Darum kommt kein Fahrverbot auf dem Theodor-Heuss-Ring

Wer hat gewonnen? Die Deutsche Umwelthilfe. Das OVG hat ihrer Klage gegen den Luftreinhalteplan stattgegeben. Wer hat verloren? Das Land Schleswig-Holstein. Der Luftreinhalteplan des Umweltministeriums hat der rechtlichen Überprüfung nicht standgehalten. Was hat Kiel damit zu tun? Weil die Stadt von der Rechtsprechung in diesem Fall konkret betroffen ist, war sie vor Gericht „beigeladen“. Sie hat genau wie die beiden Prozessgegner ihre rechtlichen Argumente vorgebracht und Beweisanträge gestellt. Die Stadt kann als Beigeladene selbstständig Revision gegen das Urteil beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig beantragen. Wie geht es juristisch weiter? Das OVG hat für die schriftliche Urteilsbegründung jetzt bis zu fünf Monate Zeit. Danach können die Beteiligten binnen eines Monats Revision beim Bundesverwaltungsgericht beantragen, die sie innerhalb eines weiteren Monats begründen müssen. Danach bekommen die weiteren Prozessbeteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme. Erst danach terminiert das Bundesgericht die Revisionsverhandlung. Bis dahin kann gut ein Jahr vergehen. So lange erlangt das OVG-Urteil keine Rechtskraft und ist nicht vollziehbar. Kommt jetzt ein Fahrverbot? Nein. So lange kein rechtskräftiges Urteil es gebietet, muss kein Fahrverbot verhängt werden. Lesen Sie auch: Kämpfer schließt Fahrverbot in naher Zukunft aus Wie schnell könnte die Stadt ein Fahrverbot verhängen? Das Tiefbauamt ist darauf vorbereitet, innerhalb einer Woche ein Diesel-Fahrverbot am Theodor-Heuss-Ring und in den umliegenden Straßen auszuschildern. Die Schilder weisen ein Verbot für „Diesel bis einschließlich Euro 5/V“ aus. Es ist aber auch ein Verbot für „Diesel bis einschließlich Euro 4 / IV“ denkbar. Wie viele Menschen wären betroffen? Nach der letzten verfügbaren Verkehrszählung im Jahr 2017 fahren täglich rund 100 000 Fahrzeuge in beiden Richtungen auf dem Theodor-Heuss-Ring. Etwa ein Drittel sind Diesel der Euro-Klassen 1 bis 5. Das heißt: In der betroffenen Fahrtrichtung Westen wäre für gut 15 000 Fahrzeuge die Durchfahrt verboten. Woran ist der Luftreinhalteplan gescheitert? Vor dem Oberverwaltungsgericht wurde eine ganze Reihe von Einzelpunkten aus dem Luftreinhalteplan erörtert. Entscheidend war am Schluss aber allein die rechtliche Bewertung der Luftfilteranlagen, die im Luftreinhalteplan als erste Stufe der Maßnahmen zur Luftreinhaltung auf dem Theodor-Heuss-Ring vorgesehen ist. Nur wenn sie nicht funktionieren, ist als zweite Stufe ein sogenanntes selektives Durchfahrverbot vorgesehen – also ein Fahrverbot für Diesel-Pkw der Schadstoffklassen Euro 1 bis 4 oder 5 in Fahrtrichtung Eckernförde. Lesen Sie auch: Stadt Kiel kauft Luftfilteranlagen Was hat das Gericht an den Luftfiltern auszusetzen? Laut OVG darf das Umweltministerium „nicht davon ausgehen, dass der im Plan vorgesehene Einsatz von Luftfilteranlagen zur Einhaltung der für Stickstoffdioxide geltenden Grenzwerte führt“. Grund: Nach Ansicht des Gerichts ist nicht nachgewiesen, dass die erforderliche Schadstoffreduzierung von 20 Prozent an der gesamten Häuserfront zwischen Haus Nummer 61 und 79 erzielt wird. Lediglich unmittelbar hinter den sechs einzelnen Containern werde der geforderte Effekt nachweislich erzielt, nicht aber in den Zwischenräumen. Lesen Sie auch: Leitartikel von K. Blasel: Kämpfers Schlappe Bedeutet das das Aus für die Luftfilter? Nein. „Wir haben die Luftfilter bestellt und werden sie im Oktober aufstellen“, versichert Kiels Oberbürgermeister Ulf Kämpfer (SPD). Dann gelte: „Entscheidend ist auf’m Platz.“ Im laufenden Betrieb sollen die Luftfilter ihre Wirksamkeit nachweisen. Dazu wird fortlaufend der Stickoxidgehalt in der Luft gemessen. Robert Krüger vom Hersteller Purevento in Trittau bleibt gelassen: „Unsere Anlagen werden laufen.“ Weitere Nachrichten aus Kiel lesen Sie hier