Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) will notfalls vor Gericht ein weitgehendes Diesel-Fahrverbot auf Kiels Stadtautobahn durchsetzen. „Das von der Regierung vorgeschlagene Teil-Fahrverbot reicht nicht aus“, sagte DUH-Geschäftsführer Jürgen Resch. Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) sprach von „Alibi-Lösungen“. Gleichzeitig entzweit der Vorentwurf für einen Luftreinhalteplan bereits das neue Kieler Ampel-Bündnis, das seine Kooperationsverhandlungen in Kürze aufnehmen will.
Umwelthilfe: „Der Grenzwert muss sicher unterschritten werden“
Streitpunkt sind die Vorschläge von Umweltminister Robert Habeck (Grüne). Er möchte, wie berichtet, die West-Spur der Stadtautobahn auf einer Länge von 600 Metern für Diesel-Pkw bis einschließlich Klasse 5 sperren und zudem eine Immissionsschutzwand errichten. „Das ist angesichts der sehr hohen Schadstoffwerte an der Trasse nur eine Mogelpackung“, sagte Resch. Der Minister gehe in seinem Entwurf eines Luftreinhalteplans für Kiel davon aus, dass die Belastung mit Stickstoffdioxid durch die Maßnahmen von 59 Mikrogramm auf lediglich 46 beziehungsweise 40 Milligramm – also den Grenzwert – sinke. „Das ist nicht genug“, so Resch. „Die Maßnahmen müssen so ausgeweitet werden, dass der Grenzwert sicher unterschritten wird.“
Uneinigkeit im neuen Ampel-Bündnis
Während die Kieler Grünen Umweltminister Habeck loben, weil „endlich mal Tacheles“ geredet werde, können sich SPD und FDP in der Landeshauptstadt ein Fahrverbot unter keinen Umständen vorstellen. „Wir stehen hinter der Linie des Oberbürgermeisters“, betonte Andre Wilkens, stellvertretender SPD-Fraktionschef. Und FDP-Fraktionschefin Christina Musculus-Stahnke kritisierte, dass Habecks Pläne zu „Ausweichverkehren führen, die unter dem Strich kontraproduktiv sind“.
Harte Kritik an Oberbürgermeister Ulf Kämpfer
Harte Kritik übte die DUH, die bundesweit wegen der Verletzung von Grenzwerten klagt, an OB Ulf Kämpfer. „Auch ein Oberbürgermeister muss sich an Recht und Gesetz halten.“ Der OB missachte zudem das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, nach dem streckenbezogene Fahrverbote ein geeignetes Mittel zur Einhaltung von Grenzwerten seien. Resch geht davon aus, dass notfalls die Justiz für eine bessere Luft in Kiel sorgt. „Wir haben bereits Ende 2017 Klage vor dem Verwaltungsgericht Schleswig eingereicht.“ Einen Termin für die Verhandlung gibt es nach Angaben eines Gerichtssprechers noch nicht. Auch die Grünen im Land kritisieren Kämpfer. „Kopf in den Sand hilft hier nicht!“
Kämpfer wies die Vorwürfe zurück: Die DUH kenne offenbar die Kieler Verhältnisse nicht besonders gut. Es gehe darum, die Verhältnismäßigkeit von Fahrverboten fachlich zu prüfen. „Wenn die Gutachten dazu in wenigen Wochen vorliegen, können wir seriöse Aussagen zur Verhältnismäßigkeit von Fahrverboten treffen.“