Russeer Schulmodell: Engagement mit Charme und Warnwesten

Wer wissen will, wie „Lernen durch Engagement“ funktioniert, kann sich in der Grundschule Russee geradezu modellhaft informieren. Wie in fast allen anderen Bildungseinrichtungen auch, riefen dort immer wieder die berüchtigten Elterntaxis Unmut und sogar Angst hervor. Doch in Russee beließ man es nicht beim Lamentieren darüber, dass viele Mütter und Väter ihre Sprösslinge am liebsten bis direkt in die Aula gefahren hätten, sondern man unternahm etwas. Im Herbst 2018 begann die Vorbereitung, Anfang 2019 ging es hinaus an die Front. Jeden Morgen postiert sich seither eine halbe Stunde vor Unterrichtsbeginn eine Schülergruppe mit Warnwesten und selbstgestalteten Schildern, um die chauffierenden Eltern an gefährlichen Fahrmanövern vor und auf dem Schulparkplatz zu hindern. Initiative hat Vorzeigecharakter: Begleitet von Öffentlichkeitsarbeit und viel guter Laune, dazu noch gepusht durch statistisch nachgewiesene Erfolge, ist die Aktion zu einer Initiative mit Vorzeigecharakter geworden. „Man fühlt sich groß“, beschrieb außerdem Viertklässlerin Emma bei einer Präsentation im Schulhaus die motivierende Kraft solchen Engagements. Oder wie es Bildungs-Staatssekretärin Dorit Stenke mit Blick durch die Kinderbrille formulierte: „Wer hätte gedacht, dass es möglich ist, sogar Eltern zu verändern.“ Dauerhaft Taxi-Patrouillen: Gelungen sei das in der Tat, bestätigte Schulleiterin Birkheid Torff. 90 Prozent der Grundschulkinder kommen nach ihrer Schätzung inzwischen zu Fuß oder mit dem Rad. Bei den wenigen verbliebenen Chauffierten handelt es sich meist um junge Leute aus anderen Stadtteilen. Damit das dauerhaft so bleibt und die Eltern am Steuer größtmögliche Rücksicht an den Tag legen, sind dauerhafte Taxi-Patrouillen allerdings nach Erfahrung der Schulleiterin unerlässlich: „Sonst lassen die guten Vorsätze ganz schnell wieder nach.“ Im neuen Schuljahr wird es deshalb weitergehen mit dem Projekt. Im bereits dritten Jahrgang werden dann die Viertklässler mit Charme und Warnwesten dafür eintreten, dass dröhnende Blechkisten vor der Schule am Russeer Weg weiter die Ausnahme bleiben. Nordmetall-Stiftung fördert solche Initiativen: Mit der Förderung der Initiative „Lernen durch Engagement“ hatte die Nordmetall-Stiftung im Jahr 2017 begonnen. Damals waren nach Angaben des Vorstandsvorsitzenden Thomas Lambusch 14 Schulen an Bord, heute sind es fast 50 aus allen Schularten und Altersstufen. Damit es noch mehr werden, haben die Stiftung, das Bildungsministerium, das Institut für Qualitätssicherung an den Schulen Schleswig-Holsteins (IQSH) und das landesweite LdE-Kompetenzzentrum nun in Russee eine Vereinbarung geschlossen, die es ermöglichen soll, dass bis Ende des Jahres 2026 jede Schule in Schleswig-Holstein diese besondere Lehr- und Lernform in ihr pädagogisches Angebot aufgenommen hat. Mehr zu Kiel lesen Sie hier