Rudi's Hairshop in Kiel-Gaarden schließt nach fast 50 Jahren

Geboren ist Rudi, der in Wahrheit Rudolf Manfred Stepper heißt, in Eltville am Rhein. Die schwere Arbeit in den elterlichen Weinbergen brachte ihn schon früh zum Entschluss, einmal einen nicht so anstrengenden Beruf zu erlernen. Friseur schien dem jungen Mann da genau das Richtige – jedoch nicht seinem Vater, der auf eine „anständige“ Ausbildung drängte und seinen Sohn in eine Lehre als Karosseriespengler schickte. Nur drei Wochen genügten Rudi, um seine Talentfreiheit unter Beweis zu stellen und in seinem Heimatstädtchen doch noch eine Karriere im haarigsten aller Handwerke einzuschlagen. Wobei das mit der Karriere schon recht früh ein bisschen absehbar war. „Es war einfach Glück, dass ich Gespür für diese Arbeit hatte“, formuliert es Stepper, der seit seinem ersten Lehrlingstag im Jahr 1961 nur einmal auf professionelle Abwege geriet. Zwischen 1964 und 1968 kam er zur Marine nach Kiel, schipperte mit dem Schulschiff „Donau“ zweimal um die Erde, um hernach im Hafen der Ehe und damit endgültig an der Förde anzukommen. Vom Schiff an die Schere: Auf diese Weise wechselte der Hesse wieder vom Schiff an die Schere und legte 1971 mit kaum 25 Jahren in Trittau seine Meisterprüfung ab. Zwei Jahre später war er selbstständig und mischte die Branche mit der Eröffnung von „Rudi’s Hairshop“ in der Fleethörn gehörig auf. Gefühlt so ziemlich alle, die nicht nur Haare auf dem Kopf, sondern eine Frisur haben wollten, kannten und schätzten den mit Worten ebenso virtuos wie mit seinen Arbeitsgeräten hantierenden Süd-Import, sodass sich Rudi Stepper in kürzester Zeit zu einem der Angesagtesten seiner Zunft hochschnippelte. Männer, Frauen, Kinder, Arme, Reiche, Kluge und auch nicht so Kluge, Rudi und sein Team scherten die Leute ohne Ansehen der Person über einen Kamm. Und wenn jemand so gar nichts in der Tasche, aber zu viel Bewuchs auf dem Haupt hatte, taten sie das auch mal umsonst. Freude an der Arbeit, das ist für Stepper das vielleicht entscheidende Erfolgsrezept. Bei Bedarf die gebührende professionelle Distanz zu wahren, steht nach seiner Überzeugung keineswegs im Widerspruch dazu. Ob Afro-Look, Punk-Frisur oder Dauerwelle, Rudi und seine Leute trugen jede aus heutiger Zeit teils haarsträubend anmutende Mode geduldig mit. Solange sie nicht den Regeln des Handwerks widersprach. "Lieber einmal mehr umsonst gewaschen": Dauerwelle für eine Dame mit sehr dünnem und angegriffenen Haar? So etwas kam nicht in Frage, schon weil die Gute dann laut Stepper „wie ein gerupftes Huhn“ herumgelaufen wäre und reinste Negativwerbung für Rudi und Co. gemacht hätte. Die langen Haare der Herren trocken zu schneiden, das weigerte sich der Chef in den 1970er-Jahren ebenfalls: „Manche wollten das, um Geld zu sparen, aber dann hab ich lieber umsonst gewaschen als sie zottelig aus dem Salon zu lassen.“ Tätig waren Rudi Stepper und sein Team über die Fleethörn hinaus zeitweise auch in Salons in der Mittelstraße und der Kaiserstraße, ehe sich Rudi Stepper nicht zuletzt wegen der horrend gestiegenen Pachten auf dem Westufer 1986 ganz auf sein Geschäft in Gaarden konzentrierte. Ingrid Babenscheider und Schwiegermutter Dagmar Will ergänzen als langjährige Mitarbeiterinnen die kleine Truppe – und sind zudem meist genauso gut gelaunt wie der fast immer fröhlich zur Arbeit schreitende Chef. Kein Wunder, dass die Nachricht vom baldigen Aus des Salons, der über viele Jahrzehnte Stammkunden aus der ganzen Stadt und dem Umland bediente, teils sogar Tränen hervorgerufen hat. „Wir haben so viel Vertrauen, aber auch Lob und Anerkennung erfahren, da fällt das Aufhören auch uns schwer“, bedankt sich Rudi Stepper für diese Verbundenheit. Mit dem Wohnmobil auf Reisen: Trotzdem hat sich der 73-jährige Friseur halt auch noch ein bisschen was vorgenommen. Nachdem er Urlaub bislang eher so vom Hörensagen kennt, soll es künftig hin und wieder mit dem Wohnmobil auf Reisen gehen. Sechs Pferde und ein großes Grundstück ums Familienheim in der Siedlung Hammer bieten darüber hinaus auch sonst reichlich Betätigungsmöglichkeiten. Zum letzten Mal geöffnet hat „Rudis’s Hairshop“, der in den vergangenen fast 50 Jahren drei Dutzend erfolgreiche Azubis und davon 13 spätere Meister hervorgebracht hat, am 28. August. Und damit endet auch endgültig die handwerkliche Tradition des schmucken Hauses an der Ecke Kaiserstraße/Jägerstraße, denn der Eigentümer will anstelle des Friseursalons Wohnungen schaffen. Mehr aus Kiel lesen Sie hier.