Kieler Yogalehrer sitzen in Indien fest

Die beiden Yogalehrer Susanne und Arvid Jakobsen, die von 2001 bis 2015 das Shanta-Sarana-Yoga-Zentrum in Kiel betrieben haben und noch den gleichnamigen Shop im Jungfernstieg besitzen, erleben eine emotionale Zeit. Unserer Zeitung berichten sie über die „größte Ausgangssperre der Welt“. „Die Zeit hier ist eine echte Herausforderung“, schreibt Susanne Jakobsen. Als sie und ihr Mann Arvid Ende Januar in Indien landen, ist Corona noch ein Randthema in den indischen Medien. Sie fahren zunächst nach Auroville. Hier halten sich seit Dezember Tochter Jana (35) und Enkelsohn Josha (18 Monate) auf. „Der Partner von Jana ist hier in der Community aufgewachsen“, schreibt sie. „Seine Eltern sind sogenannte Aurovillians.“ Nach gut drei Wochen reisen die beiden Kieler mit dem Motorrad, eine Royal Enfield Bullet (Baujahr 1996), in den benachbarten Bundesstaat Kerala. Das erste Ziel ist der Sivananda Ashram in Neyyar Dam. „Dort habe ich 2004 meine erste Yogaausbildung gemacht und pflege die Verbindung“, so Susanne Jakobsen, die einmal jährlich nach Indien reist. Während die beiden dort ein religiöses Fest zu Ehren des Gottes Shiva mitfeiern, gibt es in Italien aufgrund des Corona-Virus die ersten Toten. Im kleinen Ort Kappil an der Küste genießen sie ein paar Tage später das Strandleben und eine zehntägige Ayurveda-Kur. Corona ist da bereits in Deutschland angekommen. „Von da an wird das Thema immer präsenter“, schildert die Kielerin. Zwischenstopp in Auroville: Als sie erneut einen Zwischenstopp in Auroville einlegen, planen sie nach wie vor eine vierwöchigen Tour über Rajasthan, Punjab, Himachal Pradesh, Rishikesh bis Delhi. „Da erreicht mich eine Nachricht von einer indischen Freundin, die als Kosmetikerin in einem Resort in Varkala arbeitet“, so Susanne Jakobsen. Dort ist ein Tourist aus Italien an Corona erkrankt. Die örtlichen Behörden ordnen einen Lockdown an. Das Resort, alle Geschäfte und Restaurants müssen schließen. „Da beschleicht mich das erste Mal ein mulmiges Gefühl.“ Zweifel überkommen das Kieler Paar, ob eine Reise in den Norden in diesem Moment überhaupt ratsam ist. „Zum Glück sind wir nicht gestartet“, schreibt Susanne Jakobsen. Wenig später hören sie: Züge wurden gestoppt, Touristen von den Straßen geholt, alle Ausländer zur Quarantäne aufgerufen, westliche Gäste werden nicht mehr in den Hotels aufgenommen. „Die Angst geht um. In einem unserer anvisierten Ziele werden sogar fünf Touristen aus dem Hotelzimmer geworfen.“ Ausgangssperre und landesweiter Stillstand in Indien: Am 18. März wird der Zugverkehr in Indien komplett gestoppt. Einen Tag später wird der internationale Flugverkehr eingestellt. Indien macht dicht. „Dann überschlagen sich die Ereignisse“, schildert Susanne Jakobsen. „Es liegt etwas Unbenennbares und noch nie Dagewesenes in der Luft.“ Von der Ausgangssperre und dem landesweiten Stillstand sind auch die Tagelöhner und Wanderarbeiter betroffen. Im Fernsehen werden Bilder gezeigt, auf denen Hunderttausende aus den Millionenstädten zu Fuß über Hunderte von Kilometern zurück in ihre Dörfer ziehen. Zu sehen sind ärmliche Hütten in den Slums dicht an dicht, wo es weder fließend Wasser noch Toiletten gibt. Großen Abstand zu den Nachbarn halten, und mehrfach am Tag die Hände gründlich waschen – Anordnungen, die hier zwecklos sind. Der indische Führerschein rettet sie bei einer Polizeikontrolle: Einen Tag nach Verkündung der Ausgangssperre kommen die beiden Kieler auf einer Hauptstraße in eine Polizeikontrolle. Am Ende rettet sie der indische Führerschein von Arvid, und sie dürfen weiter. „Später hörten wir, dass die Polizei von Tamil Nadu rund 180000 Fahrzeuge konfisziert hat“, schildert Susanne Jakobsen. Einige Menschen sei die Rückkehr nach Auroville nicht gelungen. Was ist, wenn ein Bürgerkrieg ausbricht? „Da bekam ich zum ersten Mal Angst, beklemmende Panikgefühle“, so die Yogalehrerin. Fragen schießen ihr durch den Kopf: Sind wir hier noch sicher? Was passiert, wenn alles zusammenbricht? Wenn es Unruhen gibt? Gar Bürgerkrieg? Von da an bleiben sie nur noch in Auroville. Und gewöhnen sich langsam an die Situation. Das Leben ruckelt sich ein kleines Stück zurecht. „Wir haben jetzt jeden Tag den gleichen Ablauf“, schildern sie. Morgens in der Freiluftdusche duschen, Tee trinken, den Altar schmücken, Yoga machen, einkaufen und mit Enkel Josha spielen. Newsletter der Kieler Nachrichten Kennen Sie schon die Post aus dem Newsroom? 