Neue Wohnungen in Kiel: Richtfest fürs Fünfgiebelhaus

Nicht mal ein zünftiges Richtfest ist dieser Tage möglich. Es war nur mehr ein symbolischer Akt, in dem gestern Nachmittag der Richtkranz am ersten fertigen Giebel des Fünfgiebelhauses an der Waitzstraße hochgezogen wurde. Immerhin: Der Zimmerermeister Tobias Jürgensen sprach oben auf dem Baugerüst den Richtspruch und stieß mit dem Maurer- und Betonbaumeister Sven Hansen mit Sekt auf das Wohl des Neubaus an. Sein Glas zerschellte sodann am Boden, das bringt Glück. Unten applaudierten zwei Bauherren, ein Architekt, eine Stadtbaurätin und ein Ortsbeiratsvorsitzender. Eine halbe Feierstunde in ganz kleinem Kreis, ohne Schnaps und Bier und gutes Essen für die Handwerker. Corona verdarb auch diesen Spaß. Hier entstehen 125 Wohnungen: In dem wuchtigen Neubau auf dem ehemaligen Parkplatz im Eck Knooper Weg, Waitzstraße und Droysenstraße im Stadtteil Brunswik entstehen 107 Appartements zwischen 24 und 38 Quadratmetern, 18 Sozialwohnungen zwischen 48 und 87 Quadratmetern sowie Gewerbe im Erdgeschoss. Unter dem Gebäude liegt eine Tiefgarage mit Elektroladestellen und Fahrradstellplätzen. In eine große, öffentlich geförderte Wohnung wird eine Wohngruppe von acht jungen Erwachsenen mit Behinderung einziehen. Grundstück, Wohnungen und Gewerbeflächen werden barrierefrei erreichbar sein. Im zweiten Quartal 2021 soll alles fertig sein. „Der Stadtteil freut sich auf das innovative Wohngebäude und die belebende Nutzung im Erdgeschoss“, frohlockte der Ortsbeiratsvorsitzende Benjamin Walczak. Mit der belebenden Nutzung ist das so eine Sache: Der Streit um den Biomarkt Alnatura schwelt weiter. Einzelhandelskonzept kontra Ansiedlung: Alnatura will auf 600 Quadratmetern im Erdgeschoss einziehen. Dem steht das Einzelhandelskonzept der Stadt entgegen. Es schützt die wenig entfernt liegende Einkaufsmeile Holtenauer Straße vor konkurrierenden Ansiedlungen auf mehr als 200 Quadratmetern. Mit 200 Quadratmetern kommt Alnatura nicht aus. Bauherr Niels Bunzen zeigt nur kurz zur Droysenstraße. Da liegen Aldi und Rewe. Der geschäftsführende Gesellschafter der Norddeutschen Grundstücksentwicklungsgesellschaft (NGEG) versteht nicht, warum Alnatura sich nicht mit gleichem Recht quasi gegenüber bei ihm einmieten soll. Stadt beharrt auf Schutz der Holtenauer: Das Stadtplanungsamt beharrt dagegen auf „parzellenscharfer Abgrenzung“ des Schutzgebiets Holtenauer. Die Stadt müsse für die Gewerbetreibenden an der Holtenauer Straße verlässlich bleiben. Das Ansiedlungsverbot habe dem Bauherrn von Anfang an klar sein müssen. Bunzen verweist darauf, dass die Stadt Gewerbe im Erdgeschoss vorgegeben habe. Er habe keine Idee, welches Gewerbe sich bei ihm ansiedeln solle – wenn nicht Einzelhandel. Er brauche die Gewerbemiete auch, um die Baukosten in Höhe von gut 4000 Euro pro Quadratmeter zu refinanzieren, so der Investor. Die Wohnungen brächten nur jeweils „ein paar 100 Euro“ Miete ein. Das externe Büro Stadt & Handel prüft die Sache jetzt im Auftrag der Stadt. Von denselben Gutachtern stammt das Einzelhandelskonzept. Doris Grondke lobt die Qualität: Zurück zum verhinderten Richtfest. Dort freute sich Stadtbaurätin Doris Grondke gewohnt unverdrossen über „die städtebauliche Aufwertung des Quartiers, mit der zugleich neuer Wohnraum in zentraler Lage entsteht“. Hier zeige sich zudem „die hohe Qualität, die aus einem Wettbewerb entstehen kann“. Das Berliner Büro Kaden und Lager hatte sich mit seinem Entwurf durchgesetzt. Der Eckernförder Architekt Stefan Rimpf setzt es um.