Spende für die Gemeinde: Ein letzter Wunsch für Ottendorf

Könnte Hermann Sell aus dem Himmel zugucken, er würde schmunzeln. Am Freitagmittag erfüllte sich in der Dorfstraße in Ottendorf (Kreis Rendsburg-Eckernförde) der letzte Wunsch des Verstorbenen. Bürgermeisterin Sabine Sager (CDU) erhielt für den Kindergarten einen Scheck in Höhe von 20.000 Euro. Noch im Sommer 2017 wäre das Geld fast einem betrügerischen Ehepaar aus Polen in die Hände gefallen. Genauso, wie ein Haus, weiteres Bargeld, Schmuck und Silber. Zum Glück aber passte die Dorfgemeinschaft auf. Räuberpistole aus Ottendorf: Die ganze Geschichte klingt wie eine Räuberpistole. Die Retter von damals sind an diesem sonnigen Tag alle noch einmal versammelt. Bürgermeisterin Sabine Sager (55) und der Ottendorfer Ingmar Behrens (53), die im Sommer 2017 einen ersten Hilferuf von Hermann Sell erhalten haben. Der befreundete Rechtsanwalt Thomas Steinhoff (60) aus Scharbeutz, der später Vollmachten und ein notarielles Testament ausgestellt auf das polnische Paar fand. Die Patentochter Melanie Cinar (40), die noch immer betroffen ist, wie sie sich von dem angeblichen Helfern hat abwimmeln lassen. Bei Anrufen wurde ihr gesagt, ihr Patenonkel würde gerade schlafen. Kündigte sie einen Besuch an, waren die Pfleger mit ihm ausgeflogen. Polnisches Ehepaar zog ins Obergeschoss ein: Dabei sah anfangs alles gar nicht so schlimm aus. Das polnische Paar zieht ins Obergeschoss bei Edith und Hermann Sell ein, um zunächst im Garten zu helfen, dann bei der Pflege. Doch als Edith Sell 2016 stirbt, wird es ungemütlich. „Im Nachherein vermuten wir sogar, dass das Pflegepaar bei ihrem Tod nachgeholfen hat“, sagt Melanie Cinar. Eine Obduktion wurde nie gemacht. Systematisch abgeschottet und unter Druck gesetzt: „Das polnische Paar hat Hermann Sell nun systematisch abgeschottet und unter Druck gesetzt“, sagt Rechtsanwalt Steinhoff. Nicht nur, dass der Ottendorfer alle möglichen Vollmachten unterschreiben musste. Er wurde auch noch dazu gedrängt, regelmäßig hohe Bargeldsummen abzuheben, weil das Geld angeblich bei der Bank nicht sicher sei. Zum Glück ruft Hermann Sell irgendwann die Bürgermeisterin an und bittet um Hilfe. Dann geht alles ganz schnell, wie die Aufzeichnungen von Thomas Steinhoff zeigen. „Bei Nacht und Regen haben wir Hermann Sell zusammen mit der Polizei befreit“, erzählt Ingmar Behrens und man hört ihn noch heute förmlich aufatmen. Der Rechtsanwalt ergänzt: „Die Nacht davor hatten ihn die Pflegekräfte wachgehalten und bedrängt, nicht mit mir zu sprechen.“ Auf eigenen Wunsch kommt der damals 92-Jährige in die Kurzzeitpflege mit geheimer Adresse. „Wir hatten große Angst, dass das Paar ihn dort aufsucht und weiter unter Druck setzt“, schildert Ingmar Behrens. Diverse Strafanzeigen wurden gestellt: Drei Tage später berichten Nachbarn in Ottendorf, dass das polnische Paar gerade dabei sei, aus dem Sell-Haus auszuziehen. „Mit der Polizei zusammen haben wir das gestoppt. Die Daten des Paares wurden aufgenommen, diverse Strafanzeigen erstattet“, erzählt Ingmar Behrens. „Aber leider wurden alle eingestellt.“ Er hofft aber, dass Menschen, die diese Geschichte lesen, vielleicht noch etwas genauer in die Welt schauen. „Es ist so wichtig, dass wir aufeinander acht geben“, sagt er. „Dass wir einander zuhören, nachhaken und nicht weggucken.“ Happy End für Hermann Sell: Für Hermann Sell gibt es letztendlich ein Happy End. Er blüht im Seniorenheim wieder richtig auf, lernt, sein Leben wieder selbst zu bestimmen. Am 7. September 2018 verstirbt er und vermacht seiner Gemeinde 20000 Euro, um den Kindergarten zu unterstützen. Eine Gedenkplakette erinnert nun an Edith und Hermann Sell. Es ist die größte Summe, die in der Geschichte Ottendorfs von einem Bürger der Gemeinde geschenkt wurde. Mit dem Geld soll unter anderem die ehemalige Grillhütte für den Naturkindergarten hergerichtet werden. Weitere Nachrichten aus Schleswig-Holstein lesen Sie hier.

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