Still ruht das Hörnbad in Kiel

Das Wetter? Ideal. Eisig kalt da draußen? Na, prima. Grauer Winter? Bestens. Oh ja – es wäre jetzt laut hier im Bad an der Kieler Hörn. Schreiend laut wahrscheinlich. Der Parkplatz wäre mal wieder voll, und oben den Eingangsbereich würden unternehmungslustige Familien fluten. Hier im Freizeitbereich würden Kinder rennen. Schon im nahen Aufstieg zur Schnecken-Rutsche gäbe es Stau. Der Abstand beim Ritt nach unten wäre mal so, mal so, und den Hinweis „Landebecken zügig verlassen“ würden die meisten allein deshalb befolgen, um schnell noch einmal hinabzugleiten. Das weite Becken (375 Quadratmeter) mit normalerweise 32 Grad warmem, 1,35 Meter tiefem Wasser würde die Größeren zum Schwimmen, Spielen, Cycling einladen, das Planschbecken (0,25 m tief) die Kleinsten. Dunkle Rutsche, stilles Wasser, leere Liegen: Die Luft wäre zwei Grad wärmer als das viele Wasser, und ausruhen könnte man auf einer der vielen Liegen. Wäre keine frei, oder wäre es mal zu laut, würden manche überlegen, ob sie nächstes Mal nicht lieber zum Frühschwimmen kommen. Könnte. Würde. Wäre. Ist aber nicht. Das Hörnbad ist geschlossen, seit Anfang November schon. Der Freizeitbereich ruht, abgekühlt auf 23 Grad. Zu hören ist nur ein gleichmäßiges Murmeln, wie von einem Wildbach. Das ist die Umwälzung. Wasser strömt unsichtbar ein und über die Überlaufrinnen sichtbar aus. Die Umwälzung läuft permanent, außer wenn technische Arbeiten anliegen. Chemikalien, Temperatur und andere Parameter, die ein Schwimmbad braucht, sind darauf abgestimmt. Die schönen, hellen Bodenfliesen, wie gemacht, um einen Pool unter heißer Sonne zu säumen, liegen trocken. Gar keine Rutschgefahr. In einer Linie aufgereiht entlang der Fensterfront die leeren Liegen, unbenutzt und unumstritten. Freier Blick nach außen, auf Schnee. Und auf den anderen Teil des großen Gebäudes, hinüber zum Sportbereich, der im Lockdown ausnahmsweise der wärmere ist. Der Sportbereich hält sich bereit: „Bis eben haben hier noch zwei Auszubildende trainiert“, sagt Betriebsleiter Kevin Bechtel. Viele dächten, Bademeister werde man mal eben so. „Fachangestellte für Bäderbetriebe absolvieren eine dreijährige Ausbildung“, stellt der 29-Jährige richtig. „Das Training ist wichtig für ihre Prüfungen. Die laufen ja weiter – trotz Pandemie. Vor zwei Wochen, am 19. Januar, haben wir die Ausnahmegenehmigung vom Gesundheitsamt Kiel erhalten: Maximal zwei Azubis dürfen zur gleichen Zeit ins Wasser.“ Das sollte sich machen lassen: 3000 Kubikmeter Wasser, zwei Meter tief am einen Ende, vier Meter tief am anderen, dort, wo die Sprunganlage steht, mit 1-, 3- und 5-Meter-Brett und den Startblöcken. Alle „gesperrt“. 50 Meter herrlich freie Bahnen, acht nebeneinander. Becken dieser Größe, versichert Betriebsleiter Bechtel glaubhaft, gebe es nur an wenigen Orten in Deutschland, 50-Meter-Außenbecken unter Traglufthallendach schon häufiger. Auch hier das Bergbach-Murmeln. Die Umwälzung läuft, das Wasser hat 27,5 Grad, die Luft zwei Grad mehr. „So ist es in fast allen Bädern.“ Die Riesenmenge Wasser im Sportbecken auskühlen zu lassen, wäre energetisch nicht sinnvoll gewesen, erklärt Bechtel. Hygienekonzepte funktionierten gut im Hörnbad in Kiel: Außerdem stirbt die Hoffnung auf kurzfristig wieder mögliche Nutzung für ein Schul- oder Vereinsschwimmen nicht so leicht. Fast vom 1. Tag an im Oktober 2018 war dieser Teil des Hörnbads an der Gablenzbrücke damit ausgelastet. Der andere Teil, damals noch Baustelle, heute Freizeit- und Saunabereich, ging im März 2019 in Betrieb. „Wir wissen, dass das Bad leistungsfähig ist, und dass die Kunden es annehmen“, sagt Bechtel. Seit der ersten Vollschließung im vergangenen März „haben wir elf Hygienekonzept-Varianten vorgelegt und genehmigt bekommen“. Sauna mit und ohne Gastro zum Beispiel. Oder Sauna mit und ohne Aufguss. Und wenn Kunden freundlich monierten, die Laufwege zwischen den Duschen seien ein bisschen eng, habe man freundlich und sofort mit einem Konzept darauf reagiert. „Wir haben uns ganz viel ausgedacht, und es hat immer gut funktioniert“, bilanziert Bechtel. Am Ende bewahrte es weder das Hörnbad noch die Schwimmhalle Schilksee vor der erneuten Schließung. Für alle Beschäftigten der Kieler Bäder GmbH, für die es rechtlich möglich ist, wurde Kurzarbeit beantragt. Perspektive für die Schwimmhalle Schilksee: „Finanziell lassen sich die Auswirkungen nur für die Einnahmeseite grob bestimmen“, gibt die Kieler Bäder GmbH auf Nachfrage an. „Januar und Februar sind aufgrund der guten Vorsätze immer sehr intensive Monate. Da können es 150.000 Euro Umsatzverlust sein.“ Auf der Kostenseite seien die Auswirkungen schwieriger abzuschätzen, „da wir keinen langfristigen Vergleich aus Volllast für das Hörnbad haben. Der Zeitraum von der Eröffnung bis zum ersten Lockdown war ja weitestgehend noch Testbetrieb.“ Für die Schwimmhalle Schilksee solle eine Schiebung der Wartungsintervalle versucht werden, „sodass wir dann nach Ende des Lockdowns nicht gleich wieder in den Osterferien schließen müssen.“ Dazu müssten aber auch die Fachfirmen zur Verfügung stehen. Spaßbäder beklagen hohe Verluste: Auch die Erlebnisbäder im Land, wie die Dithmarscher Wasserwelt in Heide, die stadteigene Holstentherme in Kaltenkirchen (Kreis Segeberg), die Ostsee-Therme Scharbeutz und das Subtropische Badeparadies Weißenhäuser Strand (Kreis Ostholstein) sind seit drei Monaten geschlossen und beklagen Verluste in Millionenhöhe. Mehrere 10.000 Euro pro Monat koste jede Therme allein der Geisterbetrieb, berichtet der NDR. Hallen müssten geheizt werden, Becken mit Wasser gefüllt bleiben, damit Messanlagen und Kacheln nicht kaputtgehen. Die Betreiber hofften auf baldige Öffnung und staatliche Hilfen.

Lockdown wegen Corona - Still ruht das Hörnbad in Kiel