Ein Jahr Radiokinderkirche: Remoulade als Möwenschiss

Der Anstoß war, dass wegen der Corona-Beschränkungen der Kindergottesdienst und andere Angebote für Jungen und Mädchen in den Gemeinden ausfallen mussten. Pastor Martin Gregor von der Lutherkirche, der zwei Kinder hat, und der katholische Familienvater Tobias Raschke taten sich zusammen und entwickelten das Format. Es besteht aus Liedern zum Mitsingen, Gebeten und einem Hörspiel. Produziert wird es im Offenen Kanal Kiel (OKK). „Wir haben inzwischen viele neue Mitstreiter gefunden“, erklärt Raschke. Mittlerweile reiche das Netz der Mitarbeiter sogar über Dithmarschen und Hamburg hinaus. Die Sprecher seien „zwischen null und 83 Jahre alt“: „Für das Jesuskind haben wir die Stimme eines schreienden Säuglings aufgenommen, und ein alter Herr hat den Josef eingesprochen.“ Zahlreiche Jungen und Mädchen übernehmen Rollen. „Kinderstimmen sprechen Kinder an“, betont Pastor Gregor. Er gehört zum Team derjenigen, die Manuskripte verfassen, genauso wie die katholische Gemeindereferentin Laura Gaburro. „Das Hörspiel soll spannend, unterhaltsam und nicht zu kompliziert sein“, sagt die Mutter dreier Kinder. Lesen Sie auch:Wie die Online-Kirche an den Start ging. Die technische Ausstattung hat sich mittlerweile noch verbessert. „Dank des Bonifatiuswerks verfügen wir über sehr gute Mikros und Aufnahmegeräte“, stellt Pastor Gregor heraus. Die eigenen Aufnahmen schicken die Mitwirkenden an Michaela Dresselhaus. Sie ist Mitarbeiterin im OKK. Die Produktion der wöchentlichen halbstündigen „Rakiki“-Sendung übernimmt sie allerdings ehrenamtlich. „Ich brauche zehn bis 20 Stunden für eine Sendung“, erzählt sie. Ihre Aufgabe besteht auch darin, für das Hörspiel Geräusche zu liefern. „Eine Reihe von ihnen sind kostenlos im Internet erhältlich, doch andere stelle ich selbst her.“ Dresselhaus erzählt, welche Idee sie für einen „Möwenschiss“, umgesetzt hat, der im Manuskript vorkam: „Ich bin mit der Leiter auf einen Dachvorsprung gestiegen und habe eine Tube Remoulade zerquetscht, deren Inhalt auf den Boden geklatscht ist“, erzählt sie. Viel Zeit habe sie gebraucht, um die Laute eines Faultiers zu finden, das in der Arche Noah eine Rolle spielt. Dresselhaus ist ein Fan von Hörspielen, die sie als „Theater ohne Bilder“ charakterisiert. Ein Verkündigungs-Start-up: „Wir sind alle ein gutes Team“, meint Raschke. Er freut sich über das positive Echo. „Nicht nur Kinder, sondern auch Eltern und Großeltern hören uns“, berichtet er. „Wir sind ein Verkündigungs-Start-up“, meint er scherzhaft. Erstaunt und enttäuscht ist der Politologe und Medienberater, dass es im öffentlich-rechtlichen Rundfunk, in dem die großen Kirchen Sendeplätze belegen, keinerlei Kindergottesdienst-Formate gibt. „Dabei sind Kinder die Zukunft der Kirche“, meint er achselzuckend. Die Radiokinderkirche ist in Kiel sonntags um 11 Uhr über Radio im OK Kiel (101,2 MHz) oder im Internet zu empfangen. Infos zu Liedtexten, anderen regionalen Sendern wie neuerdings dem Hamburger Lokalradio und alte Sendungen gibt es unter www.lutherjakobi.de und www.katholisch-in-kiel.de.