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Bewusst haben sie sich noch nicht auf die Liste für die Rückholaktion der Bundesregierung setzen lassen. „Wir wollten den Leuten den Vortritt lassen, die keine Unterkunft mehr haben.“ Sie wissen, dass viele Menschen kein Verständnis haben, dass es Menschen gibt, die in so ein Land wie Indien reisen. Armut, Dreck, mangelnde Hygiene. „Klar“, sagt Susanne Jakobsen. „Aber Indien ist nicht nur so. Indien ist lebensfroh, farbenfroh, gastfreundlich und überaus kulturreich“, so die Kielerin. „Seit ich zum ersten Mal 1999 dieses Land betrat, liebte ich es, werde es immer lieben.“ Auroville - Eine besondere Stadt Auroville ist eine Zukunftsstadt, die vor 52 Jahren in Südindien von der Französin Mira Alfassa gegründet wurde. Idee war damals, einen Ort des friedlichen Zusammenlebens und der persönlichen Entwicklung zu schaffen. Mit Grundeinkommen für alle, keinen Hierarchien und einer Selbstverwaltung, bei der Entscheidungen nur gemeinsam getroffen werden. Um hier leben zu dürfen, müsse man bereit sein, dem göttlichen Bewusstsein zu dienen, lautet eines der Grundprinzipien der Stadt. Die Unesco beschloss schon vor der Eröffnung, die „Stadt der Morgenröte“ anzuerkennen und das Projekt zu unterstützen. Aus den Bambushütten von damals ist inzwischen eine kleine Stadt mit rund 3000 Einwohnern geworden. Hier leben Menschen aus vielen westlichen Ländern wie Amerika, Frankreich, Italien, Israel und England zusammen mit Indern. Jeder bekommt eine Art monatliches Grundeinkommen und muss dafür vier Stunden täglich etwas für die Gemeinschaft leisten. Auf dem weitläufigen, 25 Quadratkilometer großen Gelände von Auroville im Bundesstaat Tamil Nadu testen die Bewohner, was der Menschheit künftig helfen könnte. Dabei geht es unter anderem um alternative Energien, sanfte Heilverfahren, Musik, Integration oder organischen Landbau. Das Zentrum der Stadt ist ein riesiges kugelförmiges Gebäude, das sogenannte Matrimandir. Der Dalai Lama würdigte 2009 bei der Einweihung eines tibetischen Tempels auf dem Gelände den „Geist der Brüderlichkeit und Schwesterlichkeit“ in Auroville. Lesen Sie auch: Corona-Liveblog: So ist die aktuelle Lage in Schleswig-Holstein So viele bestätigte Corona-Fälle gibt es in Schleswig-Holstein Die Lockerungen seit dem 20.4 im Detail Corona: Shopping mit Mundschutz So geht der Ostseepark mit den Corona-Regeln um Kommentar: Kleine Schritte zur Einkaufsfreiheit in Coronakrise Zweitwohnungen: Kompetenzstreit zwischen Land und Kreisen KN-Bühne: Diese Künstler aus der Region treten vom 21. bis 26. 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März 2020: Musiker Marc Breitfelder auf der KN-Bühne Donnerstag, 26. März 2020: Schauspielerin Anke Pfletschinger auf der KN-Bühne Freitag, 27. März 2020: Musiker Brendan Lewes auf der KN-Bühne Sonnabend, 27. März 2020: Poetry-Slamer Florian Hacke auf der KN-Bühne Sonntag, 28. März 2020: Kinderliedermacher Matthias Meyer-Göllner auf der KN-Bühne Dienstag, 31. März 2020: Schauspieler Lasse Wagner auf der KN-Bühne Mittwoch, 1. April 2020: Sänger Reiner Bublitz auf der KN-Bühne Donnerstag, 2. April: Komödiantin Rafaela Schwarzer auf der KN-Bühne Freitag, 3. April: Musikerinnen Sophia und Bettina Günst auf der KN-Bühne Sonnabend, 4. April: Poetry Slamer Björn Högsdal auf der KN-Bühne Sonntag, 5. April: Intendant und Schaupsieler Tadeusz Galia auf der KN-Bühne Dienstag, 7. April: Musiker Peter Widereck auf der KN-Bühne Mittwoch, 8. April: Bauchredner Benjamin Tomkins auf der KN-Bühne Donnerstag, 9. April: Pianist Jens Schliecker auf der KN-Bühne Freitag, 10. April: Bühnenkünstlerin Kati Luzie Stüdemann auf der KN-Bühne Sonnabend, 11. April: Schauspielerin und Sängerin Viola Schnittger auf der KN-Bühne Sonntag, 12. April: Ozeanpianist Markus Jan Weber auf der KN-Bühne Dienstag, 14. April: Musical-Sängerin Claudia Piehl auf der KN-Bühne Mittwoch, 15. April: Clown Heiko Mielke auf der KN-Bühne Donnerstag, 16. April: Musiker Frederik Kleinschmidt auf der KN-Bühne Freitag, 17. April: Martine Lestrat erzählt von den Tücken der deutschen Sprache Sonnabend, 18. April: Fenja Schneider singt Piaf-Chansons Sonntag, 19. April: Schauspieler Horst Stenzel auf der KN-Bühne Weitere Nachrichten aus Kiel lesen Sie hier.

Rückreise ungewiss - Kieler Yogalehrer sitzen in Indien fest