Spazieren in Kiel: Waldwandern durchs Projensdorfer Gehölz

Wenn ein Hund das Leben und die Liste der täglichen Pflichten bereichert, dann muss es zu Corona-Zeiten ein Wald sein. Natur, Wanderwege, gute Luft, herrliche Ruhe – Balsam in diesen schweren Wochen. Bei einem Waldspaziergang können der Mensch als solcher und Collie-Hündin „Sally“ auftanken. Der Kieler Stadtwald reizt mit viel Natur, einem See und Blick auf den Nord-Ostsee-Kanal. Aber was hat die Tour durchs Projensdorfer Gehölz mit Fußball zu tun? Diese Waldwanderung startet bewusst nicht am Tiergehege Tannenberg, das derzeit von Besuchern geradezu überflutet wird. Am westlichen Ende des Projensdorfer Gehölzes dagegen geht es ruhiger zu. Hier trainieren die Profikicker von Holstein Kiel einigermaßen abgeschirmt vom öffentlichen Trubel. Wo das Runde ins Eckige muss, nämlich am Trainingszentrum Steenbeker Weg, startet unsere Wandertour. Parkplätze gibt es hier zur Genüge. Strenge Blicke vom Wachpersonal: Strenge Blicke des Wachpersonals am Eingang des Sportgeländes begleiten uns zunächst auf dem Weg zu den Trainingsplätzen. Keine Angst, wir wollen nicht rein, sondern laufen einfach auf der schmalen Straße ums Gelände herum. Dann kommt tatsächlich Fußball-Feeling auf: Der Hohlweg in den Forst führt genau zwischen genau zwei Trainingsplätzen hindurch: Eindeutige Trainer-Kommandos und der Sound von harten Tritten gegen Bälle machen neugierig. Zum Glück will unsere angeleinte Hündin nicht gleich mitspielen – geht auch schlecht, denn breit gebaute Wachleute passen auf, dass den Profis niemand zu nahe kommt. Mit etwas Abstand beobachten wir, wie Bartels, Serra und Co. gerade schnelles Dribbling üben. Gegen Bayern München hat’s ja ganz gut funktioniert! Lesen Sie auch: Frischluft tanken im grünen Gürtel Aber nun will Sally immer tiefer rein in den schönen alten Wald: 200 Hektar misst das Projensdorfer Gehölz in den Ausmaßen, zu viel für eine relaxte Wandertour. Deshalb konzentrieren wir uns auf das Areal ganz im Westen zwischen Holstein-Gelände, Nord-Ostsee-Kanal und B76. Nach dem Bau der Wasserstraße legte man den Forst vor 120 Jahren bewusst als Erholungsgebiet für die Stadtbevölkerung an. Nach und nach entstand ein Stadtpark rund um den 37 Meter hohen Tannenberg auf dem ausgehobenen Material des Kanals – erweitert durch großzügige Aufforstungen hin zu einem stattlichen Wald. Bänke laden zum Verweilen ein: Zu beiden Seiten des Waldwegs, der schnurstracks mitten ins grüne Dickicht führt, erheben sich stattliche Buchen. Sie sind umgeben von kleineren Sträuchern und für den Kieler Stadtwald typische Kräuter wie Waldmeister und Buschwindröschen. Dazwischen laden Bänke zum Verweilen ein, aber wir haben vier Kilometer vor uns. Außerdem zieht Sally ungeduldig an der Leine, es geht vorwärts bis zur markanten Waldkreuzung, an der fünf Wege zusammentreffen. Wir wählen den kleinen Schlängelpfad, der eigentlich für Reiter gedacht ist. Der führt direkt zum Wasser, das blaugrau durch die Bäume hindurchschimmert. Baumriesen ragen ins Wasser: Dann öffnet sich der Erlenkampsee vor unseren Augen, über ein Hektar groß mitten im Wald. Gefallene Baumriesen ragen in das flache Wasser, Entenpärchen umrunden sie bis zum Schilfgürtel. Die Vögel hinterlassen feine Kräuselspuren auf der Wasseroberfläche, es ist ganz windstill und leise, wir lauschen dem Hämmern eines Spechtes im Baumwipfel. Eine schöne Atmosphäre, ein Stück Idylle in der Großstadt, das gut tut. Der Stadtförster Stefan Bronnmann kommt auf seiner Inspektionstour vorbei und erzählt etwas über die Unterwasserwelt: Weißfische wie die Rotfeder leben in dem See, der von zwei Quellmooren gespeist wird. Auch der Hecht dreht hier seine Runden. Wer den erwischen will, hat Pech: Angeln zum Glück verboten! Ein Stück weiter stand bis vor einiger Zeit ein hölzerner, kleiner Pavillon direkt am Wasser. Doch der