Hochschul-Prüfungen trotz Corona: Zelte auf dem Uni-Kiel-Campus möglich

"Wir müssen aufgrund der Größe der CAU in diesem Sommer insgesamt etwa 4500 Prüfungen bei aktuell 25.417 eingeschriebenen Studierenden organisieren", sagt Boris Pawlowski, Sprecher der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel. "Unter den derzeitigen Hygiene- und Abstandsregelungen können wir die meisten Räume nur mit durchschnittlich zehn Prozent der Plätze belegen." Die Konsequenz: Die Uni muss andere Räume nutzen und denkt bereits an Schulen, Mensen oder Veranstaltungszelte, so Pawlowski. Eine Zeltstadt auf dem Campus, muss denn das sein? Läuft nicht gerade das gesamte Semester virtuell? Lesen Sie auch: Corona: So geht Uni-Lehre im Fach Biologie "Digitale Prüfungsformen sind grundsätzlich möglich", räumt Pawlowski ein. Mündliche Einzelprüfungen seien auf diesem Wege bereits abgenommen worden. Doch nicht nur technische und rechtliche Herausforderungen stellen sich – sondern auch die Frage, ob das fair und im Rahmen der Studienordnung ist. "Für reine Wissensüberprüfungen ist eine Online-Prüfung ohne Aufsicht schwerer zu organisieren als für fortgeschrittene Prüfungen, in denen Studierende komplexere Aufgaben individuell bearbeiten müssen", sagt Pawlowski. Die Entscheidung liege bei Prüfenden und Fakultäten. Lehrende wissen auch nicht mehr als Studenten: In Hochschulkreisen gibt es offenbar enorm unterschiedliche Ansichten: Manche Dozenten wollen ihre Prüflinge auch online überwachen, gar den Klogang verbieten, andere weichen flexibel auf offene Prüfungsformate aus – wenn sie denn dürfen. "Je wichtiger die Prüfung für den Studienverlauf ist, desto eher soll sie vor Ort geschrieben werden", gibt ein Dozent seine Wahrnehmung wieder. Auch als Lehrende kämen sie sich oft schlecht informiert vor. An der Fachhochschule Kiel erläutert Vizepräsidentin Marita Sperga, dass "wo immer möglich" Prüfungsformate gesucht werden, für die keine Präsenz auf dem Campus erforderlich ist. Für notwendige Vor-Ort-Klausuren habe es mit den aufgeschobenen Nachholprüfungen Anfang Mai bereits eine Testphase gegeben. Die FH habe mit einem Hygienekonzept aus der Bau- und Liegenschaftsabteilung von Uwe Bothe ihren Teil zur Vorbereitung beigetragen. Der reguläre Prüfungszeitraum im Juni werde nun fächerübergreifend geplant unter Federführung von Informatik-Dekan Christoph Weber. Die FH plant aber auch, Prüfungen in CAU-Hörsälen schreiben zu lassen. Von der Studierendenseite gibt es an der FH kaum Klagen: Es gebe regelmäßige Mails zur Situation, so Katharina Petersen von der Fachschaft Wirtschaft. Das aktuelle legitime Prüfungskonzept sei eine zufriedenstellende Leistung, die nachher evaluiert werden sollte. Lina Blohme von der Agrar-Fachschaft sagt bereits: "Da der Ablauf in der letzten Klausurenphase so gut verlief, besteht aus unserer Sicht kein Bedarf, auf eine virtuelle Variante zu wechseln." Asta fordert Vertrauen in die Studierenden: An der CAU fordert der Asta, vor der Prüfungsphase den Studierenden gegenüber weniger Misstrauen zu zeigen: "Wir setzen uns dafür ein, dass die Angst vor Betrug in den Hintergrund tritt und aufgrund der außergewöhnlichen Härte dieses Semester den Studierenden möglichst viele Freiheiten gelassen werden. Open-Book-Klausuren sind hier in unseren Augen eine gute Lösung." Bei dieser Form – auch als Kofferklausur bekannt – dürfen die Geprüften alle möglichen gedruckten Hilfsmittel mitbringen. Lesen Sie auch: Das sagen Kieler Studentinnen zu Online-Lehre und Corona Die jedoch stellen eine weitere Hürde dar: Denn die Fachbibliotheken an der CAU sind weiterhin geschlossen, die große Bibliothek öffnet bisher nur eingeschränkt. Für Abschlussarbeiten ein unhaltbarer Zustand, findet ein Student: "Monate, nachdem die meisten Kneipen und Restaurants ihren Außerhausverkauf gestartet haben, hat die Uni festgestellt, dass es tatsächlich möglich sein kann, Bücher online zu bestellen." Wieso das pro Tag nur drei sein dürften und nicht einmal zehn bis 20, sei dabei ebenso rätselhaft wie die Zugangsbeschränkung: "Warum können in kleine Schuhläden in der Holstenstraße bis zu zehn Personen gleichzeitig rein, in die riesige UB-Halle aber nur ein Mensch allein?" Wann öffnen die Bibliotheken wieder? Laut Uni-Sprecher-Pawlowski arbeitet die Uni an weiteren Öffnungen: "Erste Fachbibliotheken werden in Kürze wieder nutzbar sein – leider weiter mit erheblichen Einschränkungen wegen der Abstands- und Hygieneregeln. Unser Ziel ist es, ein möglichst umfassendes Angebot rechtzeitig zu den Prüfungszeiträumen anzubieten." Bei Anmeldungen für Arbeiten habe es Beschwerden gegeben, räumt er ein. In solchen Fällen sollten sich Betroffene ans Dekanat wenden. Laut Asta sind die Dozenten generell zu Kulanz angehalten, an der FH wurden wegen der Bibliotheksschließung bereits Fristen verlängert. Das hilft jedoch dem nicht, der in seiner Arbeit nicht weiterkommt. "Es scheint, dass die Uni sich damit abgefunden hat, dass das Jahr 2020 einfach gestrichen wird." Kennen Sie schon die Post aus dem Newsroom? Den kostenfreien Newsletter der Kieler Nachrichten versenden wir Mo-Fr ab 17 Uhr. Hier können Sie sich für unser Mailing anmelden. Sie interessieren sich für Holstein Kiel? Dann melden Sie sich hier für den Newsletter " Holstein Kiel - Die Woche " kostenfrei an. Versand: jeden Freitag, 11.30 Uhr. 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Corona-Krise in Kiel - Uni-Prüfung: Zelte oder Online-Überwachung?