Schulöffnung in Kiel: Die Schüler kehren zurück an die Grundschule Holtenau

Zugegeben, es ist auch in der Grundschule Holtenau eindeutig Pandemie-Alltag: Auf dem Schulhof gibt es Abstandsmarkierungen, alle müssen ab dem Schultor Masken tragen. Ein Mädchen umarmt davor noch kurz ihren Vater, der wie alle Eltern das Gelände nicht betreten darf. Und Schulleiterin Meike Becker (50) muss einen Jungen stoppen, der mit offenen Armen auf einen anderen zurennt – Abstand ist angesagt. Dennoch ist es ein Alltag, den sich viele lange herbeigesehnt haben. "Ich freu mich auf meine Freunde und abwechslungsreichen Unterricht", sagt Helena Näthke (10). "Sonst habe ich zu Hause gesessen und Arbeitsblätter gemacht", sagt die Viertklässlerin. Ihr Bruder Richard (8) stimmt ihr zu, auch als die große Schwester erzählt, dass es schon etwas ungewohnt gewesen sei, so früh aufzustehen. "Unser Rhythmus hat sich seit den Weihnachtsferien etwas nach hinten verschoben", erklärt Lena Näthke (41), die Mutter der beiden und Elternbeiratsvorsitzende der Grundschule Holtenau. "Doch ich glaube, weltweit haben sich Kinder noch nie so sehr auf die Schule gefreut wie jetzt." Dabei betont sie, dass die Kommunikation mit den Lehrerinnen und Lehrern sowie der Schulleitung während der Schulschließung sehr gut geklappt habe. Eltern bleiben angesichts der Schulöffnung skeptisch: Wie auch andere Eltern blickt Näthke mit gemischten Gefühlen auf die Schulöffnung: "Ich bin da bei Frau Merkel, ich hätte noch zwei Wochen länger gewartet. Ich bin noch nicht überzeugt davon, dass die Schulen bis Sommer aufbleiben." Eine andere Mutter, eine Lehrerin, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen will, befürchtet, die Schulen könnten schnell wieder dicht sein oder die Klassen in den Wechselunterricht müssen. "Doch ich freue mich auch, denn die sozialen Kontakte für die Kinder sind wichtig und sie haben ihre Schulkameraden so vermisst." Zwiegespalten sei er auch, sagt Dirk Schluricke (51), dessen zwei Kinder die Grundschule Holtenau besuchen. "Ich arbeite im Rettungsdienst, dadurch weiß ich, wie das mit Corona läuft." Er hätte Wechselunterricht als Einstieg oder eine Schulöffnung erst in zwei, drei Wochen gut gefunden. "Meine Tochter geht aber bereits die dritte Woche wieder zur Schule. Sie war die letzte Zeit in der Notbetreuung, da sie mit den Aufgaben zu Hause nicht ganz hinterherkam." Grundschule Holtenau wurde im Lockdown renoviert: Viele andere Kinder aber sind das erste Mal seit vielen Wochen wieder in ihren Klassen, für sie dürfte manches neu sein. Denn Lockdown wurde in der Grundschule Holtenau für Renovierungsarbeiten genutzt, so wurden Holzböden in einigen Klassen abgeschliffen, Wände gestrichen und Akustikdecken eingesetzt. "Das hat wirklich super geklappt", lobt Schulleiterin Meike Becker die beteiligten Ämter der Stadt Kiel und die Handwerker. Die Arbeiten seien vergangene Woche abgeschlossen worden. "Am Freitag haben wir die letzten Klassen wieder eingeräumt." Lars und Sophie Schmeling (beide 10) waren in den vergangenen Wochen im Homeschooling. Sie haben direkt einen langen Tag vor sich, sind bereits morgens um 7 Uhr in die Betreuung gegangen und werden auch nach Schulschluss die Nachmittagsbetreuung besuchen. Beide glauben, es könnte ein bisschen schwierig werden, sich in den Unterrichtsstunden zu konzentrieren. "Zu Hause haben wir ja meist nur gelesen", sagt Lars. Während aus geöffneten Fenstern Kinderstimmen zu hören sind, lobt Schulleiterin Becker, wie gut die Kinder die Corona-Regeln noch verinnerlicht haben. "Sie haben sich eben wie selbstverständlich auf dem Schulhof aufgestellt." Insgesamt sind es rund 120 Schülerinnen und Schüler, die hier am Morgen ankommen. Nur vereinzelt hätten Eltern von der Möglichkeit der Beurlaubung Gebrauch gemacht, sagt Becker. Lockdown-Erfahrungen der Kinder in der Schule Thema: Zunächst müssten die Kinder nun wohl im Unterricht von ihren Erfahrungen der letzten Wochen erzählen. "Ich denke, dass oberflächlich schnell alles gut klappt, wir aber im Hintergrund, auf dem Schulhof oder in den Pausen, einiges auffangen und sensibel sein müssen", so Becker. Insgesamt sei sie überzeugt davon, dass Kinder von sich aus Lust auf Lernen haben. "Nur bestimmt nicht schriftliche Multiplikation oder Kommasetzung." Doch dafür gibt es nun ja wieder Präsenzunterricht. Becker hebt hervor, es werde alles getan, damit die Schule geöffnet bleiben kann. "Wir haben kleine Klassen, große Räume, können lüften und haben Platz auf dem Schulhof." Außerdem würden die Lehrkräfte ihren Beruf ja nicht ausüben, um Aufgabenpläne zu schreiben. "Wir wollen mit den Kindern hier lernen."