"Schulen am Wind" löst sich auf

„Keiner hat mehr die Kraft, die Vereinsarbeit weiterzutreiben. Die Arbeit in den Schulen ist ohnehin eine Herausforderung, und im Lockdown ist es noch schwieriger“, erklärt Ruser, der Schulleiter der Leif-Eriksson-Gemeinschaftsschule in Kiel-Mettenhof ist. Gemeinsam mit Carsten Haack von der Theodor-Storm-Gemeinschaftsschule und Hauke Kruse, dem damaligen Schulleiter der Gemeinschaftsschule am Brook, gründete Ruser „Schulen am Wind“. So habe er Probleme deutlicher zur Sprache bringen können als als Beamter, sagt er und betont auch jetzt, er spreche als Vereinsvorsitzender. „Wir wollten nie den Umsturz propagieren, sondern auf sehr große Unterschiede zwischen Schulen hinweisen, die statistisch belegt sind.“ Auch hätten sie Tipps geben wollen, wie man an der Situation etwas ändern könne. Vereinsvorsitzender Dieter Ruser: Durch Perspektivschulprogramm viel erreicht: Eine spezielle Ausstattung, kleine Klassen, mehr Schulsozialarbeiter: Der Verein setzte sich für mehr Fördermittel für Schulen mit besonderen Herausforderungen ein. „Von dem, was wir an die Politik herangetragen haben, ist auch viel umgesetzt worden“, sagt Ruser mit Blick auf das Perspektivschulprogramm. Seit dem Schuljahr 2019/2020 gibt es für inzwischen 41 Schulen im Land zusätzliche Mittel. Die Gelder können die Perspektivschulen für neue Projekte, Kooperationen und Personal wie auch für bereits laufende Aktivitäten verwenden. „Wir konnten so zum Beispiel Systemzeiten einführen, in denen Kinder gefördert werden, die etwa unter Kriegsfolgen leiden oder ihre Impulse nicht kontrollieren können“, sagt Ruser mit Blick auf die Leif-Eriksson-Gemeinschaftsschule. „Man muss hier nicht nur als Lehrkraft, sondern auch mal als Onkel oder Tante fungieren. Durch das Perspektivschulprogramm ist das möglich.“ Perspektivschulen werden anhand verschiedener Daten ausgewählt: Für die Auswahl der Schulen werden verschiedene Daten herangezogen, wie der Anteil der Schüler mit Deutsch als Zweitsprache oder derer mit sonderpädagogischem Förderbedarf. Den Fokus auf datenbasiertes Handeln zu legen, sei richtig, so Ruser. „Nach unserer Auffassung muss man das System empirisch beleuchten und danach agieren.“ Doch auch, wenn es Fortschritte gibt, sieht Ruser weiter Handlungsbedarf. „Die Bundesrepublik ist fixiert auf das Abitur, es müssen aber auch andere Bereiche beleuchtet werden.“ So fehle es etwa an Facharbeitern. Eine solche Karriere würden Abiturienten nur selten wählen. Daher müsste man stärker auf Absolventen anderer Schulen blicken – und vor allem auch auf diejenigen, die die Schulen ganz ohne Abschluss verlassen. „Man muss da nachsteuern, wo es Probleme gibt, und nicht da, wo es klappt.“ Dieter Ruser: "Lockdown ist keine Lösung für Menschen in prekären Verhältnissen": Die Schüler im Blick zu behalten, ist in der momentanen Situation allerdings auch nicht einfach. „Der Lockdown ist eine gute Idee für Leute, die einen Garten haben. Aber er ist keine Lösung für Menschen in prekären Verhältnissen“, so Ruser. Denn Menschen mit Belastungen in ihrer Vita bräuchten geschützte Systeme, um soziale Kompetenzen zu entwickeln. Die jetzige Unterbrechung sei eine große Störung. Zudem mangele es weiterhin an digitalen Endgeräten für die Schüler. Auch die geplanten, durch das Perspektivschulprogramm finanzierten Maßnahmen würden ausgebremst. „Corona überschattet das alles.“

"Schulen am Wind" löst sich auf - Vereinsarbeit für Brennpunktschulen