Corona in Kiel: Standorttreue wird Tauben zum Verhängnis

Gierig stürzen sich die Stadttauben auf die Körner, die eine ehrenamtliche Mitarbeiterin des Tierheims vor der Hörnbrücke verstreut. Dass sich die Tauben momentan Plätze wie diesen suchen, ist kaum verwunderlich, denn hier herrscht reges Treiben am Versorgungszaun, an dem die Kieler Spenden für Bedürftige hängen. Hier haben sie Hoffnung, doch noch Futter zu bekommen. Gern gesehen wird das nicht von jedem, die Tauben haben kein gutes Image. Deshalb versucht das Tierheim nun, die Tauben mit Futter an andere Orte zu locken. Bestand ist gestiegen: Seit Mitte des 20. Jahrhunderts ist der Bestand an Tauben in Europas Großstädten gestiegen. Vom Land verlagerten sie ihren Lebensraum nach und nach in die Stadt, weil sie dort ganzjährig leichter Futter fanden. Das waren vor allem Essensreste, die die Menschen auf die Straße warfen und immer noch werfen. „Die Essensreste sind zwar nicht artgerecht und führen zu Mangel- und Fehlernährung, sind aber üppig und oftmals die einzige Nahrungsquelle, die sie haben“, sagt Elisabeth Haase, Leiterin der Tierheims Uhlenkrog. Ihre Standorttreue wird Tauben dabei besonders zum Verhängnis, denn im Gegensatz zu anderen Vogelrassen, die sich in einer solchen Situation einen neuen Lebensraum suchen, bleiben die Vögel auch in für sie schlechten Zeiten und Umständen, sagt die Tierheimleiterin. Sie erweitern zwar ihren Radius, „aber wenn es nichts gibt, ziehen sie sich zurück und sterben“. Stadt erteilte eine Ausnahmegenehmigung: Stadttauben seien eben keine Wildtiere, sondern Haustiere, die von Brief- und Rassetauben abstammten. Durch die Ausgangsbeschränkung in der Stadt entfallen selbst die Essensreste als Futterquelle. „Deshalb haben wir uns an die Stadt gewandt – und die hat zügig reagiert“, sagt Haase. Der Tierschutzverein Kiel bekam eine Ausnahmegenehmigung, mit ehrenamtlichen Mitarbeitern gezielt Futter an den üblichen Taubenschwerpunkten in Kiel verteilen dürfen, um ihr Sterben zu verhindern. „Autorisierte Mitarbeiter des Tierheims Kiel dürfen an definierten Stellen in Kiel Tauben mit artgerechtem Futter versorgen. Die Mitarbeiter sind im Besitz eines entsprechenden Schreibens des Tierheims Kiel. Die Futtermenge wird so bemessen, dass sie von den Tieren komplett aufgenommen wird. Es wird ebenfalls kontrolliert, dass keine Reste verbleiben“, heißt es von Seiten des Ordnungsamtes. Die kontrollierte Fütterung ist wichtig, damit verhindert wird, dass sich Ratten an den Stellen einstellen. Tierschutzbund setzt sich für Taubenhäuser ein: Schon seit längerer Zeit hat der Tierschutzverein Kiel ein Auge auf die Tauben, die als „Ratten der Lüfte“ beschimpft, nicht selten verjagt, bespuckt und getreten werden. Der Deutsche Tierschutzbund und andere Tierschutzorganisationen setzen sich seit ein paar Jahren dafür ein, das Image der Tauben zu verbessern und ihre Population in Städten durch die Installation von Taubenhäusern zu kontrollieren. „Einige Menschen fürchten, Stadttauben könnten Krankheiten auf sie übertragen. Dabei ist erwiesen, dass das Übertragungsrisiko bei Tauben nicht höher ist als bei anderen Zier- und Wildvögeln oder Haustieren“, heißt es von Seiten des Deutschen Tierschutzbundes. Mehr aus Kiel lesen Sie hier.

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