Fridays for Future Demo in Kiel: Tausende Klimaschützer nehmen Fahrt auf

Corona hatte die Protestbewegung zwar in den vergangenen Monaten ausgebremst. Am Freitag nahm sie aber wieder an Fahrt auf. „Die Pandemie treibt uns extrem an, weil die Situationen vergleichbar sind: Es geht darum, wissenschaftliche Fakten anzuerkennen und danach zu handeln. Das hat in Bezug auf Corona sehr gut geklappt, und das wünschen wir uns für die Klimakrise – auch in der Geschwindigkeit“, sagte Nelly Waldeck (23) von Fridays for Future Kiel. Begleitet wurden die radelnden Protestler von Polizisten auf Motorrädern, auf E-Bikes und in Polizeiwagen. Laut Polizeisprecher Matthias Felsch kam es bis 16.30 Uhr vor allem in der Innenstadt und auf den Bundesstraßen 76 und 404 zu Verkehrsbehinderungen. Angaben zur Zahl der Teilnehmer differieren zwischen 2700 und 6000: Die Zahl der Teilnehmer bezifferte die Polizei mit 2700, die Organisatoren zählten dagegen 6000 Mitstreiter. Beide Seiten waren am Ende mit dem Verlauf zufrieden. „Wir wollten im Hinblick auf andere Demonstrationen zeigen, dass demonstrieren auch während der Pandemie funktionieren kann“, sagte Leon Martin, Sprecher von Fridays for Future (FFF) Kiel. Die Demonstranten trugen auch während der Fahrt Masken, einige waren mit Helmen unterwegs und mit Elektrorädern. So wie Claudia Piehl. Sie hatte sich zum ersten Mal auf eine Demonstration begeben, denn die 53-Jährige meint: „Wir dürfen in der Pandemie nicht das Klima vergessen.“ „Ich bin so sauer, ich habe sogar ein Plakat gemalt“: Die Klimaschützer in Kiel ließen sich von den coronabedingten Einschränkungen nicht abschrecken, mit ihren Händen am Lenkrad konnten sie zwar keine Plakate halten, und ihre Stimmen waren durch den Mundschutz gedämpft, aber sie zeigten sich kreativ. Ihre Plakate hatten sie kurzerhand an den Rädern angebracht: „Ich atme lieber die Abgase von 100 Bäumen als von 1 Auto“ war darauf zu lesen oder: „Die Klima-Krise wartet nicht auf Deinen Bachelor-Abschluss“. Einer hatte an sein Fahrrad ein schnell bekritzeltes Pappschild gehängt mit der Aufschrift: „Ich bin so sauer, ich habe sogar ein Plakat gemalt.“ Ziemlich genervt von der aktuellen Politik ist offensichtlich auch die 15-jährige Anastasia von FFF-Gaarden. Bei der Kundgebung sprach sie durchs Mikro und kritisierte, dass durch Corona weiter vom Klima-Thema abgelenkt und gegen beide Krisen nicht sachgerecht vorgegangen werde. Neben Anastasia und den anderen FFF-Aktivisten hatten sich noch viele weitere Schüler und Studenten aufs Rad geschwungen, aber es waren deutlich mehr ältere Demonstranten dabei als bei den Demos im vergangenen Jahr. Die 75-jährige Ulla Schlüter kam zu Fuß zur Kundgebung, weil sie wegen eines Armbruchs nicht mehr Radfahren kann. Familie Kurz war hingegen gleich mit zwei Lastenrädern unterwegs, in einem saßen die Kinder Fia (3) und Jona (1). „Wir haben die beiden für die Demo extra früher von der Kita abgeholt“, berichtete Joachim Kurz (32), und seine Frau Leandra (30) stellte klar: „Schließlich geht es um die Zukunft unserer Kinder.“ Im Live-Blog können Sie den Verlauf der Demonstration nachlesen. Weitere Nachrichten aus Kiel lesen Sie hier.