Kiel: Einzelhändler aus der Holtenauer Straße schlagen Alarm

Die Kieler Oberbürgermeister Ulf Kämpfer sieht die Stadt in der Pflicht, „dem Einzelhandel, so gut wir es vermögen, in dieser zunehmend existenziellen Krise zur Seite zu stehen“. Das versichert Kämpfer in einem Brief an die Kaufleute von der Holtenauer Straße. Er bittet darin die Einzelhändler darin um Vorschläge, „was wir als Kommune jenseits der einzelbetrieblichen Hilfen an Unterstützung leisten können“. Jede noch so unkonventionelle Idee sei willkommen. Appell an die Politik in Land und Stadt: Kämpfer reagiert mit diesem Angebot auf einen Brandbrief, den der Vorstand der Interessengemeinschaft „Die Holtenauer“ geschrieben hat. Der Brief richtet sich an den schleswig-holsteinischen Ministerpräsidenten Daniel Günther, den Wirtschaftsminister Bernd Buchholz, die Industrie- und Handelskammer, den Handelsverband Nord und eben an den Oberbürgermeister, der auch Wirtschaftsdezernent ist. Verzweifelter Hilferuf aus der Holtenauer Straße in Kiel: Der Brief ist ein verzweifelter Hilferuf. „Nach Ausrufung des zweiten Lockdowns, der Halbierung des Weihnachtsgeschäfts und der Verlängerung der Geschäftsschließungen ist die Lage bei vielen unserer Mitglieder katastrophal, und die nackte Existenzangst begleitet die Händler an jedem Tag“, heißt es darin. Und weiter: „Es geht hier nicht um große Konzerne und gesichtslose Ketten, sondern um inhabergeführte Betriebe, von denen Familien ernährt werden, die ihre Mitarbeiter fair bezahlen, die hier ihre Steuern bezahlen und junge Menschen ausbilden.“ Die Fixkosten bleiben hoch: Einem Großteil dieser Betriebe „werden eben nicht die Mieten gesenkt, sondern die Fixkosten bleiben hoch. Miete, Versicherungen, Strom, Heizung, Kreditraten, Fahrzeugkosten, Dienstleister – alles muss weiter gezahlt werden.“ Geschäfte mit Saisonware seien besonders hart getroffen. Winterware bleibe liegen, die Liquidität sei im Keller, die Neuware solle bezahlt werden – „nur wovon?“ Kritische Fragen zu Supermärkten: Die Einzelhändler stellen kritische Fragen. „Warum können die Menschen Heimtextilien, Kleidung, Schuhe, Spielwaren, Haus- und Küchenequipment oder Bücher im Supermarkt kaufen – nicht aber bei Meislahn, nicht bei Witte, nicht bei Aumann Authentics, nicht bei Wittstock und auch nicht bei Litera? Warum werden unsere Geschäfte mit fein austarierten Hygienekonzepten, mit überschaubaren Ladengeschäften, mit Kundenleitsystemen als vermeintliche Virenschleudern geschlossen – im Supermarkt jedoch können sich alle ohne Rücksicht auf Abstände und Kundenzahlen tummeln?“ Anklage an staatliche Behörden: Staatliche Hilfen würden weder schnell noch unbürokratisch ausgezahlt, beklagen die Händler. „Wir haben Mitte Januar, die Novemberhilfen sind jetzt erst auf den Weg gebracht. Die Überbrückungshilfe III kann man noch nicht mal beantragen. Die genauen Bedingungen dafür sind nach wie vor unklar. Das Kleingedruckte ist lang und vielfältig. Das hilft nicht weiter!“ Lesen Sie auch: Bund-Länder-Gipfel: Wie geht es in Schleswig-Holstein weiter? Kaum Fälle von Quarantäne-Bruch in Schleswig-Holstein Aktuelle Zahlen und Grafiken: So entwickelt sich das Coronavirus Corona-Liveblog: So ist die aktuelle Lage in Schleswig-Holstein Weitere Informationen zum Coronavirus erhalten Sie auf unserer Themenseite. Ohrfeige für "Kiel hilft Kiel": Der Brief ist auch eine Ohrfeige für die städtische Online-Plattform „Kiel hilft Kiel“. Als „regionales Amazon“ funktioniere sie nicht, steht da. Kunden seien „durch Ebay und Amazon verdorben“. Für eigene Onlineshops fehlten kleinen Einzelhändlern die Mittel. Der Alarmruf endet mit der Befürchtung, „dass auch gesunde und leistungsfähige Betriebe der Holtenauer Straße die Notbremse ziehen und in allernächster Zeit die Ladentür zu und die Lichter ausmachen“. Es drohten „Verhältnisse wie in der Holstenstraße“. Ulf Kämpfer: "Auch mir macht das große Sorge": In seiner Antwort versichert der Oberbürgermeister den Einzelhändlern, er teile ihre Sorge. Er nimmt sie allerdings auch in die Pflicht: „Für mich wäre sehr hilfreich, genauer zu wissen, welche bürokratischen Hürden wegfallen sollen, welche Programme zielgenauer gestaltet werden können und welche zwar gut, aber unterfinanziert sind“, schreibt Kämpfer Der Oberbürgermeister weist dezent darauf hin, dass vor allem Bund und Land die Ansprechpartner seien: „Dann könnte ich gegenüber der Landesregierung und über das Präsidium des Deutschen Städtetages sehr konkret für Verbesserungen werben.“ Das Präsidium sei regelmäßig im Gespräch mit der Bundesregierung.

Einzelhändler aus Kiel schlagen Alarm - Brandbrief aus der Holtenauer Straße