KN-Treffpunkt: Tomkins: Spaß mit Ratte und Worten

Er ist mittendrin, bevor es überhaupt losgeht. Beim Reden das Publikum scannen, scheinbar unverfängliche Fragen in den Raum werfen („Wie seid Ihr eigentlich hierher gekommen?“), den Blick weiter schweifen lassen, um ihn dann irgendwo zu verhaken. Zum Beispiel bei Anke aus Damp, die jetzt festgenagelt wird („Das is’ ja weit …“). Bei der schlagfertigen Besucherin, die schwimmend angelandet sein will, oder weiter hinten, wo sich einer aus Nettelsee outet. „Das ist da, wo man immer vorbeifährt – also, wenn man in die Richtung will“, sagt Benjamin Tomkins in der voll besetzten KN-Kundenhalle, die, siehe oben, schon bebt, bevor es losgeht. Für den Komiker und Puppenspieler ist praktisch alles Anknüpfungspunkt, was der Moment und die Wirklichkeit parat halten. Grundstein für Gag und Kalauer, für komische Episoden und das Absurde im Alltag. In schönster Stand-up-Manier: Das kann das ernsthafte Zwiegespräch sein mit dem eigenen Knie, das sich von jetzt auf gleich aus dem Dienst verabschiedet und einen Krankenhausaufenthalt nötig macht, der dem Klienten eine völlig neue Erfahrung von Rolle und Privatheit beschert. Oder die statistische Erhebung von 68.000 Tonnen Hundekot pro Jahr in Deutschland, die Hundebesitzer Tomkins zur Frage nach der Praxis hinter der nackten Zahl führt: „Wer zählt das eigentlich? Und wie überhaupt wiegt man das?“ In schönster Stand-up-Manier kommt der halbe Österreicher, der in Kiel aufgewachsen ist und hier auch wieder lebt, von der jugendlich bekifften Autofahrt zum Veröffentlichungsdrama seines Krimidebüts „Tote Bauern melken nicht“, vom Rasensprenger zum Granatapfel oder zum Schwiegervater und dessen Verirrungen im Fremdwortsektor: „Kann man das auch mediterran behandeln?“ Den Kalauer greift er sich halt, wo er herumliegt. Es geht aber auch subtiler: „Wir werden sehen, kommentierten die Gletscher den Klimawandel.“ Auch Kommissar Ratte war dabei: Zwischen norddeutsch lakonisch und aufgekratztem Schnellsprech entstehen Szenen, so plastisch wie aus dem Drehbuch. Und das Publikum kichert und giggelt und lacht sich dazu durch den Zwerchfell massierenden Abend, will immer noch eine Geschichte – und zum Schluss auch noch jede Menge Selfies mit und ohne Ratte. Ratte, oder besser: Kommissar Ratte ist der Held in Tomkins‘ 2019 erschienenem Landkrimi, in dem zwei Spielzeugmotorräder, ein Trupp Möwen und der Don für filmreife Action sorgen. Tatsächlich taucht Kommissar Ratte irgendwann auf – ein bisschen zögerlich, flauschig und ruppig und so schön wortklaubend wie sein Erfinder. Aber der kann eigentlich auch ohne Puppe. Getragen vom Furor des eigenen Auftritts fliegt er durch seine Geschichten. „Ich kann gar nicht so gut lesen“, wischt er den Rest beiseite, was natürlich nicht stimmt. Oder doch? „Deshalb rede ich lieber.“ Mit seiner Puppencomedy „Hörst Du Dir beim Reden zu“ ist Benjamin Tomkins am 5. April, 19.30 Uhr, im Metro-Kino. Kartentelefon: 0431/2207890 und 0431/91416. Weitere Nachrichten aus Kiel finden Sie hier.

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