Kneipen in Kiel: Das Backgammon ist das Wohnzimmer von Hassee

Eine Handvoll Gäste sitzt am Tresen mit Würfeln und Bleistift, kniffelt. „Du bist dran“, sagt eine Frau zu ihrem Sitznachbarn und stößt ihn etwas grob, aber doch freundschaftlich an. Im Backgammon in Hassee kennt man sich, teils seit Jahrzehnten. Doch während der namensgebende Brettspiel-Klassiker heute so gut wie gar nicht mehr gespielt wird, gehört die familiäre Atmosphäre immer noch zur Identität der Bar in der Danewerkstraße. Seele der Kneipe ist heute wie damals Wirtin Kirsten Metzger. Wer die Bar betritt, wird mit Handschlag begrüßt. Oder mit einer herzlichen Umarmung. „Wir sind ein netter Haufen“, sagt Metzger und nennt sich bewusst zusammen mit ihren Gästen. Denn für die 52-Jährige gehört der Kneipe ihre Leidenschaft. Seit 1989 steht die gelernte Kauffrau hinter dem Tresen, „und ich kann mir bis heute keinen anderen Job vorstellen“, sagt sie. Und diesen Einsatz spüren die Gäste. Sie freue sich, dass die meisten ihr auch nach dem Umzug aus der Hamburger Chaussee vor fünf Jahren in die Danewerkstraße die Treue gehalten hätten. Da versteht es sich von selbst, dass sie für jeden ein offenes Ohr hat. „Das liegt mir“, sagt sie. Das Backgammon gibt es seit 1989 unter dem jetzigen Namen und unter der Leitung von Kirsten Metzger. Vor fünf Jahren ist die Kneipe aus der Hamburger Chaussee in die benachbarte Danewerkstraße in Hassee umgezogen. Vom Fass gibt es neben Bitburger auch Weißbier. Dazu stehen an der Bar Snacks wie Chips für alle bereit. Rauchen ist erlaubt. Öffnungszeiten: montags bis sonnabends ab 15 Uhr und bis nach Mitternacht, sonntags von 12 bis 20 Uhr Sitzplätze: 50, weitere Außenplätze im Sommer Meistbestelltes Getränk: Bitburger Preise: 2,30 Euro für ein kleines Bier, 3 Euro für ein Glas Wein, 2,20 Euro für ein Mineralwasser, Cola kostet ebenfalls 2,20 Euro Kneipe in Hassee ist zweite Heimat: So ist der Laden für einige Gäste eine zweite Heimat geworden. „Wir öffnen um 15 Uhr und kniffeln erst einmal zusammen“, sagt Metzger. Regelmäßig werde auch Skat, Darts oder Bingo gespielt, und wenn Holstein antritt, wird die Leinwand ausgefahren. Kleine Snacks wie Chips und Flips stehen dabei immer auf dem Tresen, sie sind in der Raucherkneipe für alle frei. Aus dem Zapfhahn gibt es Bitburger-Pils und Benediktiner-Weißbier. „Letzteres trinken gerade Frauen gern aus dem 0,3-Glas“, sagt die Wirtin. „Für mich gibt es keine andere Kneipe“, sagt Stammgast Volker Rother. Seit mehr als 25 Jahren kommt er ins Backgammon. Als die Kneipe beim Umzug sieben Wochen geschlossen war, habe ihm richtig etwas gefehlt. Mit der Wirtin ist der 52-Jährige inzwischen gut befreundet. „Hier kann ich rauchen und gemütlich ein Bier trinken.“ Was er sowohl am alten als auch am neuen Laden schätzt, ist der ruhige Rahmen, den Kirsten Metzger ihren Gästen bietet. „Sie hat hier alles im Griff.“ In andere Kneipen zieht es ihn daher kaum noch. Sparclub gehört zum Backgammon: Außerdem gibt es im Backgammon noch ganz klassisch einen Sparclub. Rother ist der Schriftführer. „Hier ist noch nie etwas weggekommen“, sagt er. Mindestens fünf Euro legen die Mitglieder pro Woche zurück, ein Teil der Summe fließt in ein gemeinsames Sommerfest und eine Weihnachtsfeier. Der Rest wird Anfang Dezember ausgezahlt. Mitmachen kann im Prinzip jeder Gast. „Ein paar Mal hier gewesen sein sollte er aber schon“, so Rother. Sechs Fächer sind in dem knallroten Kasten im Moment noch frei. Zu den Stammgästen gehört auch Lisa Betke. „Die alte Kneipe war gefühlt nur 50 Meter von meiner Wohnung in Gaarden entfernt“, sagt die 57-Jährige. Noch heute gefällt es ihr so gut, dass sie einen etwas weiteren Weg auf sich nimmt. „Hier spiele ich am liebsten Kniffel oder Schwimmen. Das ist ein Kartenspiel“, erzählt sie und schüttelt den Würfelbecher an der Bar. Neben ihr sitzt Marion Diepenseifen aus Düsseldorf. „Ich bin Stammgast auf Besuch“, sagt die 51-Jährige. Für sie sind es die anderen Gäste, die die Kneipe auszeichnen und zu einem „zweiten Wohnzimmer“ machten. Jung und Alt werden integriert: Doch nicht nur langjährigen Kneipen-Gängern gefällt das Backgammon. Jannie Scharf (25) ist gerade erst in die Nachbarschaft gezogen und zum ersten Mal mit ihrer Cousine Melanie Mordhorst in der Kneipe. „Melanie hat mich mitgenommen“, sagt sie. Ihre Cousine war hingegen schon öfter hier. Die 27-Jährige sagt: „Hier wird man sofort integriert.“ Die beiden seien direkt ins Gespräch mit anderen Gästen gekommen, wollen fortan regelmäßig kommen. Mal sind sie kultig eingerichtet, mal durchgestylt, in einigen darf geraucht werden, in anderen gibt’s regelmäßig Livemusik: Die Vielfalt von Kiels Kneipen ist groß. Warum sich manche Lokale schon so lange gehalten haben und was den besonderen Reiz von mancher Neueröffnung ausmacht, das wollen wir in unserer Serie beleuchten. Über diese Kneipen haben wir bisher berichtet: Wubbke: Bier testen in uriger Atmosphäre Pogue Mahone: Wo die irische Seele zu Hause ist Café Godot: Quiz-Arena und Künstlertreff Palenke: Kleine Eckkneipe mit Charme Strongbow’s: Britisches Flair in Kiel Mango’s: Cocktails und guter Service Bambule: Das Kneipenrestaurant, in dem die Zeit stillsteht Mum & Dad: Cocktails am Rand der City Das Gutenberg: Fußball-Spirit im Viertel Hot Rock: Metal-Oase am Südfriedhof Hanging Garden: Der Wirt prägt das Lokal Die Gaslaterne: Eine Familie hinter Butzenscheiben Phollkomplex: Entspannen ist einfach Prinz Willy: Viel Platz für Livemusik Mehr aus Kiel lesen Sie hier.

Kneipen-Serie - Backgammon: Das Wohnzimmer von Hassee