Kahlschlag im Schutzgebiet in Kiel: Doppelter Schaden im Möbel-Höffner-Skandal

Fünf Tage nach Bekanntwerden des unrechtmäßigen Kahlschlags auf dem Möbel-Höffner-Gelände hat ein externes Umweltbüro das Areal neu kartiert. Aus der Kartierung geht der ökologische Verlust hervor. Das berichtet der Leiter des städtischen Umweltschutzamts, Andreas von der Heydt. Auftraggeber der Neukartierung sei der Höffner-Konzern Krieger. Ein weiteres Fachbüro werte die Kartierung jetzt aus. Das daraus entstehende Schadensgutachten „möchten wir natürlich so schnell wie möglich haben“, so von der Heydt. Auftraggeber der Auswertung sei ebenfalls Möbel Höffner. Das sei nicht ungewöhnlich, versichert der Amtsleiter. Das Gutachten müsse ohnehin von seiner Behörde abgenommen werden. Lebensraum für bedrohte Tierarten ist zerstört: Bei den Bauarbeiten auf dem früheren Kleingartengelände Prüner Schlag im Dreieck zwischen A 215, Westring und Hasseldieksdammer Weg waren wie berichtet im Oktober und November 2020 weite Teile jener 6,3 Hektar großen Fläche kahlgeschlagen und plattgemacht worden, die als ökologischer Ausgleich für die Flächenversiegelung im Baugebiet des Möbelhauses naturbelassen bleiben sollten. Es handelt sich um Baumkronen, Nadelhölzer, Buschwerk und Kleingewässer. Sie waren als Lebensraum für jene Tiere vorgesehen, die vom versiegelten Bauland weichen müssen. Darunter sind bedrohte Tierarten. Außerdem hat der Raupenbagger tiefe Furchen hinterlassen. Die Kartierung müsse jetzt ergeben, „was überhaupt noch übrig ist“, so von der Heydt. Er wiederholt: „Ein Desaster.“ Grüner: Höffner benimmt sich wie die Axt im Walde: Das sieht auch der Kieler Landtagsabgeordnete Lasse Petersdotter (Grüne) so. „Höffner benimmt sich buchstäblich wie die Axt im Walde“, sagt er. Der Konzern lasse jede Verantwortung vermissen. Die Möbelfirma lege offensichtlich gar keinen Wert darauf, in Kiel gut anzukommen. Petersdotter: „Wir kommen der Situation immer näher, über Alternativen nachzudenken.“ Bauverwaltung: Wer wusste wann was? Unterdessen ist die Kommunikation in der Verwaltung weiter ungeklärt. Am 6. November, einem Freitag, sei einem Mitarbeiter des Planungsamtes der Kahlschlag aufgefallen, berichtet von der Heydt. Nach dem Wochenende habe der Mitarbeiter am Montag, 9. November, per E-Mail die Untere Naturschutzbehörde (UNB) im Umweltschutzamt informiert. Die UNB habe am Mittwoch, 11. November, einen Ortstermin gemacht und tags darauf ihn, den Amtsleiter, unterrichtet. Er habe am selben Tag, also am 12. November, das Referat der Dezernentin informiert, versichert von der Heydt. Das ist Stadtbaurätin Doris Grondke. Ob und wann deren Referenten Martina Baum und Tillmann Voigt ihre Chefin eingeweiht hätten, könne er naturgemäß nicht sagen, so von der Heydt. Er erstelle gerade eine „Zeitleiste“. Lesen Sie auch: Möbel Höffner hat zu viel abgeholzt Immer Ärger mit Höffner Stadt spricht von einem Desaster Irritationen um Rodungen immer größer Grondke will erst am 25. November „im Kontakt mit dem Amt 18“ von dem Umweltfrevel erfahren haben. Das ist das Umweltschutzamt. Wenn das zutrifft, wäre sie zwischen dem 12. und dem 25. November 13 Tage lang im Unklaren gelassen worden. Dazu Grondke: „Ich lasse gerade intern klären, warum die Informationen mich erst so spät erreicht haben.“ Am 26. November habe sie ihrerseits in einer Routinesitzung die bau- und die umweltpolitischen Sprecher der Ratsfraktionen informiert, sagt Grondke. Die können sich indes nicht erinnern, dass ihnen die Dramatik der Situation klargemacht worden sei. Stadtbaurätin Doris Grondke sagte kein einziges Wort: Klar ist dagegen, dass Grondke in den Sitzungen des Bauausschusses am 4. Dezember und am 7. Januar, in der Sitzung des Umweltausschusses am 8. Dezember sowie in den Ratsversammlungen am 10. Dezember und am 21. Januar kein Wort über den Umweltfrevel verlor, obwohl sie Gelegenheit dazu gehabt hätte: In den Ausschusssitzungen steht stets der „Bericht der Dezernentin“ am Anfang der Tagesordnung. Der Öko-Skandal kam indes erst vergangene Woche nach Medienrecherchen ans Licht.