Snooker: Die Gentlemen am Queue

Manchmal hilft der Zufall, damit beim „Tag des Sports“ das Programm so vielfältig wird wie gewohnt. Eine logistische Meisterleistung ist nötig, gepaart mit einer glücklichen Fügung, von der nun die Sportart „Snooker“ profitiert. Nahe dem Citti-Park in Kiel ist der Vereinssitz: Der Kieler Snookerclub „Seven Clearance“ hatte gerade einen der 1,5 Tonnen schweren Spieltische in seine Einzelteile zerlegt, sodass er transportiert werden kann. Und just zum 1. September ist ein Fachmann hier im hohen Norden, der Billard- und Snookertische neu mit Tuch bespannt. So kommt es, dass am Sonntag jedermann kostenlos das „Snookern“ testen kann. Aber Vorsicht: Die Gefahr, süchtig zu werden, ist groß. Ausführliche Informationen zum Tag des Sports finden Sie hier auf KN-online. In einem kleinen Hinterhaus in der Straße Stadtrade nah am Citti-Park hat der Snookerclub „Seven Clearance“ sein Zuhause. Es geht vorbei an einer Praxis für Musiktherapie und einem Lastenfahrstuhl die Treppe hoch. Alles wirkt klein und verwinkelt. Doch dann öffnet sich die Tür zum Snooker-Reich, und das Spielerherz hüpft vor Glück. In einem riesigen Raum stehen vier Snookertische. An den Wänden zeigen Bildschirme die aktuellen Spiel-Partien an. In den Regalen stehen glänzende Pokale. Hier werden Sieger gemacht. Zwei davon sind gerade in ein Spiel vertieft: Michael Drews (54), norddeutscher Vizemeister der Senioren, verweist den amtierenden norddeutschen Meister dieser Altersklasse, Jörg Petersen (52), in seine Schranken. Derzeitiger Stand: 4:0. Aber das kann sich schnell ändern. Bei Snooker fasziniert die Taktik des Spiels: Erst einmal legen sie ihre Queues zur Seite und nehmen sich Zeit zum Plaudern. Sie schwärmen von der Taktik des Spiels, von der absoluten Konzentration, von der inneren Ruhe. „Das hier ist mein perfekter Ausgleich. So bekomme ich den Kopf frei“, sagt Michael Drews, der als Familienhelfer arbeitet. So könne er die Krisen vergessen, von denen er in seinem beruflichen Alltag hört. Er ist so fasziniert von dem Sport, dass er einst sogar seinen Neubau um einen Snookertisch konzipiert hat. Die meisten Snooker-Spieler sind über Pool-Billard zum Sport gekommen. „Seit 2003 hab‘ ich aktiv Pool-Billard auf Sylt gespielt“, erzählt Jörg Petersen. Ein Kumpel schnackte den Bundesbeamten dann irgendwann zum „Snookern“ mit. „Ich dachte, das ist kein Problem. Tisch und Kugeln kennste. Aber dann stand da dieser riesige Monstertisch, und ich dachte nur: Mein lieber Scholli. Das hier ist ’ne ganz andere Nummer.“ Aber er war so fasziniert, dass er blieb. Ziel ist es, den weißen Spielball so abzulegen, dass der Gegner keine Chance hat: Gespielt wird mit einem weißen Spielball, 15 roten und sechs bunten Bällen. „Zur Taktik des Spiels gehört es, den weißen Spielball so abzulegen, dass der Gegner keine Chance hat“, sagt Michael Drews. Dann spricht man vom „Snookern“, was aus dem Englischen kommt und „behindern“ heißt. Die meisten Fans gibt es in Großbritannien: Gespielt wird Snooker auf einem Zwölf-Fuß-Tisch (Spielfläche: 3556x1778 mm), der als Profivariante gut und gerne 20 000 Euro kostet. Der Tisch gleicht einem Billardtisch, ist nur viel größer. Die sechs Taschen und Spielbälle sind gegenüber dem Billard kleiner. Gespielt wird mit 15 roten (je 1 Punkt) und sechs farbigen Bällen (2-7 Punkte) sowie dem weißen Spielball. Snooker ist ein Ansage- und Punktespiel, bei dem es gilt, abwechselnd einen roten Ball und einen der farbigen Bälle zu versenken. Der Sport ist vor allem in Großbritannien extrem beliebt, wo es rund sechs Millionen organisierte Spieler gibt. Seit 1927 gibt es „Snooker“-Weltmeisterschaften. Loris Lehmann ist norddeutscher Meister der Herren: Gerade kommt Loris Lehmann in den Raum. Als Zwölfjähriger stieß der Altenholzer zum Kieler Snookerclub. Inzwischen ist er 19 und der aufsteigende Star des Vereins. Er ist norddeutscher Meister der Herren, spielt bei Europa- und Weltmeisterschaften mit. Zweimal trat er schon in China an. „Es ist herrlich, ihm beim Spielen zuzusehen“, sagt Kay Wulff (57), der Präsident des Vereins. Die anderen nicken und schwärmen von seinem Trainingsfleiß, von seiner Präzision. Loris, der gerade ein Freiwilliges Soziales Jahr auf dem Hof Kubitzberg in Altenholz macht, schaut ein wenig verlegen. So ganz recht ist ihm der Hype um seine Person nicht. Da greift er doch lieber zum Queue und spielt. Auch wenn heute nur Männer trainieren. Frauen gibt es auch ab und zu. „Bei uns spielte sogar mal eine Weltklasse-Billardspielerin“, erzählt Kay Wulff, der als Software-Entwickler arbeitet. Nur leider zog sie irgendwann aus Kiel weg. 20 Mitglieder aller Nationalitäten hat der Kieler Verein. 2001 wurde er gegründet. Gespielt wird, wann immer man Lust hat. „Wir alle haben einen Schlüssel und können jederzeit in den Raum“, sagt der Chef. Was Bügeleisen und Tischheizung bei "Snooker" zu suchen haben: Dann erzählen die Männer vom köstlichen Essen, das Clubmitglied Charly aus China manchmal zu Hause vorkocht und hinten in der kleinen Küche für alle aufwärmt. Sie berichten vom Tuch der Snookertische, das nach dem Spiel mit einem speziellen acht Kilogramm schweren Bügeleisen wieder die perfekte Glätte bekommt. Sie erzählen von der Tischheizung, die dafür sorgt, dass die Luftfeuchtigkeit sich nicht im Tuch festsetzt und so die Bälle schneller rollen und mehr Grip haben. Ganz zum Schluss berichten sie vom Stolz und der Ehre eines Snooker-Spielers. Foulen, mogeln oder betrügen gibt es nicht. „Snooker ist eben ein echter Gentlemen’s Sport“, sagt Kay Wulff und greift zum Queue. Ach, was auch noch wichtig ist, ist Ruhe. Damit sich die Männer weiterhin gut konzentrieren können, verlassen wir mal lieber wieder leise den Raum. Beim „ Tag des Sports “, 1. September, präsentiert sich der Club im Haus des Sports im Winterbeker Weg. Mehr über „Seven Clearance“: www.snookerclub-kiel.de Mehr Nachrichten aus Kiel lesen Sie hier.

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