Fachhochschule Kiel: Studie zur Mobilitätswende im Projekt Combination

Mit ihrem Forschungsprojekt Combination gehen Prof. Marco Hardiman und Prof. Gordon Eckardt der Frage nach, warum es vielen Menschen schwerfällt, auf das Auto zu verzichten und auf nachhaltige Verkehrsmittel umzusteigen. Anders als bei den meisten Studien zum Thema Verkehrswende untersuchen sie vor allem um das Nutzerverhalten die Infrastruktur im ÖPNV. Bei ihrem Forschungsprojekt geht es Hardiman und Eckardt nicht ausschließlich darum, die Schwächen im ÖPNV-Angebot aufzudecken und Alternativen vorzuschlagen. Sie konzentrieren sich vor allem auf das Nutzerverhalten und die Denkweise der Autofahrer. „Sehr viele Untersuchungen fokussieren sich auf die Verbesserung von Anschlusszeiten, höhere Taktung und auch Preissenkungen“, sagen die Professoren. „Wir möchten nun aus verhaltenswissenschaftlicher Sicht ergründen, warum Menschen nicht bereit sind, auf ihr Auto zu verzichten. Daraus können wir schließen, was gemacht werden muss, um Menschen vom motorisierten Individualverkehr weg zu bringen.“ Autofahrer und Radfahrer für Studie gesucht: Dafür planen die Professoren – wie sie es ausdrücken –, Hardcore-Autofahrer und Hardcore-Radfahrer aber auch Pendler und regelmäßige Busfahrer zu befragen. In der Studie sollen die Wünsche und Bedürfnisse der verschiedenen Verkehrsteilnehmer ermittelt werden. Denn der Kern des Projekts besteht darin, für unterschiedliche Zielgruppen und deren Mobilitätsbedürfnisse möglichst niedrigschwellige und verkehrsmittelübergreifende Mobilitätsangebote zu entwickeln, die kurz- und langfristig attraktiv sind und eine entsprechend nachhaltige Änderung des Mobilitätsverhaltens zugunsten klimafreundlicher Alternativen bewirken. Die zentrale Forschungsfrage dabei lautet, wie Angebote in Schleswig-Holstein und besonders in Kiel aussehen, damit sie dem motorisierten Individualverkehr vorgezogen werden. Obwohl das Nutzerverhalten bei dem Forschungsprojekt im Fokus steht, gehört zu den Aufgaben der Forscher auch, das ÖPNV-Angebot vor Ort zu analysieren. Dafür arbeiten Eckardt und Hardiman mit dem Verkehrsverbund Nah.SH zusammen, der Daten zu Fahrgastzahlen sowie Bus- und Bahnverbindungen zur Verfügung stellt. „Dadurch werden schon im Forschungsprozess die Rahmenbedingungen des Nahverkehrs in Schleswig-Holstein berücksichtigt“, sagt Nah.SH-Geschäftsführer Arne Beck. „Im Ergebnis stehen dann Mobilitätskonzepte, die wir in der Praxis gut umsetzen können.“ Finanzielle Unterstützung in Höhe von 150.000 Euro erhält das Forschungsprojekt Combination von der Gesellschaft für Energie und Klimaschutz Schleswig-Holstein, EKSH. „Mit unserer Förderung wollen wir dazu beitragen, gute Ideen zur Gestaltung einer Verkehrs- und Mobilitätswende sinnvoll in die Praxis umzusetzen“, sagt Geschäftsführer Stefan Sievers. Schließlich stelle der Verkehrssektor bei der Bewältigung der Klimakrise eine besondere Herausforderung dar, die erhebliche Anstrengungen erfordere. Wien als Vorreiter: In einem ersten Schritt ihrer Forschung haben Hardiman und Eckardt europäische Städte besucht, in denen der öffentliche Nahverkehr gut funktioniert. Als Beispiel nennen sie Wien. In der österreichischen Hauptstadt stimme sowohl der Preis mit einem 365-Euro-Jahresticket als auch die Taktungen von Bussen und Bahnen, die zudem modern seien mit W-Lan und der Möglichkeit, Smartphones aufzuladen. Gleichzeitig hat sich der Verkehr im Wiener Stadtzentrum reduziert, indem der Parkraum verknappt wurde. Das sei auch für Kiel eine Möglichkeit, meint Hardiman. „Das Erfolgsrezept von allen Städten, in denen der ÖPNV gut angenommen wird, ist es, Autofahren unattraktiver zu machen.“ Speziell in Kiel sehen die FH-Professoren noch viel Potenzial, mehr Menschen aus ihren privaten Pkw zu holen und sie dafür in den Bus zu bringen oder auf das Rad zu setzen. „Aber es wurde auch schon viel gemacht“, lobt Hardiman. „Kiel sollte sich nicht mit Städten wie Wien oder Zürich vergleichen, sondern eher mit Castrop-Rauxel oder Bottrop. Und da hat Kiel schon mehr erreicht.“ Weitere Nachrichten aus Kiel lesen Sie hier.