Kiel: Diese jungen Kielerinnen und Kieler bewegen die Stadt im Jahr 2021

Mehr Beteiligung von jungen Menschen, digitale Ausstellungen und innovative Start-ups. Das sind die Projekte dieser jungen Kielerinnen und Kieler. Sie könnten 2021 wieder zu einem Jahr machen, auf das man sich freut. Board Lab: Für sie bedeuten Bretter die Welt: Jannek Grocholl (31), Wolfgang Albrecht (30) und Julius Gedamke (22) sind drei Freunde, für die Surfbretter, Kite- und Stand-Up-Paddling-Boards die Welt bedeuten. Und während sie bisher "nur" Workshops zum Selberbauen besagter Bretter angeboten haben, wollen sie in diesem Jahr mit der Fertigung und dem Verkauf nachhaltigen Boards durchstarten. "Unser Ziel ist es, Bretter zu bauen, die am Ende ihrer Lebenszeit komplett kompostierbar sind", sagt Jannek. Im Gegensatz zur Konkurrenz, die mit ihrem Materialmix aus verschiedenen Kunststoffen nur schwer zu recyceln seien. Dazu ist ein Umzug in diesem Frühjahr aus dem Kieler Eichkamp auf einen Gewerbehof bei Stohl geplant. Dort sollen die umweltfreundlichen Boards in Sichtweite des Meeres entstehen und das dafür benötigte Paulownia-Holz in unmittelbarer Umgebung angebaut werden. "Das Holz hat coole Skills", sagt der Gründer. Es sei leicht, salzwasserresistent und trotzdem stabil. Nebenbei wachse der Baum schnell und binde viel Kohlenstoffdioxid. Ideal für eine umweltfreundliche Kreislaufwirtschaft, wie sie sich die jungen Unternehmer wünschen. Emma Louisa Döhler: Für mehr Jugendbeteiligung in Schleswig-Holstein: "Seit Corona wird viel über uns gesprochen", sagt Emma Louisa Döhler. "Gefragt werden wir jedoch nur selten." Die 19-Jährige ist ehrenamtliche Vorsitzende des Jungen Rates, der die Interessen der Kinder und Jugendlichen gegenüber der Stadt vertritt. Doch während die Mitwirkung in Kiel gut laufe, gebe es auf Landesebene noch Verbesserungsbedarf. Sie kann sich deswegen vorstellen, selbst parteipolitisch aktiv zu werden. "Denn der Altersdurchschnitt in der Politik ist viel zu hoch", sagt Emma. Während ihres Freiwilligen Sozialen Jahres kümmert sie sich gerade in der Lilli-Nielsen-Schule in Mettenhof um Menschen mit Behinderung. Danach will sie Sonderpädagogik in Flensburg oder Hamburg studieren. "In Kiel geht das leider nicht." Bevor ihre Amtszeit im Herbst abläuft, hat Emma jedoch noch ein Herzensprojekt mit dem Jungen Rat: "Wir wollen uns für einen barrierefreien Spielplatz einsetzen", sagt sie. Dazu brauche es Geräte, die zum Beispiel auch mit Rollstuhl nutzbar seien. Gebaut werden könnte er an der Hörn , wo auf Initiative der jungen Leute im vergangenen Jahr bereits der „Platz der Kinderrechte“ entstanden ist. Ein vielversprechender Anfang. White Title Studio: Wo Kiel großgeschrieben wird: "Als ich mit dem Studium an der Muthesius-Kunsthochschule fertig war, wollte ich in Kiel bleiben", sagt Celina Golz. Eine gute Wahl sei das gewesen, ist sie auch drei Jahre nach Gründung ihres Grafikdesign-Studios überzeugt. Sie hatte sich entschieden, sich mit Kommilitonin Talea Büscher selbstständig zu machen und nicht nach Hamburg oder Berlin zu gehen. "Denn der Markt dort ist total gesättigt." Als Typografinnen arbeiten die 29 und 28 Jahre alten Kielerinnen heute an der Schnittstelle zwischen Kunst und Design, haben Auftraggeber aus der Kultur, mit denen sie gemeinsam Ausstellungen gestalten, aber auch Kunden aus der Wirtschaft. "Für Unternehmen gestalten wir zum Beispiel Logos und Homepages", sagt Celina. Groß Sorgen machen wegen Corona müssen sich die Künstlerinnen offenbar nicht: "Stipendien und Fördergelder für Künstler gibt es weiter. Ausstellungen finden digital statt und dazu kommen die Aufträge aus der Privatwirtschaft", sagt sie. Auch wenn der persönliche Kontakt fehle, der Austausch der Kunstwelt gehe