Impfzentrum Kiel: So liefen die ersten Corona-Impfungen im Schwedenkai

Ohne Aufregung, aber voller Vorfreude betritt Ursula Claassen um 9 Uhr das Impfzentrum am Schwedenkai in Kiel. Die 81-Jährige ist die erste Kielerin, der das Vakzin im neuen Impfzentrum verabreicht wird. „Mir geht es gut. Ich habe schon so viele Spritzen bekommen, das heute hat sich nicht anders angefühlt als eine Grippeimpfung“, sagt Claassen eine Viertelstunde nach dem Prozedere, das selbst nur wenige Minuten gedauert hat. Auch bei der Nachbeobachtung haben sich keine Nebenwirkungen gezeigt. Große Einschränkungen durch Corona: „Die Einschränkungen durch die Corona-Pandemie auf mein Leben sind unangenehmer als die Impfung“, begründet die 81-Jährige, warum sie sich vor dem Coronavirus hat schützen lassen. „Ich habe eine große Familie mit vier Urenkeln, die konnte ich in den letzten Monaten kaum sehen.“ Abgesehen vom Zuwinken hinter dem Fenster und einem kurzen Treffen auf einem Spielplatz hatte Claassen zuletzt keinen Kontakt. Bedenken, dass der Impfstoff des Unternehmens Biontech nicht sicher sei, hat die Seniorin nicht. „Ich habe Vertrauen in das Gesundheitssystem und in die Forschung.“ Als Impfpionierin in der Landeshauptstadt hofft sie, dass sich viele weitere Kieler das Vakzin verabreichen lassen. „Ich möchte etwas dazu beitragen, dass alle gesund bleiben.“ Ehemalige Stadtpräsidenten lassen sich impfen: Neben Ursula Claassen ließen sich auch die ehemaligen Kieler Stadtpräsidenten Rolf Johanning und Eckhard Sauerbaum impfen. Der 82-jährige Sauerbaum warb schon in den 1970er Jahren für mehr Impfbereitschaft gegen das Grippevirus. Nun macht er für den Schutz gegen Corona mobil. „Ohne eine hohe Impfbereitschaft werden wir es nicht schaffen, die Pandemie in den Griff zu bekommen.“ Allerdings mahnt er auch zur Vorsicht. Auch nach der notwendigen zweiten Impfung, die drei Wochen nach dem ersten Pieks erfolgen muss, will er seine Kontakte weiter reduzieren. Solange noch keine validen Ergebnisse vorliegen, ob er im Falle einer Infektion ansteckend ist, will er weiter zurückgezogen leben. Kämpfer hofft auf Kieler Woche: Dass das Impfzentrum in Kiel nun seinen Betrieb aufgenommen hat, ist laut Oberbürgermeister Ulf Kämpfer „ein Wendepunkt bei der Bekämpfung der Pandemie“. Er appelliert an die Bevölkerung, sich mit dem Vakzin vor dem Coronavirus zu schützen und hat ein großes Ziel vor Augen. „Ich wünsche mir sehr, dass wir im Juni 2021 auch dank der Impfung die Corona-Lage soweit beherrschen, dass wir unsere Kieler Woche in annähernd altbewährter Form wieder feiern können.“ Allerdings bitten der Oberbürgermeister und Gesundheitsminister Heiner Garg (FDP) weiter um Geduld. Denn noch hakt es beim Impfprozedere. Es wird Kritik laut, dass die Bundesregierung zu wenig Impfdosen bestellt habe, außerdem gibt es Beschwerden bei der Vergabe der Impftermine. Bereits wenige Stunden nach der Freischaltung der Terminvergabe am 29.Dezember waren alle Zeiten für die erste Impfwoche ausgebucht. Da der Andrang so hoch ist, sind die Telefone unter der bundesweiten Hotline 116 117 überlastet sind, verbringen viele Impfwillige lange Zeit in der Warteschleife, um zu erfahren, dass keine Termine mehr frei sind. Am Dienstag, 5. Januar, werden für die Woche ab dem 11. Januar neue Zeiten vergeben. Lesen Sie auch: Das müssen Sie über die Impfzentren in Schleswig-Holstein wissen „Es war zu erwarten, dass es am Anfang etwas ruckeln kann“, sagt Minister Garg. Für den FDP-Politiker ist das aber kein schlechtes Zeichen. „Ich finde es eher positiv, dass es Wartezeiten gibt, da das zeigt, dass die Impfbereitschaft hoch ist.“ Impfzentrum in Kiel: 60 Personen können sich täglich gegen Corona impfen lassen: Personell ist das Impfzentrum im Schwedenkai gut aufgestellt. Es haben sich genügend Ärzte, Sanitäter von Hilfsorganisationen - wie dem DRK oder den Johannitern - Feuerwehrkräfte und Bundeswehrsoldaten gemeldet, die bei der Durchführung helfen. „Wir können mehr impfen, wenn wir mehr Impfdosen bekommen“, sagt Björn Schröder, einer der Organisatorischen Leiter des Impfzentrums, die die Feuerwehr stellt. Aktuell können 60 Menschen pro Tag in Kiel den Coronaschutz erhalten, sieben Kabinen stehen dazu bereit. Perspektivisch gibt es 21 kleine, abgetrennte Räume, in denen der Impfstoff verabreicht werden kann. Vom Eingang bis zur Impfung: 30 Minuten dauert der Besuch im Impfzentrum: Rund 30 Minuten Zeit sollen die Patienten in dem Impfzentrum einplanen, sagt Schröder. Zunächst müssen sich die Besucher bei den Soldaten am Eingang anmelden. „Im Idealfall haben sie dabei schon alle nötigen Unterlagen ausgefüllt“, sagt der Ärztliche Leiter Dennis Kramkowski. Bei der Anmeldung über das Telefon oder online unter www.impfen-sh.de wird mitgeteilt, welche Dokumente vorgelegt werden müssen. Bevor das Vakzin verabreicht wird, erfolgt eine medizinische Aufklärung, in denen ein Arzt auf individuelle Fragen – etwa zu Vorerkrankungen – eingeht. Das Verabreichen des Vakzins dauert rund fünf Minuten, anschließend sollen die Geimpften noch für eine Viertelstunde zur Nachbeobachtung bleiben.