Kieler Rathaus-Kooperation: Die Ampel hat Halbzeit

Die drei Partner der Kieler Rathaus-Kooperation haben eine positive, aber auch schonungslose Halbzeitbilanz ihrer Zusammenarbeit in dieser Legislaturperiode gezogen. „Wir haben die ersten zweieinhalb Jahre gut genutzt, um Kiel ein gutes Stück sozialer, nachhaltiger, innovativer und weltoffener zu gestalten“, formulierten die Fraktionsvorsitzenden Gesa Langfeldt (SPD), Jessica Kordouni und Anke Oetken (Grüne) sowie Ingmar Soll (FDP). „In nahezu allen Politikfeldern haben wir uns an die Umsetzung des Kooperationsvertrages gemacht“, versicherten die vier. Die lange Liste der Kieler Kooperation: „Nicht ohne Stolz“ legten die Fraktionsspitzen eine Liste von 37 Beschlüssen und Vorhaben vor, die die Kooperation in Angriff genommen und zum Teil abgeschlossen habe. Sie hoben die Weichenstellung für ein modernes ÖPNV-System sowie Fahrpreissenkungen und verbesserte Angebote im ÖPNV hervor, aber auch die Förderung von Start-ups und Kreativzentren, die Gründung der kommunalen Wohnungsgesellschaft und eine Stärkung des Meeresschutzes. Lesen Sie auch: Als die Ampel-Koalition beschlossen wurden Über allem stehe sowieso der Höchststand an sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätzen in Kiel, betonte die Sozialdemokratin Langfeldt. Etwas überraschend rechnet die Kooperation sich auch Oppositionsprojekte wie den Kommunalen Ordnungsdienst und Tariflöhne in städtischen Gesellschaften sowie Verwaltungshandeln wie den Haushaltsüberschuss 20219 und den Gewinn des Nach haltig keits preises zu. Alle drei räumen Reibungen ein: Langfeldt, Kordouni und Soll erinnerten daran: „Unsere Zusammenarbeit muss auch Herausforderungen wie zum Beispiel der Corona-Pandemie trotzen.“ Nicht nur das. Freimütig räumten die Fraktionschefs Reibungen in der Zusammenarbeit ein. Dass „auch mal intensiver gerungen wurde“, sei keine Überraschung: „Drei Partnerinnen mit 33 Ratsleuten hinter einem Beschluss zu versammeln, ist manchmal aufwändiger als die Abstimmung in einer Zwei-Personen-Fraktion.“ Als Erklärung führen sie an: „Die Konflikte der Stadtgesellschaft und ihre Diskussionen spiegeln sich natürlich auch bei SPD, Grünen und FDP wider.“ Fortbestand ist unsicher: Auffällig: Die Partner mochten nicht die Hand dafür ins Feuer legen, dass ihr Bündnis bis zum Ende der Wahlperiode 2023 Bestand haben wird. Sie sind da zur Halbzeit unentschieden. „Das kommt auf die Kompromissfähigkeit aller drei Partner an“, sagte Langfeldt, offenbar ohne sich dieser Kompromissfähigkeit gewiss zu sein. Kordouni ließ tief blicken: „Ich bin ja Optimistin“, sagte sie, „aber manchmal muss man auch Realistin sein.“ Sie würde sich freuen, sagte sie, „wenn wir uns nicht an Themen wie der Verkehrswende zerfleddern.“ Die grüne Co-Fraktionschefin Anke Oetken räumte emotionale Gedanken daran ein, dass Rot-Grün ohne FDP immer noch eine Einstimmenmehrheit im Rat hat. Aber rational habe keiner diesen Gedanken ernsthaft verfolgt. Soll beeilte sich zu betonen, dass die Kooperation auf fünf Jahre angelegt sei. Konflikte lägen in der Natur der Sache: „Wenn wir immer einer Meinung wären, bräuchten wir nicht drei Parteien zu sein.“ Ampel war eine Überraschung: Langfeldt nannte die Ampel-Kooperation „ein Bündnis, mit dem niemand gerechnet hat“. Tatsächlich war sie nach der Kommunalwahl 2018 eine Überraschung gewesen. In der vorangegangenen Wahlperiode hatte es noch ein Bündnis aus SPD, Grünen und SSW gegeben. Von einer Neuauflage der Ampel nach der Wahl 2023 will noch keiner etwas wissen. Soll sprach für alle, als er sagte: „Es ist viel zu früh, solche Fragen zu stellen.“