über Plattformen wie Instagram weiter. "Bei uns stehen die Zeichen auf Wachstum". Georg Mentz: Der Gründer im Neoprenanzug: Egal ob Sauna to go, klassischer Kanu-Verleih oder der Aufbau einer Internetplattform zum Verleih von Wassersport-Equipment: Georg Mentz, der eigentlich Theologie an der Christian-Albrechts-Universität studiert, legt seine Priorität im Moment klar auf die Existenzgründung. Neben seiner Plattform "Oceanshare", einer Art Airbnb für Surfbretter, hat der 25-jährige Wassersport-Enthusiast nun auch noch einen Kanu-Verleih an der Schlei übernommen. Doch nicht, ohne das Angebot zu erweitern: um eine mobile Sauna. "Das ist mein Winter-Geschäft", sagt Georg. Familien oder Mitglieder eines Haushalts könnten so an ihrem Lieblingsplatz am Wasser oder auch im eigenen Garten ein Dampfbad nehmen. Für den Sommer 2021 hat er sich vorgenommen, mit "Oceanshare" durchzustarten. „Die Website funktioniert, nun will ich mit dem Marketing beginnen“, sagt er. Bei der Ansprache möglicher Geschäftspartner für die Plattform war ihm der Kanu-Verleih angeboten worden. Doch damit nicht genug: Der Mehrfach-Unternehmer hat bereits eine weitere Idee: Er will Wassersport-Equipment per Smartphone aus festen Stationen an der Küste heraus verleihbar machen. So einfach wie Carsharing. Storyyeller: Ein tiefgründiges Videospiel aus Kiel: Sie entwickeln ein Videospiel, das zum Nachdenken über moralische Zwickmühlen anregen soll: Karolin Kraut (33), Marc Glasze (32) und Johannes Wolf (23) haben 2019 das Start-up Storyyeller gegründet und arbeiten an ihrem ersten großen Titel: „Clockworld – Aroll’s Legacy“. "Der Spieler kann immer wieder zwischen verschiedenen Dialogoptionen wählen und beeinflusst damit den Verlauf und Ausgang der Geschichte", sagt Karolin Kraut, die insbesondere für das Storytelling des Spiels zuständig ist. Der Spieler müsse viele Entscheidungen treffen, was nicht immer einfach sei. "Unser Spiel stellt auch philosophische und psychologische Hürden auf", so Kraut. Lesen Sie auch: Karolin Kraut erzählt im Interview mehr über ihr Videospiel Storyyeller ist aktuell Teil der Computer-Spieleförderung des Bundes und wird damit für elf Monate finanziert. Die Entwicklung des Spiels befindet sich bereits in der Endphase – die Arbeit wird dadurch aber eher mehr: "In der Computerspielentwicklung sind die letzten 20 Prozent nochmal die ersten 80 Prozent vom Aufwand her", sagt Kraut. Wenn alles nach Plan verläuft, soll das Videospiel noch Ende 2021 auf der Computerspiel-Plattform Steam veröffentlicht werden. East Side Lights: Das Ostufer soll leuchten : "Das Ostufer hat noch so viel unerschlossenes Potenzial", sagt Shoshanna Dorany (29), Mitglied von East Dide Lights. Sieben Mitglieder haben den Kulturverein kürzlich gegründet und wollen den Stadtteil Neumühlen-Dietrichsdorf mit Lichtinstallationen in Szene setzen. Geplant ist ein dreitägiges Lichtfestival auf dem Campus der Fachhochschule Kiel (FH) im September. "Das ist die große Vision im Moment", sagt Gründungsmitglied Carolin Boeck (27). Und: "Lichtinstallationen bieten sich auch an, wenn Abstand geboten ist." Mehrere Kieler Künstler und ein Künstler aus Berlin haben bereits zugesagt. Die Vereinsmitglieder haben aber auch kleinere Visionen. Sie wollen die Schaufenster von Geschäften, die gerade leer stehen oder geschlossen bleiben müssen, mit Installationen – sogenannten 3D-Mappings – beleuchten. So soll Räumen Sinn und Leben gegeben werden, sagt Boeck. Die Botschaft: "Da ist immer noch etwas los." Der Verein habe auch Anfragen von der anderen Seite der Förde bekommen. "Installationen auf dem Westufer sind ebenfalls denkbar", sagt Dorany. Zuerst wollen sie aber das Ostufer zum Leuchten bringen. Von Marc R. Hofmann, Johanna Lehn und Jonas Bickel