Kraft räumt Grundstück auf

Der Streit um den Abriss der Lauben markiert den aktuellen Höhepunkt in der Auseinandersetzung, ob das Möbelhaus, das der Stadt das Areal zwischen Hasseldieksdammer Weg und Westring abgekauft hat, dort bauen darf oder nicht. Die Initiatoren des Bürgerbegehrens, die die Fläche als Grünfläche bewahren wollen, hofften, mit einer Klage beim Verwaltungsgericht Schleswig zu verhindern, dass die Bagger anrollen. Doch ihr Eilantrag wurde abgelehnt. Sie reichten Beschwerde ein und rechnen in den nächsten Tagen mit einer Entscheidung. Der Abbruch, betont Gunnar George, Vorstandsvorsitzender von Möbel Kraft, sei nicht nur vorbereitende Maßnahme, um das Möbelhaus zu errichten, sondern notwendig, da Gefahr in Verzug sei. Das Gelände, das ist auf den ersten Blick zu sehen, verfällt: Nachdem fast alle der 330 Pächter entschädigt und die Lauben verlassen wurden, türmen sich dort Unrat und Müll. Trotz der Kontrolle durch Sicherheitskräfte und Errichtung von Wegesperrungen kam es zu Plünderungen und Vandalismus, gibt George zu: „17 Hektar Gelände können wir nicht sichern wie Fort Knox. Von den einsturzgefährdeten Bauwerken, Müll und offenen Gruben geht eine Gefahr für Leib und Leben aus.“ Auch die Stadt Kiel drängt das Möbelhaus zur baldigen Räumung zumindest der fünf Hektar großen Ausgleichsflächen rund um den geplanten Neubau. Bis zum 28. Februar soll der Grüngürtel nach den für alle Baumaßnahmen geltenden Regelungen des Artenschutzes sauber sein, erklärt Bernd Krenke vom Umweltschutzamt: Dann beginnt die Brutzeit der Vögel. Ob Schutzmaßnahmen für den Kammmolch, Fledermausarten, Vögel oder Bäume – das Unternehmen, bestätigt die Stadt, hat alle grünen Auflagen erfüllt. Trotzdem bleiben die Fronten hart – mit einer Ausnahme: Möbel-Kraft-Gegner und Investor wollen, dass der Bürgerentscheid mit der Oberbürgermeister-Wahl am 23. März zusammenfällt, um mehr Bürger mobilisieren zu können. Der Rat entscheidet am 16. Januar endgültig über den Termin. Jede Seite erwartet, die Mehrheit beim Bürgervotum für sich gewinnen zu können. George glaubt nach wie vor an die Verwirklichung des 60-Millionen-Euro-Projekts an dem „Superstandort“, weiß er doch die Stadtverwaltung und die breite Mehrheit der Politik hinter sich. SPD, CDU, Grüne, SSW und FDP hatten bereits Ende November 2011 gegen die Stimmen der Linken und Direkten Demokratie grünes Licht für das Ansiedlungsprojekt gegeben. Umso überraschter war George, als eine Gesetzesnovelle vom Februar 2013 erstmals in Schleswig-Holstein die Möglichkeit eröffnete, ein bereits laufendes Bauprojekt noch zu stoppen. „Nichts gegen das Gesetz an sich, aber es muss klare Grenzen dafür geben, wie lange ein Bürgerbegehren im Planungsprozess überhaupt noch zulässig ist,“ kritisiert der Möbel-Kraft-Geschäftsführer die fehlende Rechtssicherheit und behält sich mögliche juristische Schritte vor. Denn obwohl alle Gutachten und Auflagen ebenso wie Forderungen der Politik nach weniger Versiegelung erfüllt wurden, liegen weitere Planungsschritte bis zum Bürgervotum erst einmal auf Eis. Für den Investor hat dies teure Verzögerungen zur Folge. So wird, sollte Möbel Kraft bauen und frühestens im Herbst 2016 eröffnen können, das Projekt drei bis fünf Millionen Euro mehr kosten als veranschlagt. Mehr als fünf Millionen Euro hat der Investor, der 250 bis 300 Arbeitsplätze verspricht, bereits in die Realisierung gesteckt: Allein die Entschädigung der Kleingärtner kostete 2,5 bis drei Millionen Euro. Sollte der Bürgerentscheid zugunsten der Möbel Kraft-Gegner ausgehen, fällt die Fläche zwar wieder an die Stadt zurück. Kleingärten wird es dort aber nicht mehr geben. Bürgermeister Peter Todeskino hat wiederholt argumentiert, die zerstörten Lauben könnten dann kaum noch als solche genutzt werden.

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