Irmgard Kairies aus Kiel wird 100 Jahre alt

Irmgard Kairies sitzt auf ihrem Sessel am Fenster in einer kleinen Wohnung im Awo-Servicehaus in Suchsdorf. Auf der Fensterbank und im Bücherregal stehen etliche Fotos ihrer Kinder, Enkel und Urenkelkinder. „Sieben Urenkel habe ich, drei Enkel und zwei Kinder“, berichtet sie stolz. Zu ihrem Geburtstag kann die Familie leider nicht kommen. Denn ihre Tochter wohnt mit ihrer Familie in Kanada. „Wir sprechen über das Internet miteinander“, erzählt Irmgard Kairies. „Die Technik ist ja toll heute.“ Eigentlich wollte sie im Innenhof feiern, aber ihre Gäste musste sie wegen der Corona-Pandemie wieder ausladen. „Das wird nachgeholt“, verspricht Irmgard Kairies. Skat spielen hält jung: Dass sie auch im Alter noch so fit geblieben ist, ist für die Kielerin ganz selbstverständlich. „Ich habe viel Schach gespielt, war im Skat-Club und habe immer viele Rätsel gemacht. Das hält jung.“ Im Wohnzimmerschrank stehen sogar Pokale, die sie beim Schach und beim Skat gewonnen hat. Akkordeon übte sie am Kanal: Auch hat Irmgard Kairies lange Akkordeon gespielt. „1938 habe ich ein Akkordeon von meinen Eltern geschenkt bekommen“, blickt die Kielerin zurück. Ihre Mutter wollte aber nicht, dass sie zu Hause übt. „,Das Gedudel kann ich nicht ab, hat sie gesagt“, erzählt Irmgard Kairies. Also fuhr sie mit einer Freundin zum Üben an den Kanal. Am Wasser verliebte sie sich: Dort lernte sie ihren späteren Mann Kurt Kairies kennen. „Er hörte die Musik und wollte sich zu uns setzen. Aber ich habe nein gesagt.“ Die Komplimente, dass Irmgard Kairies wunderbar spielen würde, wollte sie nicht hören. „Das stimmt nicht. Ich lerne ja erst“, hatte sie geantwortet. Trotzdem setzte sich Kurt Kairies dazu und die beiden lernten sich näher kennen. „Heiraten wollte ich ihn eigentlich nie“, gesteht sie. Trotzdem wurden sie glücklich. 1942 gebar sie mitten im Krieg ihren ersten Sohn. Kiel wurde zu dem Zeitpunkt stark bombardiert. Ihr Mann war bei der Marine in Gotenhafen stationiert. Dort war es etwas ruhiger. „Mein Mann holte uns zu sich“, erzählte sie. Lesen Sie auch: Kiel: Ingeborg Schröder wird 100 Jahre Sie überlebte nur durch Glück: Doch die Ruhe blieb nicht lange. Bei einem Bombenangriff wurde das Haus zerstört, in dem Irmgard Kairies wohnte. Alle Bewohner wurden verschüttet. Irmgard Kairies überlebte zusammen mit ihrem Sohn und einer weiteren Bewohnerin des Hauses. „Petrus wollte mich nicht haben“, sagt sie. In den Schutzkeller hatte sie feuchte Tücher mitgenommen und legte die auf das Gesicht ihres Sohnes und sich selbst. So mussten sie den Staub nicht einatmen. Nachdem sie aus den Trümmern befreit wurde, ging sie wieder zurück nach Kiel und zog auf das Gut Marutendorf bei Achterwehr. Die Wohnung bekam sie durch ihren Vater. „Er war Unternehmer und kannte viele Leute in Kiel“, erklärt sie. Irmgard Kairies arbeitete lange als Datenverarbeiterin: Als der Krieg vorbei war, bekam sie ihre Tochter und machte wenig später eine Ausbildung bei der Deutschen Werke AG als Datenverarbeiterin. Den Beruf übte sie bis zu ihrer Rente aus. „Ich habe mit allem gearbeitet. Mit Handlochern und Elektrolochern“, blickt sie zurück. Auch im Alter war sie immer noch aktiv. Sie flog zu ihrer Familie nach Kanada und machte dort eine Rundreise. Irgendwann kannte sie Kanada besser als ihre Tochter. „Ich hatte ein gutes und erlebnisreiches Leben“, erzählt die nun 100-Jährige. „Ich war immer positiv und habe bejahend gelebt.“