Haushalt 2021 in Kiel: Politik plant mit 60 Millionen Euro Defizit

Zierau hatte der Selbstverwaltung einen Haushaltsentwurf mit 54,8 Millionen Euro Defizit vorgelegt. Im Finanzausschuss der Ratsversammlung sattelten die Fraktionen nun noch ein paar Millionen Euro drauf. Die Abstimmungen dort gelten als Vorentscheidungen für die Ratsversammlung am 10. Dezember. Sie befindet endgültig über den Kieler Haushalt 2021. Der SPD-Finanzpolitiker Volkhard Hanns nannte die Haushaltsanträge der Fraktionen „insgesamt maßvoll und sinnvoll“. Größter Posten ist das billigere Busfahren: Der größte Posten der Politik ist wie berichtet die Tarifsenkung im Öffentlichen Personennahverkehr. Sie schlägt 2021 mit drei Millionen Euro zu Buche. Ab Sommer 2021 soll der Einzelfahrpreis von 2,70 auf 2,40 Euro sinken. Für Schüler soll ein Monatsticket nur noch 35 statt 48,30 Euro, ein Jahresticket 360 statt 510,24 Euro kosten. Dem Antrag der Mehrheitskooperation SPD, Grüne und FDP stimmten im Finanzausschuss auch die Oppositionsfraktionen CDU und Linke zu. Die AfD enthielt sich. Die Kleinstfraktionen SSW und „Fraktion“ sind im Finanzausschuss nicht stimmberechtigt. Die CDU-Ratsfraktion wäre am ÖPNV-Vorstoß „gern beteiligt worden“, sagte ihr Finanzpolitiker Ralph Roick. Er warf der Kooperation einen unnötigen Alleingang vor. Die Tarifsenkung sei aber „ein wichtiger Punkt, um voranzukommen“ auf dem Weg zur Verkehrswende, sagte Roick. Deshalb stimme die CDU zu. Zehn neue Stellen für den Ordnungsdienst: Die CDU-Fraktion ihrerseits fand mit ihrem politisch wichtigsten Haushaltsantrag ebenfalls eine Mehrheit. Ihrem Begehren, zehn zusätzliche Planstellen für den Kommunalen Ordnungsdienst zu schaffen, stimmten auch SPD, Grüne und FDP sowie die AfD zu. Die Linke stimmte dagegen. Weil es mit der Besetzung von Planstellen in der Kieler Stadtverwaltung so eine Sache ist – die Besetzungsquote liegt nur bei 91 Prozent –, wurde für 2021 zunächst nur die Hälfte der zusätzlichen Personalkosten in Höhe von insgesamt 564 000 Euro in den Haushalt eingestellt. Der Clou ist die Refinanzierung: Mindestens die Hälfte der neuen Personalkosten soll der Kommunale Ordnungsdienst über Bußgelder selbst erwirtschaften. Frieden im Finanzausschuss: Überhaupt ging es recht friedlich zu im Finanzausschuss. Die rot-grün-gelbe Mehrheitskooperation stimmte ihre Haushaltsanträge im Gesamtwert von 4,2 Millionen Euro zwar weitgehend durch, darunter die Förderung von Kultureinrichtungen mit 400 000 Euro und des „Ostseecampus“ an der Andreas-Gayk-Schule mit 23 700 Euro sowie zwei Planstellen á 80 000 Euro für die Gründerstadt Kiel und für die Belange der Wirtschaft bei der Verkehrswende. Aber diesmal waren mal die CDU, mal die Linke mit im Boot. So fanden sich die Sanierung von vereinseigenen Sportanlagen für 200 000 Euro und die Förderung des Leistungszentrums Schwimmen mit 7500 Euro sowohl auf der Antragsliste der Kooperation wie auf der der CDU. Bei der Förderung der musikalischen Früherziehung in Gaarden mit 40 000 Euro, der psychosozialen Frauenberatung Ihriss mit 35 000 Euro und des Frauenbündnisses Kiel mit 7000 Euro war die Linke dabei. Alle fünf Fraktionen stimmten für den Probebetrieb einer Fähre vom Hauptbahnhof zur Fachhochschule (90 000 Euro) und die Förderung des Mittagstisches Manna mit 33 000 Euro. Das Programm „Bewegung und Gesundheit für Kinder in den Stadtteilen“ für 80 000 Euro sowie das Sommerferienprogramm im Sportpark Gaarden für 25 000 Euro wurden sogar einstimmig beschlossen. Auch Oppositionsanträge kamen durch: Die Kooperation ließ auch andere zum Zuge kommen. Die CDU setzte eine „Planung Ostufer“ für 80 000 Euro durch. Auf Wunsch der Linken gab der Finanzausschuss 14 000 Euro für einen städtischen Taubenschlag frei. Auf Antrag der „Fraktion“ wird das ökologische Gärtnern mit 15 000 Euro gefördert. SSW und AfD gingen leer aus. 59 neue Stellen in der Stadtverwaltung: In der Schlussabstimmung spiegelte sich Haushaltsfrieden. Einvernehmlich stimmten SPD, CDU, Grüne, Linke und FDP gegen die AfD zunächst dem Stellenplan zu. Er sieht 59 neue städtische Stellen vor, davon zwölf auf Betreiben der Politik. Die Kieler Kernverwaltung wächst auf 4689,42 Stellen. Der hohe Stellenaufwuchs der vergangenen fünf Jahre mit 700 Neu-Stellen seit 2015 ist damit gebremst. Kieler Haushalt ohne Gegenstimme beschlossen: Abschließend stimmte der Finanzausschuss dem Milliardenhaushalt mit den Stimmen von SPD, Grünen, Linken und FDP bei Enthaltung von CDU und AfD zu. Ohne Gegenstimme. Das gibt es in Kiel auch nicht jedes Jahr.