Fachkräftemangel in Kitas: Externe Mitarbeiter als schnelle Lösung in Kiel?

Unter anderem dadurch, dass die Mitarbeiter in den Kitas angehalten seien, auch schon mit leichten Erkältungssymptomen zu Hause zu bleiben, gebe es mehr Ausfälle in den Einrichtungen, sagt Treutel. „Die Personaldecke fängt an, dünner zu werden." Betreuung und Einhaltung der Corona-Auflagen würden zwar funktionieren, solange alle Mitarbeiter „an Deck“ seien. Doch der ohnehin im Winter bestehende Ausfall von Personal würde in diesem Jahr nochmal stärker sein. 2000 Fachkräfte gibt es in den rund 160 Kieler Kitas, davon 800 in den 36 städtischen Einrichtungen. Aktuell sind dort 22 Stellen offen, zusätzlich können zwölf zur Risikogruppe zählende Personen momentan nicht in den Kitas eingesetzt werden. Hinzu kommen Krankheitsfälle, die laut Treutel allerdings aus Datenschutzgründen nicht erfasst werden. Durch Mitarbeitermangel müssen Kita-Gruppen vorübergehend schließen: „Wenn es nicht genügend Personal gibt, müssen wir Gruppen schließen, Kohorten zusammenlegen oder kohortenfremdes Personal hinzuholen“, so die Bildungsdezernentin. Dadurch leide die Betreuungsqualität. Punktuell könnten zwar Fachkräfte als Vertretung eingesetzt werden. Das finanziere die Stadt auch, sagt Treutel. „Doch es sind keine Fachkräfte zu bekommen.“ Dass die Kohortentrennung aus Personalmangel nicht immer einzuhalten ist, zeigte vergangene Woche ein Fall im Awo-Kinderhaus Krummbogen. Dort mussten Mitarbeiter kohortenübergreifend aushelfen. Lesen Sie auch: Bildungsministerin Prien ist gegen strenge Regeln für Kinder „Wir müssen jetzt bundesweit verantwortlich diskutieren, wie wir andere Professionen in die Kitas holen können“, so Treutel. Sonst gebe es einen faktischen Lockdown – nicht wegen Corona-Infektionen, sondern weil die Mitarbeiter fehlten. Das Problem sei akut, würde sich von Monat zu Monat verschärfen. Treutel will Personal aus dem Kita-Umfeld dazuholen: Im Umfeld der Kitas gebe es Menschen, die ohnehin mit den Einrichtungen zusammenarbeiten würden, die man hinzuziehen könnte, wie Museumspädagogen, andere Personen aus dem kulturellen Bereich, Heilpädagogen oder Logopäden. Auch sie halte das Fachkräftegebot zwar hoch, sagt Treutel, doch es gebe nun mal nicht genug Fachkräfte. Lesen Sie auch: Sollen Kinder nur noch einen festen Freund treffen dürfen? Personal von außen hinzuzuholen, sei ein kontroverses Thema, so Yvonne Leidner, Vorsitzende der Landeselternvertretung der Kitas. „Einerseits darf es nicht passieren, dass die Kitas dann komplett geöffnet werden und Fachkräfte eingespart werden“, so die Kielerin. „Andererseits gibt es aktuell die Situation, dass viele Gruppen dicht sind, weil Mitarbeiter krank sind oder in Quarantäne müssen.“ Leidner sagt, sie würde es vorziehen, wenn es einen Pool mit Fachkräften gebe, die als Springer einsetzbar seien. Sollte tatsächlich Personal von außen kommen, müsse es dafür nicht nur feste Regeln für den Einsatz geben, sondern es müsste auch jeder Einzelfall geprüft werden. Der Paritätische sieht Schwierigkeiten in der Umsetzung: Auch Julia Bousboa, Sprecherin des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes Schleswig-Holstein, sieht bei dem Vorschlag einige Schwierigkeiten. Der Paritätische ist Dachverband unter anderem für verschiedene Kita-Träger in Kiel, die in der Landeshauptstadt rund 20 Einrichtungen haben. „Aktuell ist noch genug Personal da“, so Bousboa. Sie betont allerdings, dass sich die Lage ändern könnte. „Personal von außen dazu holen darf aber höchstens eine kurzfristige Lösung sein, langfristig würde es eine Qualitätsabsenkung bedeuten“, so Bousboa. Denn Kitas seien Bildungs- und nicht nur Betreuungseinrichtungen. Hinzu komme, dass im gesamten sozialen Bereich Fachkräftemangel herrsche. „Wir wüssten nicht, wo die Leute herkommen sollten.“ Auch die Finanzierung müsste geklärt werden. Zudem bräuchte es ein tragfähiges Konzept, schließlich könne man Vertretungskräfte nicht einfach mal für ein oder zwei Wochen einstellen. Lesen Sie auch: Seit den Herbstferien in Kiel: Nur wenige Corona-Fälle an Kitas und Schule n In den fünf Kitas des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) habe man bislang keine größere Zunahme an Ausfällen festgestellt, sagt Sibylle Schulze, Geschäftsführerin der DRK Kinder- und Jugendhilfe. Auch Schulze betont, dass ein Hinzuziehen von Personal, etwa von Heilpädagogen, die die Kinder ohnehin kennen, nur eine kurzfristige Überbrückungsmaßnahme sein könne. Abgesehen von einer kurzfristigen Lösung, müsse es grundsätzlich mehr Fachkräfte geben, das sehen sowohl Leidner und Bousboa als auch Treutel so. „Wir brauchen bundesweit dringend eine Fachkräfteoffensive“, so Treutel.