Kieler Hansekogge: Hoffnung nach zwei Jahren in schwerer See

Zum 30. Mal jährt sich in wenigen Monaten die Kiellegung des Nachbaus der Hansekogge, deren aus dem Jahr 1380 stammendes Original im Deutschen Schifffahrtsmuseum in Bremerhaven zu sehen ist. Die Replik mag verglichen damit geradezu taufrisch erscheinen, doch das trügt. Auch wenn die Kieler Kogge in fünfjähriger ebenso mühe- wie liebevoller Arbeit verblüffend konsequent nach ihrem historischen Vorbild konstruiert worden ist und über einen robusten Korpus aus Eiche verfügt, setzten ihr die meist völlig natürlichen Umwelteinflüsse unentwegt zu. Durch Temperaturschwankungen und Regen bilden sich Risse und Ritzen im Holz. Werden die nicht sorgsam im Auge behalten, entstehen über kurz oder lang wahre Schädlingsbiotope. „Da ist ganz schlecht ranzukommen“, sagt Vereinsvorsitzender Reinhard Ziermann. 2019 brachte ein größerer Maschinenschaden viel durcheinander: An exponierten Stellen des Schiffes ist es hingegen mit filigranem Zutun nicht mehr getan. Ein ganzes Stück Holz musste am Bug komplett ersetzt werden, um weitere Schäden und Gefahr für die Crew zu vermeiden. Muscheln und andere Lebewesen setzen sich mit jedem Tag in größerer Zahl daran fest und müssen regelmäßig entfernt werden. „Diesmal ist es besonders schlimm, weil die Kogge schon zwei Jahre nicht mehr aus dem Wasser gekommen ist“, erzählt Reinhard Ziermann. Womit er zugleich die gravierenden Sorgen der ehrenamtlich tätigen Kogge-Besatzung anspricht. 2019 brachte ein größerer Maschinenschaden viel durcheinander und vereitelte die übliche Frühjahrskur auf der Werft. Corona trieb die Kogge fast in den Untergang. „Wir stoppten radikal alle Ausgaben, die nicht unbedingt nötig waren, beschreibt Ziermann die Gegenstrategie, die gerade mal so funktionierte, weil zusätzlich finanzielle Soforthilfe vom Bund und von der Stiftung der Förde Sparkasse kam. Geld nimmt die Hansekogge immer dann ein, wenn Menschen auf ihr zusammenkommen. Allein die Fahrten auf der Kieler Woche füllen üblicherweise 40 Prozent des Jahresetats, Freizeitangebote wie das After-Work-Sailing bringen ebenfalls so manchen Euro ein. Auch Veranstaltungen wie die Sprotten- und Piratentage in Eckernförde tragen zum teuren Unterhalt für das Schiff bei. Weil all das 2020 gar nicht oder nur stark eingeschränkt war, wurde es finanziell entsprechend eng. Verbucht werden konnten nur etwa ein Drittel der üblichen Einnahmen, schätzt der Vorsitzende. Das Vereinsleben kommt zu kurz: Das Geld ist es aber nicht allein. „Natürlich leidet das Vereinsleben, wenn man nichts machen kann“, erzählt Reinhard Kummer, der in den vergangenen Tagen zur fleißigen Truppe auf der Werft gehörte. 30 bis 40 Frauen und Männer bilden gewöhnlich das Rückgrat des Vereins, wie viele es nach der Krise noch sein werden, muss sich erst noch zeigen. Gerade unter diesem Aspekt steht der Kogge-Verein vor der vielleicht wichtigsten Saison seiner Geschichte. Nachdem das Schiff spätestens am Mittwoch wieder an seinem Liegeplatz beim Kieler Schifffahrtsmuseum sein wird, hofft die Crew darauf, dass das traditionell für den 1. Mai vorgesehene Ansegeln planmäßig stattfinden kann. Wirklich wichtig ist dann, ob und in welchem Ausmaß mit Gästen gefahren werden darf. Immer wieder montags das After-Work-Sailing sowie Highlights wie die Rostocker Hanse Sail, die sonst gern in einen mehrwöchigen Sommertörn eingebaut wird, bilden neben den Veranstaltungen in der näheren Umgebung emotional wie finanziell das Gerüst der Hansekogge und aller, die sich für sie einsetzen. Lesen Sie, wie die Bürgerstiftung ein neues Segel finanzierte. Fast schon nebensächlich ist angesichts solcher Sorgen der Ärger um die neue Sicherheitsverordnung für Traditionsschiffe. Zwar rückte das Bundesverkehrsministerium nach vielerlei Protesten nur geringfügig von den Vorgaben des Regelwerks ab, dafür dürfen Traditionssegler wie die Kieler Hansekogge aber mit Fördermitteln von bis zu 90 Prozent der wahrscheinlich fünfstelligen Ausgaben für die erforderliche Nachrüstung rechnen.