Noch eine Woche bis zum Kieler Tatort Sibel Kekilli im Interview

Im Interview spricht Sibel Kekilli über den neuen TV-Krimi, wie sie sich auf ihre Rolle als Ermittlerin vorbereitet und wie sie mit Kritik umgeht. „Borowski und der Himmel über Kiel“ spielt in der Kieler Meth-Szene und zeigt eindrucksvoll und beklemmend, was diese Droge aus Menschen machen kann. Haben Sie sich auf die Episode besonders vorbereitet? Ich hörte, Sie hätten gezielt Kontakt zur Polizei gesucht. Ich bereite mich auf jede einzelne Folge ganz gezielt vor. Hier hat uns der Regisseur im Vorfeld zusätzlich mit Info-Material über Chrystal Meth versorgt, und natürlich setzt man sich dann auch mit dem Thema auseinander. Zur Polizei habe ich immer wieder Kontakt. Mal werden wir am Set beraten, dann gibt es Schießübungen und so weiter. Recherchieren Sie häufig in der realen Welt Hintergründe für Ihre Rollen? Das kommt drauf an, welche Rolle man spielt. Es gibt verschiedene Methoden, sich vorzubereiten. Wenn man eine Drogenabhängige spielt, dann würde ich versuchen, in einer Klinik mit Suchtkranken in Kontakt zu kommen. Für die Epilepsie der Sarah Brandt habe ich mich auch mit Ärzten hier in Hamburg mehrmals zusammengesetzt. Ansonsten bereite ich mich aber auch mit meinem Schauspielcoach auf jede Rolle vor und lege mir auch eine eigene Vita zurecht. Für Millionen Fernsehzuschauer ist der „Tatort“ am Sonntagabend Pflicht. Warum sollten auch alle anderen den aktuellen Kieler „Tatort“ in der kommenden Woche einschalten? Weil es ein sehr mutiger Tatort ist. Er zeigt schonungslos und ehrlich alle Seiten – vom Rausch bis zur Zerstörung. Unser Regisseur Christian Schwochow ist einer der besten seines Faches und hat jede noch so kleine Rolle wirklich gesehen und geführt. Wenn Sie in Schleswig-Holstein drehen, schauen Sie sich dann eigentlich auch einmal Land und Leute an? Beim Tatort sind die Drehpläne meistens so eng geplant, dass man nicht oft dazu kommt, über das Filmset hinauszugucken. Gibt es Ecken im Norden, in denen Sie sich besonders wohl fühlen? Ja, ich mag Hamburg, meine Heimatstadt sehr. Aber Kiel hat auch seinen Reiz. Gerade im Sommer ist es da wirklich schön. Zurück zum Tatort: Zehn Folgen an der Seite von Axel Milberg sind abgedreht, wie sehr kann man mittlerweile sagen, dass sie als Schauspieler ein Team sind? Ich möchte schon behaupten, dass wir ein Team geworden sind. Jeder hat zwar immer noch seine eigenen Ideen und Eigenarten, um einen Fall aufzuklären, aber in den wichtigen Momenten sind wir immer ein Team beim Spielen. Sind Sie mit der Entwicklung Ihrer Figur zufrieden? Es gibt immer wieder Kritiker, die sagen, Sarah Brandt bliebe zu blass … Auf die meisten Kritiker höre ich nicht wirklich, weil sie viel zu oft sehr persönliche Rezensionen schreiben, die nichts mit der Arbeit des Schauspielers zu tun haben. Klar, Kritiker sind auch nur Menschen und schreiben nach ihrem eigenen Geschmack und dem ihrer Leser. Zum anderen muss sich so eine Rolle auch entwickeln und zugleich ihren eigenen Platz finden. Im gemeinsamen Spiel mit Borowski, aber auch im Team und mit der Redaktion. Das kann dann auch schon mal dauern. Wenn man aber mal „Die Frau am Fenster“, „Der stille Gast“ oder „Der freie Fall“ anschaut, dann kann man von Blässe nicht sprechen. Dass nicht alle Folgen gleich stark sind, ist auch klar. Aber es ist auch nicht so, dass es nicht immer wieder darum geht, die Rollenentwicklung tatsächlich in Gang zu halten. Letztlich kommt es immer darauf an, wie ein Regisseur die Rolle sieht. Christian Schwochow etwa hat Sarah Brandt sehr erwachsen dargestellt. Und da geht es nicht darum, wie viele Szenen ich habe, sondern wie meine Rolle inszeniert wird. Anders gefragt: Was wünschen Sie sich für die Zukunft für Ihre Rolle? Dass ich öfter mit Regisseuren wie etwa Christian Schwochow, Stephan Wagner, Eoin Moore oder Christian Alvart zusammenarbeiten darf. Leider sind auch Drehbücher wie von Sascha Arango nicht immer selbstverständlich. Eine Liebesbeziehung mit Kommissar Borowski schließen Sie aber aus, oder? Ja, weil die Figuren ohne eine Liebesbeziehung viel besser funktionieren. Schauen Sie privat eigentlich den „Tatort“? Ich schaue mir eher Serien auf DVD an, wie „True Detective“ oder „Kommissarin Lund“. Dann kann ich mir auch zeitlich einteilen, wann ich es ansehen möchte. Momentan ist der „Tatort“ im Umbruch, viele Ermittler werden ausgetauscht. Wie lange möchten Sie in Kiel dabeibleiben? Lassen Sie sich überraschen... Sie haben unter anderem für die US-Serie „Game of Thrones“ gedreht. Was unterscheidet deutsche von amerikanischen Produktionen? Ich will das ungern vergleichen, zumal „Game of Thrones“ eine Serie war und der Tatort hier ist ja eine Reihe. Angenehm war sicherlich, dass ich über vier Jahre hinweg die selben Autoren hatte, die meine Rolle kontinuierlich weiterentwickelt und aufgebaut haben. Beim Tatort wäre das Sascha Arango, der meine Rolle mit erfunden hat und am besten kennt, aber leider nicht alle Kieler Tatort-Drehbücher schreiben kann. Letzte Frage: Typisch für Kieler „Tatorte“ ist der Titel „Borowski und …“ – wenn Sie die Wahl hätten, wie würde Ihre persönliche Episode heißen: „Sarah Brandt und….“ „Sarah Brandt und der Tod“ – das wäre dann wohl meine letzte Folge. Vor dem Kieler Tatort ermittelt an diesem Sonntag, 18. Januar, Lena Odenthal (Ulrike Folkerts) im Tatort „Die Sonne stirbt wie ein Tier“ (ARD, 20.15 Uhr).

Noch eine Woche bis zum Kieler Tatort - „Jede Rolle muss sich entwickeln“