Holsten-Fleet Eröffnung in Kiel: Mit Schirm, Charme und Cappuccino

Welch ein Pech: Ulf Kämpfer steht im blauen Anzug auf dem Ponton des Südbeckens am Holsten-Fleet, Schleswig-Holsteins Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack neben ihm und das Wasserbecken, um das es an diesem Donnerstagnachmittag gehen soll, vor seinen Füßen – da drängt sich für einen kurzen Moment ein anderes Nass in den Vordergrund. Es fängt an zu regnen, zum ersten Mal seit Wochen, und das ausgerechnet in einem Moment, der in die Stadtgeschichte eingehen wird – am Ende allerdings mit Bildern, die Regenschirme und teils klitschnasse Haare zeigen. Das Holsten-Fleet ist offiziell eröffnet. Deutschlands älteste Fußgängerzone hat einen neuen „place to be“, wie es Daniel Hacker, Geschäftsführer des Modegeschäfts Meislahn, als Vertreter der Kieler Kaufmannschaft bezeichnet. Und Oberbürgermeister Kämpfer, der nach einem anfänglich kleinen Schauer wie die anderen seine Rede im Trockenen halten konnte, sagt: „Das Ziel war, eine neue Aufenthaltsqualität für die Innenstadt zu schaffen – und das ist gelungen.“ Holsten-Fleet: Skepsis hat sich verändert: Die Freude rund ums Südbecken ist groß, die Neugier ebenso: Rund 300 Menschen verfolgen am Holsten-Fleet die Zeremonie, darunter etwa 100 geladene Gäste. Auch Peter Bender, Leiter des Tiefbauamts und damit verantwortlich für die bauliche Umsetzung des Holsten-Fleets, schwärmt: „Das Holsten-Fleet ist noch besser geworden, als es die Pläne vermuten ließen.“ Skeptiker träfe er nur noch selten: „Infrage stellt das Projekt kaum noch jemand, aber manche fragen sich, wie es hier in drei Jahren aussieht.“ Sprich: Das nun schicke und saubere Areal könnte schnell vermüllt und abgenutzt sein. Deshalb fordert auch Meislahn-Chef Daniel Hacker ein Reinigungskonzept: „Lasst uns achtsam damit umgehen.“ Mit dem Cappuccino kam der Starkregen: Der Oberbürgermeister wiederum löst nach dem offiziellen Teil sein Versprechen ein und spendiert den Kielern 200 Cappuccini. Eigens dafür wurde ein Kaffee-Stand unmittelbar am Holsten-Fleet errichtet. Zuvor sagt er noch, er wolle „noch fünf, sechs Skeptiker beim Cappuccino überzeugen“. Doch daraus wird nicht viel: Kaum sind Ulf Kämpfer und Sabine Sütterlin-Waack mit ein paar Tabletts durch die Reihen gegangen und haben den Cappuccino in Mehrwegbechern ausgeteilt, beginnt der Starkregen. Es schüttet unaufhörlich. Viele Zuschauer flüchten unter große Schirme oder Vordächer, spannen Regenschirme auf, andere halten unbeeindruckt in der Schlange für den Kaffee aus. Die Veranstaltung löst sich wenig später auf. Anlässlich der Eröffnung des Holsten-Fleets finden am Freitag um 13 Uhr, am Sonnabend und Sonntag jeweils um 11 Uhr kostenlose Führungen in der Innenstadt statt. Vorherige Anmeldung unter www.kiel-souvenirs.de. Lob von Passanten und Altstadt-Vertretern: Wolfgang Erichsen vom Förderkreis Altstadt, der unter einem Schirm Schutz sucht, blickt trotz des Dauerregens verzückt auf das neue Bauwerk. Eigentlich, so erinnert er, hätte am kommenden Wochenende ein dreitägiges Fest für das Holsten-Fleet stattfinden sollen – doch daraus wurde wegen Corona nichts. Vom Regen lässt er sich die gute Laune nicht verderben, im Gegenteil: „Die Holstenbrücke hätte heute bei so einem Regen fürchterlich ausgesehen. Das neue Holsten-Fleet kann sich trotzdem sehen lassen.“ So sehen es auch viele Passanten. Anne Röhl war von Anfang an für den Bau des Holsten-Fleets. „Es konnte ja gar nicht schlechter werden“, sagt die Kielerin mit einem Cappuccino in der Hand. Und auch Uwe Nissen aus Lütjenburg konstatiert lobend: „Ich hätte es mir optisch eher schlechter vorgestellt.“ Während die, die dem Regen trotzen, ihren Cappuccino trinken, sprudelt am Holsten-Fleet bereits das neue Wasserspiel – an die lange Projektzeit (siehe Text unten) und die gestiegenen Kosten denkt da wohl niemand mehr. Oder wie es Norbert Aust als Wassergott Neptun formuliert: „Im Vergleich zum ewigen Wasser ist die Baustelle der letzten Jahre nur ein Wimpernschlag in der Geschichte.“ Weitere Artikel aus Kiel lesen Sie hier.