Geschlossene Gesellschaft zu Weihnachten

Weihnachten im Pflegeheim: Es waren fürchterliche Wochen, die das Altenzentrum St. Nicolai überstehen musste: Statt die Adventszeit zur Einstimmung aufs Weihnachtsfest zu nutzen, ging es für die Mitarbeiter darum, einen Corona-Ausbruch einzudämmen. Nachdem in den vergangenen Tagen eine 82-jährige Frau und ein 89-jähriger Mann verstarben, steigt die Zahl der Todesfälle im Zusammenhang mit einer Covid-19-Erkrankung auf elf. Insgesamt waren 26 Bewohner und 16 Mitarbeiter mit dem Coronavirus infiziert. „Es berührt uns sehr, wenn einer unserer Bewohner verstirbt, in dieser Weihnachtszeit waren es viele traurige Momente“, sagt Benjamin Seidel, Geschäftsbereichsleitung Pflege und Senioren bei der Diakonie Altholstein. Ob die Quarantäne der Bewohner auch über die Weihnachtstage gilt, stand gestern noch nicht fest. Derzeit gilt ein striktes Besuchsverbot. Lesen Sie auch: 38 Infektionen: Corona-Ausbruch in Kieler Altenheim Trotz der angespannten Situation wird es auch in St. Nicolai einen besinnlichen Heiligabend geben. Eine Akkordeonspielerin wird im Garten musizieren, bevor das Pflegepersonal in jedes Zimmer geht und Gedichte oder Geschichten vorliest und Geschenke verteilt. Letzteres ist das Ergebnis einer außergewöhnlichen Solidaritätsaktion verschiedener Stellen: Die Gelehrtenschule zum Beispiel hat Bilder gemalt, die Nachbarn haben Postkarten geschrieben und ein Baumarkt hat Topfpflanzen sowie Weihnachtsgestecke gespendet. „Das hat uns allen sehr viel Kraft gegeben“, sagt Sylvia Nürnberger, Leiterin der Sozialen Betreuung des Altenzentrums. Wie auch ein Hofkonzert im Advent, dem die Bewohner von ihrem jeweils eigenen Balkon aus zugehört haben, sagt Nürnberg: „Da wurde gesungen und getanzt, eine Gänsehaut-Atmosphäre.“ Weihnachten im Krankenhaus: „Weihnachten im Krankenhaus“, sagt Oliver Grieve, „ist nie leicht – weder für Patienten noch für Mitarbeiter.“ In diesem Jahr, fügt der Sprecher des Universitätsklinikums in Kiel hinzu, werde es aber noch schwieriger: „Wir werden diszipliniert auf Feiern und Zusammenkünfte verzichten.“ Der alkoholfreie Weihnachtspunsch in der Magistrale entfällt ebenso wie die kleinen Feiern auf den Stationen – und auch das Betretungsverbot der Klinik werde strikt befolgt. Ein wenig Weihnachtsstimmung kam auf, als die Spielbank Schleswig-Holstein in der vergangenen Woche Schokoladen-Weihnachtsmänner gespendet hat. „Gleichzeitig ist aber diese Weihnachtszeit auch die Zeit der Hoffnung auf den Impfstoff“, erklärt Grieve. „Wir nutzen jetzt die Zeit, um die Impfung zu organisieren, damit wir Weihnachten 2021 wieder gemeinsam feiern können.“ Auch am Städtischen Krankenhaus in Kiel müssen in diesem Jahr bei der Weihnachtsatmosphäre Abstriche gemacht werden. Die Stationen sind zwar, soweit es möglich war, weihnachtlich dekoriert. Doch das sonst übliche Weihnachtssingen in der Klinik für Geriatrie und anderen Bereichen fällt wegen des Lockdowns aus. Auch der Weihnachtsbasar des Betriebskindergartens musste in der Adventszeit abgesagt werden. Es gilt auch am SKK weiterhin ein generelles Besuchsverbot mit den wie am UKSH entsprechenden Ausnahmen für Kinder, Schwerstkranke und sterbende Patienten. Über einen Krankenhaus-Aufenthalt über Weihnachten, sagt Sprecherin Birgitt Schütze-Merkel, seien einige Patienten traurig, aber nicht alle: „Es gibt auch Patienten, die über ihren Krankenhausaufenthalt ganz froh sind, weil sie die Festtage nicht alleine verbringen müssen. Zu Hause wären sie sonst sehr einsam.“ Weihnachten im Gefängnis : Für Bernd Gludau ist es in seiner Funktion das erste Weihnachten in der Kieler JVA, und dann gleich ein derart ungewöhnliches. Erst im April dieses Jahres wurde er zum Gefängnisleiter befördert. Gefängnis, sagt Gludau, sei immer eine „trostlose Angelegenheit“. Doch diesmal ist das Fest der Familie für die Insassen noch einsamer: Jeder Häftling darf montags und mittwochs zeitgleich nur maximal einen Erwachsenen und ein Kind empfangen, Körperkontakt ist schon seit Wochen nicht erlaubt. Eine Plexiglasscheibe zwischen den Inhaftierten und ihrem Besuch soll Infektionen verhindern, zudem ist der Bereich unter den Tischen mit Folie zugeklebt, damit Kinder – in der Freude, ihren Vater zu sehen – nicht doch unbemerkt hindurchhuschen. Wer trotz des Verbots Körperkontakt zu seinem Besuch hatte, muss 14 Tage in Quarantäne. „Die Personen, die von außen in die Anstalt kommen, sind die einzigen Risikofaktoren, die das Virus einschleppen können – dazu zählt auch das Personal. Die Infektion eines Häftlings wäre ein Riesenproblem für das gesamte Gefängnis“, sagt Gludau. Deshalb musste auch der Gottesdienst in der Vorweihnachts- zeit abgesagt werden, den die Partnergemeinde der JVA, die Evangelisch-Lutherische Friedensgemeinde Kiel, sonst jedes Jahr ausrichtet. „Der wird sonst immer sehr gut angenommen“, sagt Gludau. Den Heiligabend verbringen die Insassen in ihrer Zelle. Weihnachten im Frauenhaus : Besuch ist im Frauenhaus grundsätzlich verboten. An Weihnachten fällt das kaum auf: Denn an einem üblichen Heiligabend kommt der Weihnachtsmann ins Kieler Frauenhaus, die dort lebenden Frauen kochen gemeinsam mit ihren Kindern und machen es sich gemütlich. Das geht diesmal nur bedingt. „Die Bewohner sind ein gemeinsamer Haushalt, ein Weihnachtsmann ist aber nicht erlaubt“, sagt Maria Echaniz, die 18 Jahre im Frauenhaus gearbeitet hat und nun in der angeschlossenen Beratungsstelle Lerche tätig ist. Der Platz im Haus sei nicht üppig, so Echaniz, wenn allerdings die Kitas und Schulen geschlossen sind, werde es sehr eng. Und falls eine Frau mit ihren Kindern in Quarantäne muss, weil die Tochter Kontakt zu einer Infizierten hatte, wird die Sache noch komplizierter: „Die Bewohnerinnen teilen sich schließlich die Küche und das Bad“, sagt Maria Echaniz. Um auf Nummer sicher zu gehen, wurde auch die gemeinsame Weihnachtsfeier in den Garten verlegt.

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