Kiellinie-Nord: Das sagen Bürger zu den Autofrei-Plänen in Kiel

So hatte der Vorschlag von Oberbürgermeister Ulf Kämpfer (SPD) im KN-Interview die Wogen merkbar geglättet: Der Verwaltungschef hatte angeregt, den Planungswettbewerb nun auch um ein Ergebnis mit Autoverkehr zu ergänzen. Erst danach müsste also die endgültige Entscheidung fallen. Das bietet mehr Zeit für Diskussionen und Datenerhebungen. Aber: Die Frage "autofrei oder nicht" wird erneut aufkommen. Lesen Sie auch: "Wir lassen auch eine Autovariante prüfen" Mit der Debatte machte das am Mittwoch etwas Seltsames: Zwar meldeten sich weiterhin Gegner wie Befürworter der autofreien Kiellinie zu Wort. Doch es lief nicht mehr ganz so verbissen ab, weil ja nichts sofort entschieden werden musste. Erst Präsentationen, dann die Bürger: So eröffneten Benjamin Walczak (SPD), Vorsitzender des Ortsbeirates Ravensberg/Brunswik/Düsternbrook, und Philipp Timm (CDU), stellvertretender Vorsitzender des Wiker Gremiums, die Sitzung, in der zunächst Fabian Kumkar (Stadtplanungsamt) den Stand des Verfahrens skizzierte: "Wir haben beschränkten Raum, da sind wir uns einig", beschrieb er, dass es an der Kiellinie-Nord auf ein Entweder-oder hinauslaufe: "Aktuell muss die Politik Entscheidungen treffen." Die Zustimmung zur Ausschreibung des Gestaltungswettbewerbs müsste bald gegeben werden. Lesen Sie auch: Gegenwind für die autofreie Kiellinie Dass dieser nun nach Willen der Verwaltung auch eine Autovariante enthalten sollte, freute Magdalena Drewes. Die Anwohnerin der Feldstraße ist Kopf der Bürgerinitiative "Kiellinie für alle", die mit einer Demo mehr Aufmerksamkeit auf die Auswirkungen einer autofreien Kiellinie gelenkt hatte: Nach Ansicht der Initiative würde die angedachte Durchfahrtssperre zu einem Verkehrschaos in Düsternbrook und an der Feldstraße führen. "Es muss eine Möglichkeit geben, die Kiellinie so zu gestalten, dass alle etwas davon haben", sagte Drewes. Lesen Sie auch: Weiter Streit um die Kiellinie-Nord Und dann Ring frei für die Bürger: "Für mich war die autofreie Kiellinie im vergangenen Septembe r ein Erlebnis", sagte Benjamin Roloff aus dem Forstweg. "Das finde ich toll, das will ich haben." Ganz anders Susanne Schiemenz, nach eigenem Bekunden selbst aus Überzeugung autolose Anwohnerin der Feldstraße, die sagte: "Die Zeit dieses Modellversuchs war für uns die Hölle." Andree Becker sagte: "Bei der temporären Sperrung war es schier unerträglich." Es gab aber auch ganz andere, konkrete Interessen: "Wir fahren diese Strecke mit unseren Bussen, fast 20.000 Menschen erleben hier die Förde", sagte der Kieler Stadtführer Uwe Trautsch. Zwei Anträge zu Feldstraße und zum Verfahren: Und die Gremien? Die hatten ein eigenes Programm. Walczak beantragte mit der Wiker Vorsitzenden Ulrike Pollakowski (SPD), die Feldstraße mit Verkehrseingriffen unattraktiv zu machen: "Google Maps schlägt einem dann diese Route nicht mehr vor." Auch der Antrag zollte der Kritik Tribut: Es soll der autofreien Kiellinie erst zugestimmt werden, wenn die Verkehrswende für weniger Autos sorgt. So soll die tägliche Gesamtmenge auf Feldstraße (derzeit 10.000) und Kiellinie (derzeit 7000) unter 13.000 fallen. Und so kreiste die Debatte in der Folge: Wie können die Bediensteten der Ministerien koordiniert zu mehr ÖPNV bewogen werden? Das wollte Matthias Triebel (Grüne) wissen. Kann nicht eine neue Spundwand vor der Kiellinie Platz für alle Verkehrsmittel schaffen? Das regte Alexander Blažek (CDU) an. Autos aus der Feldstraße zu vergrämen, sei doch keine ganzheitliche Verkehrsmaßnahme, monierte Maria Laatsch (FDP). Auch die anwesenden Ratsleute hörten sich die Debatte aufmerksam an, bedankten sich wie Christina Schubert (SPD) für die Impulse und verwiesen darauf, dass noch nichts entschieden sei. Letztlich stimmte der Ortsbeirat Ravensberg/Brunswik/Düsternbrook Walczaks Antrag zu, während der Ortsbeirat Wik ihn ablehnte. Ein weiterer Antrag von Dennis Schneider (CDU), der ursprünglich einen ergebnisoffenen Wettbewerb forderte, war weniger dringlich geworden. In der Folge schwächten die Beiratsmitglieder das Papier bis kurz vor 22 Uhr gemeinsam so sehr ab, dass es nicht mehr viel aussagte, außer dass es toll sei, dass es vorangeht, alles geprüft wird und sie beteiligt werden wollen. Darauf konnten sich alle einigen.