Diese Maßnahmen plant Kiel für den Corona-Lockdown im November

„Wir können die Infektionsketten weiter nachverfolgen und durchbrechen“, sagt Kiels Gesundheitsdezernent Gerwin Stöcken, der aber warnt: „Die Sorglosigkeit im privaten Bereich gepaart mit einem Gefühl der Unsterblichkeit ist die größte Infektionsgefahr.“ Denn bei Treffen mit Bekannten und Freunden stecken sich nach wie vor die meisten Kieler an. Daher hat auch Kiel einige Maßnahmen vorbereitet, um die neuen Beschlüsse von Bund und Ländern umzusetzen. Eine Folge: Der Weihnachtsmarkt in der Landeshauptstadt ist abgesagt. Zudem trifft der ab Montag geltende Lockdown nicht nur die Gastronomie, sondern auch die Freizeitbranche. Außerdem prüft die Stadt aktuell eine Maskenpflicht in öffentlichen Räumen. Das sagt Oberbürgermeister Ulf Kämpfer: Oberbürgermeister Ulf Kämpfer trägt die Entscheidungen der Bundesregierung für einen Lockdown mit. „Ich bin überrascht, wie weitgehend und hart die Beschlüsse sind, aber ich stehe hinter den Maßnahmen“, so Kämpfer, der aber auch sagt: „Wenn wir in Kiel alleine entscheiden würden, hätten wir sicherlich einiges anders gemacht.“ Schließlich ist das Infektionsgeschehen in Kiel im Vergleich zu anderen Orten noch sehr gering. Kämpfer befürwortet aber, dass es eine bundesweit einheitliche Regelung gibt und appelliert an die Solidarität der Kieler. Eine Hilfsaktion für die Kieler Gastronomie: Mit „Kiel hilft Kiel“ hat die Stadt bereits im Frühjahr eine Plattform geschaffen, um Gastronomen in der schweren Zeit zu helfen. Die Kampagne, die in Form von Plakaten und einer Homepage gestartet war, dient vor allem als Werbefläche für Restaurants, die einen Lieferservice oder Essen-to-go anbieten. Damit die geschlossenen Betriebe während des Lockdowns auf sich aufmerksam machen können, sollen „Kiel hilft Kiel“ Mittel über eine Million Euro zur Verfügung gestellt werden. Lesen Sie auch: Das wünschen sich die Gastronomen von der Politik Die Hochschulen in der Landeshauptstadt: Aufgrund der gestiegenen Zahlen beraten die Kieler Hochschulen derzeit, ob die geplante Präsenzlehre weiter möglich ist, oder ob auch das Wintersemester komplett digital stattfinden muss. Eine Entscheidung ist an der Christian-Albrechts-Universität noch nicht gefallen. „Wir müssen die genauen Vorgaben der Landesverordnung abwarten“, sagt Sprecherin Claudia Eulitz. „Es ist noch absolut offen, ob weiter Präsenz möglich ist, oder ob es weitere Einschränkungen geben wird.“ Bildungsministerin Karin Prien teilte am Donnerstag mit, dass im November digitale Lehrveranstaltungen grundsätzlich Vorrang gegenüber Präsenzveranstaltungen haben. Fest steht bereits, dass an der CAU größere Veranstaltungen wie Ringvorlesungen komplett digital gehalten werden. Eulitz versichert, dass die Dozenten, die derzeit Präsenzlehre anbieten, zweigleisig fahren und vorbereitet sind, wenn die Kurse ins Internet verlegt werden müssen. An der Fachhochschule hat das Präsidium in Abstimmung mit den Fachbereichsdekanaten beschlossen, ab Montag nur noch Veranstaltungen in Präsenz durchzuführen, bei denen diese Form der Lehre für den Kompetenzerwerb unerlässlich ist. Die Entscheidung darüber, welche Lehrveranstaltungen dies umfasst, wird bei den Dekanen der Fachbereiche liegen. Die Studenten sollen rechtzeitig bis zum Wochenende über die genaue Umsetzung der Lehre ab kommender