musste weichen, weil er für nächtliche Partys missbraucht wurde. Harte, laute Rhythmen passen nun mal nicht zu Rehwild und Brutvögeln im Schilf. Weiter mäandert der Pfad am Ufer entlang bis zum Hauptwanderweg, der sich bis zum nördlichen Seeufer zieht und eine Asphaltstraße erreicht, den Stadtparkweg. Hier geht ein harter Schnitt durch die Idylle, denn mächtige runde Behälter gegenüber machen unmissverständlich klar, dass Kiel eben doch eine Großstadt ist: Hier im Kieler Tanklager bunkern Tanklaster Heizöl und Diesel. Lindgrüne Röhren am Wegesrand: Wir biegen von der Straße ab und laufen auf dem Wanderweg an dem Industriegelände vorbei, bis wir zu einer Holzbrücke kommen. Darunter finden wir kein Gewässer, sondern zwei markante Pipelines, in denen der Brennstoff fließt: Die lindgrünen Röhren werden uns ein Stück durch den Wald begleiten, bis zum Schiffsanleger am Nord-Ostsee-Kanal, wo Tankschiffe ihre ölige Fracht einspeisen. Lesen Sie auch: Spazieren in Kiel und Umgebung - mehr Tipps für Routen Wir folgen dem kurvigen Pfad direkt am Steilufer des Kanals Richtung Westen. Der Blick schweift aufs andere Ufer: Zwei makellose Herrenhäuser auf einmal bringen ein Stück heile Welt zurück. Das repräsentative Herrenhaus von Gut Knoop entstand lange bevor der Kanal gebaut wurde, nämlich ab 1792. Das Gebäude gilt als eines der herausragenden Werke des Klassizismus in Schleswig-Holstein, Knoop zählte um 1800 sogar zu den kulturellen Zentren des Nordens. Der Kanal „umkurvt“ das schöne Gebäude ebenso wie ein Stück weiter das bestens erhaltene Gut Projensdorf. Es leuchtet schneeweiß herüber durch die blätterlosen Sträucher am Wanderweg. Stärkung bei Kaffee und Keksen: Nun kommt schon die Levensauer Hochbrücke in Sichtweite, doch vorher biegen wir links in den Pfad ein, der uns bergauf bis hin zu einer gemütlichen Schutzhütte mit Sitzbänken führt. Wir haben uns eine Stärkung bei Kaffee und Keksen verdient! Mit unserer Collie-Dame geht’s anschließend zurück zur markanten Waldkreuzung, vorbei an den Holstein-Profis, die schon in der Umkleidekabine sind. Zwei Stunden lang haben wir diese kontrastreiche Mischung genossen: abgetaucht in die grüne Oase der Großstadt. Das ist die Route: Daten: Distanz rund 4 Kilometer, Gehzeit mit Kaffeepause etwa 2 Stunden, 30 Höhenmeter, überwiegend unbefestigte Wege, teilweise matschig, robustes Schuhwerk empfohlen, Parkplätze vorhanden, ÖPNV: Linie 61, Bushaltestelle Rehbenitzwinkel Route: Startpunkt sind die Parkplätze am Trainingszentrum von Holstein Kiel, Steenbeker Weg 150; von dort geht es zunächst auf der schmalen Straße für Anlieger weiter in einem Bogen um das Sportareal herum bis zum Trainingsplatz der Ligamannschaft. Rechts davon beginnt der Knickweg in den Wald und führt an zwei eingezäunten Trainingsplätzen hindurch bis zu einer Waldkreuzung. Schräg rechts geht es weiter auf dem ausgeschilderten Reitweg, der zum Erlenkampsee führt. Dort geht es am Wasser weiter bis zum Hauptwanderweg, der links herum zum asphaltierten Stadtparkweg und dem Total-Tanklager führt. Hier biegen wir sofort rechts wieder in den Wanderweg ein und überqueren eine Holzbrücke; weiter bis zum Steilufer des Nord-Ostsee-Kanals. Links herum führt der schmale, kurvige Pfad immer weiter am Kanal entlang etwa eineinhalb Kilometer. Wenn die Levensauer Hochbrücke in Sichtweite kommt, führt die Route links in einen Wanderweg am Waldrand bergauf, eine Asphaltstraße überquerend bis zur Schutzhütte; von dort geht es am Ufer des Sees bis zur markanten Waldkreuzung und zurück zum Holstein-Trainingszentrum. Höhepunkte: Fußball-Atmosphäre mit den Holstein-Profis (mit etwas Glück), Erlenkampsee, Großtanklager Kiel mit Pipelines, Nord-Ostsee-Kanal mit Blick auf Schiffe, Gutshäuser Knoop und Projensdorf sowie Levensauer Hochbrücke, Holzhütte für Kaffeepause.

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