandteil der kritischen Infrastruktur. Wenn jetzt Stadt oder Land diese Infrastruktur mit so etwas Gutem fördert, wäre das doch nur recht", sagt Krotz. CDU greift den Vorschlag im Rat auf: So sieht es auch die CDU-Fraktion Kiel, die zur kommenden Ratsversammlung beantragt, Idee und Konzept aus Rendsburg-Eckernförde aufzugreifen: Die Beförderung nach dem bekannten Modus solle von der Verwaltung geprüft werden – eingegrenzt auf Menschen über 70 Jahre, anerkannte weitere Hochrisikopatienten und für Fahrten zum Arzt, für Behördengänge oder zum Einkaufen. Die Stadt Kiel äußert sich abwartend. Stadtrat Christian Zierau (parteilos) vertritt Gesundheits- und Sozialdezernent Gerwin Stöcken (SPD) und sagt: "Ich möchte der Debatte in der Ratsversammlung und der gegebenenfalls folgenden Prüfung durch die Verwaltung nicht vorgreifen", so der Dezernent, "gebe aber zu bedenken, dass ein verbesserter Infektionsschutz durch diese angedachte Maßnahme belegt werden müsste, wie auch ein möglichst einfaches Verfahren und die finanziellen Auswirkungen zu bestimmen sind." Bei der Fahrt zu Impfterminen sehe Zierau Krankenkassen und Land in der Pflicht. Krotz hatte das Gesundheitsministerium unterdessen bereits angeschrieben. Bisher ohne Antwort. Ein Sprecher bestätigt gegenüber unserer Zeitung den Eingang. Er verweist darauf, dass wie bei den Impftransporten derzeit keine Zuschüsse durch das Land geplant seien. Kostenübernahmen gebe es lediglich von Krankenversicherungen und Kommunen. Krotz lässt das ratlos zurück: "Man kann auch so lange diskutieren, wer es bezahlt, bis die Krise vorbei ist."