Woche informiert werden. Die zentralen Angebote der Hochschule und wichtige Anlaufstellen wie Prüfungsämter oder Bibliothek sollen weiterhin geöffnet bleiben. Schulen und Kindergärten in Kiel: Nicht nur Bundes- und Landespolitik sagen, dass Kitas und Schulen weiter geöffnet bleiben sollen. Auch die Stadt betont dies. „Kitas und Schulen sind nicht die Treiber der Pandemie“, sagt Stöcken. Seit dem Frühjahr seien zehn Einrichtungen von Corona-Fällen betroffen gewesen, davon aktuell vier Schulen und zwei Kitas. Schulkindbetreuung und die Öffnung der Kitas in den Randzeiten – wo Kohorten teils durchmischt werden – sollen ebenfalls weiter bestehen. In den Bildungseinrichtungen solle noch mehr darauf geachtet werden, wer mit wem viel Kontakt habe, so Stöcken. Das gelte insgesamt für Alltagshygiene, Organisation und Dokumentation, ergänzt Oberbürgermeister Ulf Kämpfer. „Doch wir wollen nicht auf das, was von Bund und Land kommt, noch draufsatteln.“ Die Stadt habe aber Pläne vorbereitet, wie bei Bedarf weitere Maßnahmen umgesetzt werden könnten. Lesen Sie auch: Wo stecken sich die Menschen in Schleswig-Holstein mit Corona an? Wohnheime und Pflegeeinrichtungen: Senioreneinrichtungen, Pflege- und Wohnheime sollen für Besucher weiter zugänglich bleiben. „Ältere Menschen und Menschen mit Behinderung haben unter dem letzten Lockdown sehr gelitten“, so Stöcken. Gemeinsam mit den Einrichtungen sei es gelungen, ein Hygienekonzept zu entwickeln, mit dem die vollständige soziale Isolation der Bewohner verhindert werde. "Mir ist es ein großes Anliegen, dass das so bleibt: Wir haben in den letzten Monaten vielfältig die Erfahrung machen müssen, wie wichtig soziale Kontakte zu Angehörigen und Freunden, auch untereinander, sind. Zusätzliche ehrenamtliche Kräfte aus dem Ehrenamtsbüro Nette Kieler werden hier helfen, diese Kontakte aufrechtzuerhalten." Von der Schließung ausgenommen: Anders als im Frühjahr werden Rathaus, Bürgerämter, Schulen und Kindergärten nicht geschlossen. Feuerwehr, Polizei und Kliniken sind auf eine zweite Welle auch in Kiel gut vorbereitet, heißt es von der Stadt. Öffentlicher Nahverkehr in Kiel: Die Buslinien der Kieler Verkehrsgesellschaft (KVG) sollen auch im November gemäß des Fahrplans fahren. Zudem gebe es Gespräche mit der KVG, nach Möglichkeit zu Stoßzeiten zusätzliche Busse einzusetzen, so Stöcken. „Dafür braucht man allerdings nicht nur die Fahrzeuge und Fahrer. Auch die Verkehrslage muss das hergeben.“ Wichtig sei, dass in den Bussen die Maskenpflicht von allen eingehalten werde, sagt der Gesundheitsdezernent weiter. „Man muss versuchen, denjenigen den Zutritt zu verweigern, die keine Maske tragen wollen.“ Dies könnten allerdings nicht die Busfahrer selbst übernehmen. Daher gebe es Überlegungen, an „Drehkreuzen“ wie dem Hauptbahnhof entsprechend zu kontrollieren. Nicht nur bei den KVG-Bussen, sondern auch bei den Fähren der SFK soll es keine Einschränkungen im Fahrplan geben. Das Ziel der Maßnahmen: Mit den Maßnahmen will die Stadt erreichen, dass sich die Infektionszahlen auf einem stabilen Niveau einpendeln. „Ein Erfolg wäre es, wenn die Zahlen in den nächsten Wochen so bleiben wie sind“, sagt Gesundheitsamtsleiterin Sabine Herlitzius. Dass es trotz des Lockdowns weniger Neuinfektion gibt, scheint zum jetzigen Zeitpunkt eher unwahrscheinlich. Von Jördis Früchtenicht und Steffen Müller