Kieler Schulen haben Sanierungsbedarf von 600 Millionen Euro

„Der Abbau des über Jahrzehnte aufgelaufenen Sanierungsstaus ist ein Kraftakt“, sagte Kiels Oberbürgermeister Ulf Kämpfer, der das 37-Seiten-Papier am Freitag gemeinsam mit Baudezernentin Doris Grondke vorgestellt hat. Es genügen ein paar Zahlen, um das Ausmaß der Aufgabe zu erfassen: Der Sanierungsbedarf an Kieler Schulen beträgt nach Angaben der Stadt inzwischen 600 Millionen Euro brutto. Rund 60 Prozent der Summe betreffen dabei Schulen, an denen unmittelbarer Handlungsbedarf besteht, weil beispielsweise eine komplette Sanierung der Gebäude oder der technischen Anlagen nötig ist – das gilt bereits für 130 der 424 Gebäude. Dazu zählen unter anderem die Friedrich-Junge-Schule mit dem Standort Schreventeich und zwei Gebäude der Max-Planck-Schule, wo die Sanierung schon begonnen beziehungsweise eingeleitet wurde. In manchen Fällen ist vermutlich nur noch ein kompletter Neubau denkbar. Neue Steuerungsgruppe "Schulbau" soll in Kiel erstmals im Februar tagen: Das Problem: Das Sanierungstempo insgesamt ist bislang viel zu gering. Lagen die Ausgaben für den Schulbau im Jahr 2016 bei lediglich vier Millionen Euro im Jahr, wurden sie zuletzt auf 13,1 Millionen Euro im Jahr 2020 gesteigert. „Wir dürfen keine Zeit mehr verlieren“, sagte Grondke. Bereits in der Ratsversammlung am Donnerstag hatte sie angekündigt, eine Steuerungsgruppe „Schulbau“ einzurichten, für die sie sich einen fraktionsübergreifenden Konsens erhofft. Das erste Treffen ist für den 24. Februar angesetzt. Die Baudezernentin erwartet grundsätzlich keinen Widerstand aus der Kommunalpolitik. „Die Selbstverwaltung hat darauf gewartet.“ Vorgesehen ist es zudem, die sogenannten Vergabeschwellen zu erhöhen, um das Bautempo aufrechtzuerhalten. Kämpfer schlägt vor, sich an einer Stadt wie Norderstedt zu orientieren, wo die Oberbürgermeisterin Vergabeentscheidungen bis zu einer Höhe von einer Million Euro ohne Zustimmung der Selbstverwaltung treffen darf. Bislang liegt die Grenze in Kiel bei 500.000 Euro. Lesen Sie auch: An diesen Kieler Schulen wird gebaut Zu dem Konzept gehört eine grundsätzliche Neuorganisation der städtischen Immobilienwirtschaft. Dabei orientiert sich Kiel ausdrücklich an Strukturen, die sich in Hamburg bewährt haben. So soll sich der Bereich „Bildungsbau“ künftig auf die Projektleitung konzentrieren und die Projektsteuerung an private Firmen vergeben werden. Intern soll das Projektmanagement ausgebaut werden. Wie in der Hansestadt will Kiel die Zahl der Hausmeister erhöhen und möglichst in Doppelbesetzung an den Schulen präsent sein. „Wir haben bislang viel zu wenig Hausmeister vor Ort“, sagte Grondke. Lesen Sie auch: So will Ulf Kämpfer die Schulen fit machen In dem Grundsatzpapier wird deutlich, warum sich Kiel mit der Digitalisierung der Schulen bislang so schwertut. An vielen Schulen muss zunächst die Stromversorgung umfassend verbessert werden, heißt es in dem Konzept. Bis Ende 2024 verspricht die Stadt, an allen Schulen eine WLAN-Versorgung zu ermöglichen. Gleichzeitig heißt es: „An wenigen einzelnen Schulen kann es dazu kommen, dass die vollständige kabelgebundene LAN-Ausstattung mit allen Ausstattungsmerkmalen der Verkabelungsrichtlinie aufgrund des technischen Zustandes der Stromversorgungsnetze erst zu einem späteren Zeitpunkt erfolgt sein wird.“ Trotz der gigantischen Kosten, die für die Sanierungsarbeiten anfallen werden, macht Ulf Kämpfer ein anderes Problem noch mehr Sorgen: „Die größte Herausforderung wird sein, Personal und Firmen zu finden, die uns die Schlagzahl bringen, um den Sanierungsstau anzugehen.“